Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
wissenschaftlichen Erkenntnisse seiner Zeit – dem Zusammenhang zwischen Bakterien und Infektionskrankheiten – und somit am Beginn einer glanzvollen Karriere. Es gab da jedoch ein Problem. Der Fakultätschef, Johann Klein, war ein sehr konservativer Mann, der wünschte, dass seine Ärzte sich an medizinische Regeln hielten, die sich in der Praxis bewährt hatten. Semmelweis hielt er für einen unerfahrenen Arzt mit extremen Ansichten, der die Fakultät auf den Kopf stellen und sich so einen Namen machen wollte.
Semmelweisdiskutierte ununterbrochen mit Klein über das Kindbettfieber, und als er ihm schließlich seine Theorie unterbreitete, wurde Klein extrem wütend. Das würde ja bedeuten, dass die Ärzte, einschließlich Klein selbst, ihre Patientinnen getötet hätten. Dieser Gedanke war unerträglich. (Klein selbst schrieb die rückläufigen Todesfälle übrigens einem neuen Ventilationssystem zu, dass er hatte einbauen lassen.) Als Semmelweis’ Vertrag als Assistenzarzt 1849 auslief, weigerte sich Klein, ihn zu verlängern, und machte den jungen Mann damit arbeitslos.
Semmelweis hatte inzwischen jedoch einige wichtige Verbündete innerhalb der medizinischen Fakultät gefunden, vor allem unter den jüngeren Kollegen. Sie drängten ihn, einige kontrollierte Experimente durchzuführen, um seine Argumente besser zu untermauern. Danach solle er seine Ergebnisse in einem Buch niederschreiben und seine Theorie in ganz Europa verbreiten. Semmelweis konnte die Auseinandersetzung mit Klein jedoch nicht hinter sich lassen. Sein Ärger wuchs mit jedem Tag. In seinen Augen war Kleins Festhalten an einer lächerlichen und erwiesenermaßen falschen Theorie kriminell. Eine solche Ignoranz gegenüber der Wahrheit brachte Semmelweis’ Blut zum Kochen. Wie konnte ein einzelner Mann so viel Macht ausüben? Weshalb sollte Semmelweis seine Zeit mit Experimenten und Bücherschreiben verschwenden, wenn die Wahrheit so offensichtlich war? Er beschloss, stattdessen einige Vorträge zum Thema zu halten, in denen er dann auch gleich seinem Ärger über die Engstirnigkeit einiger seiner Kollegen Luft machen konnte.
Ärzte aus der ganzen Welt besuchten Semmelweis’ Vorträge, und obwohl einige von ihnen auch skeptisch blieben, konnte er doch viele von seiner Sache überzeugen. Seine Verbündeten an der Universität drängten ihn erneut, das angestoßene Thema zu vertiefen, indem er weitere Forschungen betrieb und ein Buch darüber schrieb. Aber nachdem Semmelweis ein paar Monate lang Vorträge gehalten hatte, verließ er aus unerfindlichen Gründen plötzlich die Stadt und fuhr zurück in seine Heimat nach Budapest. An der dortigen Universität gab man ihm schließlich eine Anstellung als Arzt, was ihm in Wien versagt geblieben war. Es machte den Eindruck, als ob er es keine Sekunde länger in der gleichen Stadt mit Klein ausgehalten hätte, und um eigenständig handeln zu können, brauchte er die absolute Freiheit (auch wenn Budapest zu der Zeit aus medizinischer Sicht noch recht rückständig war). Seine Freunde fühlten sich betrogen. Sie hatten ihren Ruf für ihn riskiert, und jetzt hatte er sie im Stich gelassen.
In der Budapester Klinik, in der er jetzt arbeitete, setzte er seine Desinfektionspolitik so rigoros und tyrannisch durch, dass er zwar die Sterblichkeitsrate deutlich senkte, aber alle Ärzte und Schwestern ziemlich vor den Kopf stieß. Immer mehr Menschen wendeten sich gegen ihn. Er hatte allen seine neuen Ideen zur Desinfektion aufgezwungen, aber es gab keine Bücher oder Experimente, die sie belegten. Es hatte den Anschein, als wolle er sich nur wichtigmachen und als sei er besessen von einer selbsterfundenen, fantastischen Theorie. Dabei lenkte die Vehemenz, mit der er auf der Richtigkeit seiner These bestand, nur noch mehr Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass es noch keinen wissenschaftlichen Beweis dafür gab. Viele Ärzte begannen zu spekulieren, ob seine Erfolge bei der Eindämmung des Kindbettfiebers nicht doch einen anderen Grund hatten.
Im Jahr 1860 entschloss er sich dann, wieder auf Druck seiner Kollegen, ein Buch zu schreiben, dass seine Theorie vollständig erklären sollte. Als es endlich fertig war, hatte sich das als kleines Bändchen geplante Werk zu einer 600 Seiten langen Tirade aufgebläht, die nahezu unlesbar war – hoffnungslos verschachtelt und redundant. Er zählte alle Ärzte auf, die ihm widersprochen und dadurch seiner Meinung nach zu Mördern geworden waren. In solchen Passagen wurde
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