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Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)

Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)

Titel: Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Greene
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Paradoxerweise jedoch ist der menschliche Geist völlig frei. Er kann überall hin reisen, quer durch Raum und Zeit. Wenn sie ihn in ihrer engen Lebenswirklichkeit einsperrte, dann war das ihre eigene Schuld. So aussichtslos es auch schien, sie konnte ihren Traum, Schriftstellerin zu werden, nicht begraben. Um ihn zu verwirklichen, musste sie sich selbst ausbilden und ihren geistigen Horizont erweitern, koste es was es wolle. Ein Autor muss über die Welt Bescheid wissen. Und entlang dieser Denkrichtung entwickelte Zora Neale Hurston für sich die vielleicht erstaunlichste in Eigenregie durchgeführte Lehrzeit der Geschichte.
    Da sie zu der Zeit nur Putzjobs finden konnte, bemühte sie sich um Anstellung bei den reichsten Weißen der Stadt, denn dort waren reichlich Bücher vorhanden. Wann immer sie einen ruhigen Moment erhaschen konnte, las sie heimlich Abschnitte in diesen Büchern und prägte sich Passagen ein, damit sie in ihrer Freizeit etwas hatte, worüber sie nachdenken konnte. Eines Tages entdeckte sie ein weggeworfenes Exemplar von Miltons Das verlorene Paradies in der Mülltonne. Für sie war es wie pures Gold. Sie trug es immer bei sich und las es immer und immer wieder. Auf diese Weise geriet ihr Geist nie ins Stocken; sie hatte für sich eine ganz eigene Art der literarischen Erziehung erschaffen.
    Im Jahr 1915 ergatterte sie eine Stelle als Zofe der Sängerin einer Gruppe weißer Künstler. Im Grunde war auch dies nur eine untergeordnete Tätigkeit, aber für Hurston war es ein Geschenk des Himmels. Viele der Künstler waren gebildet. Überall gab es Bücher, die sie lesen, und interessante Unterhaltungen, die sie belauschen konnte. Durch genaues Beobachten kam sie dahinter, was in der Welt der Weißen als Raffinesse galt, und begann, sich im Kreis der Künstler mit Geschichten aus Eatonville und ihren Literaturkenntnissen hervorzutun. Man ließ sie im Rahmen ihrer Anstellung als Maniküristin ausbilden. Das kam ihr später zugute, als sie in den Friseursalons beim Kapitol in Washington D.C. Arbeit suchte. Zu den dortigen Kunden zählten die mächtigsten Politiker ihrer Zeit, und häufig gaben sie dabei den neuesten Klatsch zum besten, als würde Hurston gar nicht existieren. Für sie war das ebenso gut wie die Lektüre eines Buchs, nur konnte sie hier ungleich mehr erfahren über den menschlichen Umgang, über Macht und das Innenleben der Welt der Weißen.
    Ihre Welt dehnte sich langsam aus, aber noch immer gab es für sie entscheidende Einschränkungen: Bei der Auswahl möglicher Arbeitsstellen, beim Zugang zu Büchern und bei den Menschen, die sie kennenlernen und mit denen sie Freundschaft schließen konnte. Sie lernte stetig dazu, aber ihr Verstand war noch ohne Struktur und ihr Denken ungeordnet. Sie glaubte, dass sie die nötige Disziplin nur durch Schulbildung erringen konnte. Sie hätte mit Abendkursen an verschiedenen Institutionen einen Abschluss zusammenstückeln können, aber eigentlich wollte sie das zurückhaben, was ihr Vater ihr genommen hatte. Man sah ihr mit fünfundzwanzig ihr Alter nicht an, also unterschlug sie im Bewerbungsbogen kurzerhand zehn Lebensjahre und wurde an einer gebührenfreien Highschool in Maryland angenommen.
    Sie musste diese Chance maximal ausnutzen – ihre Zukunft hing davon ab. Sie las mehr Bücher als gefordert wurde und verwandte besonders viel Mühe auf jede Art schriftlicher Aufgaben. Mit dem Charme, den sie sich über die Jahre angeeignet hatte, freundete sie sich mit Lehrern und Professoren an und knüpfte die Art von Verbindungen, die ihr in der Vergangenheit gefehlt hatten. Auf diese Weise schaffte sie es, dass sie wenige Jahre später an der Howard University, der angesehensten Hochschule des Landes für Schwarze, zugelassen wurde und dort die wichtigsten Vertreter der schwarzen Literatur kennenlernte. Die Disziplin, die sie in der Schule gelernt hatte, half ihr nun beim Verfassen erster Kurzgeschichten. Mithilfe ihrer neuen Verbindungen erreichte sie, dass eine Geschichte in einer angesehenen Literaturzeitschrift in Harlem erschien. Sie ergriff Gelegenheiten, wann immer sie sich boten, und beschloss, Howard zu verlassen und nach Harlem zu ziehen, wo all die anderen schwarzen Schriftsteller und Künstler lebten. Dies gab der Welt, die sie erkunden konnte, eine weitere Dimension.
    Jahrelang hatte Hurston mächtige und bedeutende Menschen schwarzer wie weißer Hautfarbe studiert und gelernt, wie sie zu beeindrucken waren. Jetzt in New York nutzte sie

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