Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)

Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)

Titel: Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Greene
Vom Netzwerk:
Neuorganisation auch für Therapien genutzt werden?
    Nach dem Experiment wechselte Ramachandran zur neurowissenschaftlichen Fakultät am UCSD und untersuchte neurologische Anomalien. Er ging mit seinem Experiment einen Schritt weiter. Bei vielen Amputierten treten eigenartige und äußerst schmerzhafte Lähmungserscheinungen auf. Sie spüren ihr Phantomglied, wollen es bewegen, können es aber nicht, sie spüren einen Krampf und teilweise entsetzliche Schmerzen. Ramachandran vermutete, das Gehirn habe die betroffene Gliedmaße vor der Amputation als gelähmt empfunden, und diese Empfindung nach der Amputation einfach fortgesetzt. War es möglich, dem Gehirn aufgrund seiner Formbarkeit diese Lähmung abzugewöhnen? Er überprüfte seine Idee mit einem weiteren unglaublich einfachen Experiment.
    Mit einem Spiegel aus seinem Büro baute er seinen eigenen Testapparat. Er entfernte den Deckel eines Kartons und schnitt zwei Armlöcher in die Vorderseite des Kartons. Dann stellte er den Spiegel senkrecht hinein. Die Testpatienten wurden angewiesen, ihren gesunden Arm in das eine Loch zu stecken, und den Stumpf ihres amputierten Armes in das andere. Dann sollten sie den Spiegel so einrichten, dass das Spiegelbild ihres gesunden Armes an der Stelle erschien, an der ihr anderer Arm sein sollte. Als sie die Bewegung ihres gesunden Armes an der Stelle ihres amputierten Armes sahen, ließ das Lähmungsgefühl bei diesen Patienten fast augenblicklich nach. Die meisten Patienten, welche die Schachtel mit nach Hause nahmen und dort übten, gewöhnten sich die Lähmung ab und waren sehr erleichtert darüber.
    Auch diese Entdeckung hatte tiefgreifende Auswirkungen. Offensichtlich war das Gehirn nicht nur formbarer, als angenommen, die Sinne waren auch viel stärker miteinander verbunden. Das Gehirn bestand nicht aus einem Modul pro Sinn, sondern die Module überschnitten sich. Im vorliegenden Fall hatte ein rein visueller Reiz den Sinn für Berührung und Empfindung verändert. Aber dieses Experiment stellte auch die bisherigen Vorstellungen über Schmerz infrage. Anscheinend war Schmerz ein Urteil des Körpers über das eigene Erleben, die eigene Gesundheit. Der Versuch mit dem Spiegel hatte gezeigt, dass dieses Urteil überlistet oder manipuliert werden konnte.
    Bei weiteren Experimenten sorgte Ramachandran dafür, dass die Patienten den Arm eines Studenten statt ihres eigenen gesunden Armes an der Stelle des Phantomarmes sahen, ohne es zu wissen. Dieses Mal bewegte der Student seinen Arm, doch auch dieses Mal ließ die Lähmung bei den Patienten nach. Allein der Anblick der Bewegung löste diesen Effekt aus. Dadurch wirkte das Schmerzempfinden noch subjektiver und noch veränderbarer.
    In den folgenden Jahren perfektionierte Ramachandran seine Untersuchungsmethoden und wurde zu einem weltweit führenden Neurowissenschaftler. Er entwickelte gewisse Richtlinien für seine Vorgehensweise. Er suchte gezielt nach Hinweisen auf Anomalien in der Neurowissenschaft oder verwandten Fachbereichen, die Fragen aufwarfen, die möglicherweise die etablierte Lehrmeinung infrage stellen konnten. Seinen Kriterien zufolge musste er beweisen können, dass es sich um ein reales Phänomen handelte (Telepathie etwa fiel nicht in diese Kategorie), dass es bei dem gegenwärtigen Wissensstand erklärt werden konnte, und dass es tiefgreifende Auswirkungen hatte, die über sein eigenes Fachgebiet hinaus reichten. Wenn alle anderen es ignorierten, weil es zu bizarr war, umso besser. Dann gehörte das Forschungsgebiet ihm allein.
    Ramachandran suchte außerdem nach Ideen, die er durch einfache Experimente bestätigen konnte – ohne schwere oder teure Ausrüstung. Ihm war aufgefallen, dass jene Forscher, die große Etats bekamen für all die technischen Geräte, die sie für ihr Vorhaben brauchten, oft in politische Ränke verwickelt wurden, weil sie die hohen Ausgaben rechtfertigen mussten. Sie verließen sich lieber auf die Technik als auf ihren eigenen Verstand. Sie wurden vorsichtig und wollten mit ihren Schlussfolgerungen niemandem auf die Füße treten. Ramachandran machte seine Arbeit lieber mit Wattestäbchen und Spiegeln, und indem er sich mit seinen Patienten eingehend unterhielt.
    Eine neurologische Störung, die ihn faszinierte, war die Apotemnophilie, bei der gesunde Menschen das Verlangen nach der Amputation einer Gliedmaße verspüren, und viele diese Operation tatsächlich durchführen lassen. Man vermutete, diese bekannte Störung sei ein

Weitere Kostenlose Bücher