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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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etwas aus den Thermoskannen abzugeben, ging Julie zurück zum Cafe. »Ich hole Ihnen eine. Wie trinken Sie ihn?«
    »Schwarz«, antwortete Zack und bemühte sich, die Enttäuschung hinunterzuschlucken. Sie fuhr Richtung Südosten, während sein Ziel vierhundert Meilen nordwestlich von hier lag. Er warf einen kurzen Blick auf seine Uhr und arbeitete noch schneller. Fast eineinhalb Stunden war es her, daß er sich vom Wagen des Gefängnisdirektors entfernt hatte, und das Risiko, geschnappt zu werden, wuchs mit jeder Sekunde, die er sich länger in Amarillo aufhielt. Ganz gleich wohin die Frau fuhr, er mußte mitfahren. Alles, worauf es jetzt ankam, war, so viele Meilen wie möglich zwischen sich und Amarillo zu bringen. Er konnte jetzt ungefähr eine Stunde mit ihr mitfahren und sich dann später auf einer anderen Strecke wieder nördlich halten.
    Die Bedienung mußte neuen Kaffee aufsetzen, und als Ju-lie mit der dampfenden Plastiktasse zum Auto zurückkam, war ihr Retter in der Not fast fertig. Der Schnee lag jetzt schon fast fünf Zentimeter hoch, und der eisige Wind wurde zusehends stärker; er blies ihr unter den Mantel und trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie beobachtete, wie er die bloßen Hände aneinanderrieb und dachte an den neuen Job, der morgen früh auf ihn wartete - sofern er rechtzeitig hinkam. Natürlich wußte sie, daß die Arbeitslosigkeit in Texas sehr hoch war, gerade was die handwerklichen Berufe anging, und da er kein eigenes Auto hatte, schien es ihm finanziell nicht besonders gut zu gehen. Sie bemerkte auch, daß seine Jeans neu waren, der vertikale Knick an der Vorderkante verriet es ihr. Vermutlich hatte er sie gekauft, um einen guten Eindruck auf seinen neuen Arbeitgeber zu machen, und dieser Gedanke ließ eine Welle der Sympathie in ihr aufsteigen.
    Julie hatte noch nie in ihrem Leben einen Anhalter mitgenommen, das war viel zu gefährlich. Doch diesmal würde sie eine Ausnahme machen. Nicht nur weil er ihr den Reifen gewechselt hatte und weil er wirklich nett zu sein schien, sondern auch wegen seiner Jeans - der neuen Jeans. Nagelneue Jeans, steif und makellos sauber, die sich ein Arbeitsloser gekauft hatte, der all seine Hoffnungen auf eine bessere Zukunft setzte, die nur dann Realität werden konnte, wenn ihn jemand wenigstens ein Stück weit mitnahm, damit er rechtzeitig an seiner neuen Arbeitsstelle eintraf.
    »Sieht so aus, als seien Sie fertig«, sagte Julie und trat neben ihn. Sie hielt ihm die Tasse Kaffee hin, und er nahm sie in seine von der Kälte geröteten Hände. Er hatte etwas an sich, das sie zögern ließ, ihm Geld anzubieten, doch sie tat es trotzdem - für den Fall, daß ihm das lieber wäre, als mitgenommen zu werden. »Ich würde Sie gern dafür bezahlen, daß Sie mir den Reifen gewechselt haben«, begann sie, und als er höflich, aber entschieden den Kopf schüttelte, fuhr sie fort: »In dem Fall würde ich Sie gern ein Stück mitnehmen, sofern Sie in die gleiche Richtung müssen. Ich fahre die Interstate Richtung Osten.«
    »Das ist wirklich sehr nett«, sagte Zack, ihr Angebot dankbar annehmend, und schenkte ihr ein kurzes Lächeln, bevor er sich bückte und seine Taschen unter dem Wagen hervorzog. »Ich muß auch Richtung Osten.«
    Als sie im Auto saßen, erzählte er ihr, daß sein Name Alan Aldrich sei. Julie stellte sich als Julie Mathison vor, machte aber klar, daß sie ihm lediglich eine Mitfahrgelegenheit angeboten hatte und nicht mehr, und sprach ihn wohlweislich immer mit Mr. Aldrich an. Er griff das auf und nannte sie von da an gehorsam Miß Mathison.
    Julie war nun völlig entspannt. Das förmliche Miß Mathison gab ihr ein Gefühl der Sicherheit. Doch als er von da an schweigsam blieb und sich irgendwie zurückzog, tat es ihr fast leid, auf dieser förmlichen Anrede bestanden zu haben. Ihr war klar, daß sie ihre Gedanken nicht gut verbergen konnte, und deshalb hatte er vermutlich sofort bemerkt, daß sie ihn damit auf seinen Platz verweisen wollte - es war eine unnötige Beleidigung gewesen, vor allem in Anbetracht dessen, daß er sich ihr gegenüber sehr höflich verhalten hatte.

17
    Sie waren ungefähr zehn Minuten lang unterwegs, als der Druck, der auf Zacks Brust gelegen hatte, endlich nachzulassen begann. Er holte tief Luft - das erste Mal seit Stunden, nein, seit Monaten, Jahren, daß er voll durchatmete. Das Gefühl der Sinnlosigkeit und Hilflosigkeit hatten ihn so lange belastet, daß er sich jetzt, da er beides hinter sich gelassen hatte,

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