Perfekt
nicht wahr?« fragte sie.
Bei der nächsten roten Ampel warf Dick ihr einen ironischen Blick zu. »Du warst defensiv, nicht unhöflich. Und das bist du immer, wenn es um deinen Vater geht.«
»Ich weiß«, seufzte sie, »aber das hat auch seinen Grund.«
»Du liebst ihn, und er hat dir sein ganzes Leben gewidmet«, rezitierte Dick.
Emily blickte auf. »Und es gibt noch einen weiteren Grund. Es ist doch bekannt, daß früher viele Eltern von Kinderstars das Geld, das ihre Kinder verdienten, veruntreut oder regelrecht gestohlen haben. Mein Vater war das genaue Gegenteil davon. Trotzdem behandeln viele Leute meinen Vater immer noch so, als ob er sich auf meine Kosten bereichert hätte und jetzt mein Geld für den eigenen luxuriösen Lebenswandel zum Fenster hinauswerfe.«
»Das können nur Leute sagen, die seine Wohnung nicht gesehen haben. Sonst wüßten sie es besser«, sagte Dick und schaltete vom zweiten in den dritten Gang, da der Verkehr wieder rascher floß. »Er hat seit zehn Jahren nichts mehr renovieren lassen und bräuchte dringend neue Möbel. Die Gegend, in der er wohnt, kommt immer mehr herunter; in ein paar Jahren wird es dort nicht mehr sicher sein.«
»Kann schon sein«, seufzte sie, »aber so ist er nun mal. Dabei hat es ihn oft sehr bedrückt, daß die Leute ihn nur als Vater einer berühmten Tochter sahen.«
»Wenn es deinen Vater so gestört hat, was die Leute über ihn denken«, entgegnete Dick und vergaß einen Augenblick lang, seine Abneigung gegen den Mann zu verbergen, »dann hätte er sich ja einen netten, anständigen Job suchen können, anstatt sich immer nur um seine kleine Emily zu kümmern. Dann hätte er jetzt vielleicht auch etwas Besseres zu tun, als sich vollaufen zu lassen und in Selbstmitleid zu ertrinken, weil seine kleine Emily erwachsen geworden ist und geheiratet hat.« Aus dem Augenwinkel heraus sah er, wie ihre Miene sich verdüsterte, und legte ihr für einen Moment die Hand auf die Schulter. »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich bin ganz offensichtlich ein eifersüchtiger Trottel, der es einfach nicht verkraftet, daß seine Frau eine ungewöhnlich enge Beziehung zu ihrem Vater hat. Vergibst du mir ausnahmsweise noch mal?«
Sie nickte und rieb ihre Wange an seinem Handrücken, aber ihr hübsches Gesicht blieb ernst und verschlossen.
»Nein, anscheinend nicht«, sagte er und versuchte, ihre ungewöhnlich schlechte Laune aufzulockern, indem er sie aufzog: »Eine mündliche Entschuldigung reicht da einfach nicht aus. Ich verdiene einen Tritt in den Allerwertesten. Ich verdiene« - er überlegte einen Augenblick lang -, »daß ich dich zur Strafe heute abend zu Anthony's ausführe, zum teuersten Dinner in Los Angeles, bei dem ich zusehen muß, wie alle Welt meine Frau anhimmelt!«
Sie lächelte ihn an, ihre weltberühmten Grübchen zeigten sich, und er legte seine Hand an ihre Wange und sagte leise: »Ich liebe dich, Emily.« Scherzhaft fügte er hinzu: »Obwohl du diese komischen Vertiefungen in deinem Gesicht hast. Ich liebe dich trotzdem. Nicht jeder Mann wäre in der Lage, einen solchen Schönheitsfehler zu übersehen, aber ich kann es.«
Ihr perlendes Lachen belohnte ihn, und er grinste sie an, doch das Lächeln verging ihm, als sie sagte: »Liebst du mich genug, um bei meinem Vater vorbeizufahren, bevor wir zum Essen gehen?«
»Warum?« fragte er irritiert.
»Weil ich mit ihm über das Geld reden muß, daß er in Tonys Firma investiert hat. Ich kann mir einfach keinen Reim darauf machen, und das macht mich ganz verrückt.«
»Ich denke«., sagte Dick, während er den Blinker betätigte und die Spur wechselte, um in die Richtung zu fahren, in der ihr Vater wohnte, »ich liebe dich sogar dafür genug.«
Emily drückte auf die Klingel neben der Eingangstür zur Wohnung ihres Vaters, und nach einer längeren Weile öffnete er, ein Glas Whisky in der Hand. »Emily, Baby?« lallte er und blickte sie mit unrasiertem Gesicht aus blutunterlaufenen Augen an. »Ich hatte ja keine Ahnung, daß du heute abend vorbeikommen wolltest.« Ihren Ehemann völlig ignorierend, legte er ihr den Arm um die Schultern und zog sie in die Wohnung.
Er ist betrunken, stellte Emily frustriert und traurig fest, als sie sich in dem düsteren Raum umblickte. Nicht total be-trunken, aber immerhin ganz schön blau. Früher einmal hatte er so gut wie nie einen Tropfen Alkohol angerührt, aber im Laufe der letzten Jahre waren seine Exzesse immer häufiger geworden. »Warum schaltest du nicht ein
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