Perfekt
gleichzeitig fasziniert starrte sie auf das lebende, atmende Bild des charismatischen Mannes, den sie jahrelang auf der Leinwand und im Fernsehen bewundert hatte. Bis zu diesem Augenblick hatte der Mann Zachary Benedict dem Filmstar Zachary Benedict nur entfernt ähnlich gesehen, weshalb es relativ einfach gewesen war, sein wahres Ich zu ignorieren. Fünf Jahre Gefängnis hatten seine Züge verhärtet und schärfer gemacht, wodurch er älter und strenger wirkte. Jetzt aber, erholt, befriedigt und frisch rasiert, war die Ähnlichkeit mit dem Filmstar so verblüffend, daß sie überrascht und nervös einige Schritte zurückwich und ihn wie einen Fremden anstarrte.
»Warum schaust du mich so entgeistert an?«
Die Stimme klang vertraut. Die Stimme kannte sie. Das gab ihr ein Gefühl der Sicherheit. Julie ermahnte sich, mit diesen lächerlichen Fantasien aufzuhören und sich lieber auf die im Augenblick anstehende Kleiderfrage zu konzentrieren. Mit noch größerer Entschlossenheit als zuvor verschränkte sie die Arme vor der Brust und sagte störrisch: »Ich will meine Kleider!«
Er lehnte sich gegen den Rand des langen Marmorfrisiertisches und verschränkte gleichfalls die Arme vor der Brust; doch während sie drohend dreinblickte, grinste er spitzbübisch. »Keine Chance, Schätzchen. Such dir etwas aus diesem Schrank aus.«
Der Kosename, der auf diesen plötzlichen und überraschenden Identitätswechsel vom Sträfling zum Filmstar folgte, berührte Julie kaum. Sie war so frustriert und verunsichert, daß sie am liebsten mit dem Fuß aufgestampft hätte. »Verdammt noch mal, ich will meine ...«
»Bitte«, unterbrach er sie ruhig, »zieh etwas aus dem Kleiderschrank an.« Als sie ihren Mund öffnete, um zu widersprechen, sagte er kurz: »Ich habe deine Sachen in den Kamin geworfen.«
Julie wußte, wann sie geschlagen war, doch die gedankenlose Art, wie er mit ihren Sachen umgegangen war, ärgerte und verletzte sie. »Einem ehemaligen Filmstar mögen sie wie Lumpen vorgekommen sein«, konterte sie, »aber es waren meine Kleider. Ich habe dafür gearbeitet, ich habe sie mir gekauft, und ich habe sie gemocht!«
Sie drehte sich abrupt um und ging zum Schrank, ohne zu merken, daß ihre letzte Bemerkung ihn mit einer tödlichen Sicherheit an genau dem Punkt getroffen hatte, der ihn am tiefsten und nachhaltigsten verletzte. Sie marschierte in den begehbaren Kleiderschrank, ignorierte die Kleider und Röcke, die auf beiden Seiten an sechs Meter langen Kleiderstangen hingen, und griff nach der erstbesten Hose und einem Pullover, die sie fand. Sie hielt beides an sich, um zu sehen, ob sie passen könnten, entschied, daß dies der Fall sei, und schlüpfte ohne weitere Umstände hinein. Die smaragdgrüne Hose bestand aus reinem Cashmere, und in die weiten Ärmel des dazu passenden Pullovers waren zarte Veilchen mit dunkelgrünen Blättern eingewebt. Sie ließ den Pullover über der Hose und nahm auf dem Weg aus dem Schrank einen grünen Ledergürtel mit, blieb kurz stehen, um ihn anzuziehen, drehte sich um - und wäre fast mit Zack zusammengestoßen.
Er stand unter der Tür und blockierte, an den Türrahmen gelehnt, den Ausgang.
»Entschuldigung«, sagte sie und versuchte, an ihm vorbeizukommen, ohne ihn auch nur anzublicken.
Seine Stimme war ebenso unnachgiebig wie seine Haltung. »Ich bin schuld daran, daß du drei Tage lang immer dieselben Sachen anziehen mußtest. Jetzt wollte ich einfach nur, daß du etwas anderes anziehen kannst.« Klugerweise erwähnte er nicht, daß er sich auch danach gesehnt hatte, sie in etwas Eleganterem zu sehen, das ihrem Gesicht und ihrer Figur angemessener war. »Würdest du mich bitte anschauen und es mich erklären lassen?«
Julie war dickköpfig und couragiert genug, um seinen Überredungskünsten widerstehen zu können, doch sie war nicht so wütend, daß sie seine Beweggründe nicht verstanden hätte. Und außerdem hatte sie keine Lust, die wenige Zeit, die ihnen noch zur Verfügung stand, mit unnützen Streitereien zu vergeuden.
»Ich hasse es, wenn du mich so ignorierst und auf den Boden starrst«, sagte er. »Es kommt mir dann nämlich so vor, als ob du denkst, ich wäre ein Käfer oder so etwas Ähnliches, und dich fragst, ob du ihn nicht zertreten kannst.«
Julie hatte vorgehabt, ihn nach einer gewissen, ihr angemessen erscheinenden Zeitspanne von sich aus anzusehen, doch diesem Vergleich war sie nicht gewachsen, und so ließ sie sich lachend gegen die Kleidungsstücke fallen,
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