Perfekte Manner gibt es nicht
Frau aus den Höhlen. »Anfangs war ich mir nicht sicher. Aber dann hörte ich Sie reden. Ja, Sie sind es!«
Obwohl Jack todmüde war, musste er grinsen. Die Fans waren fast so schlimme Nervensägen wie die Drehbuchautoren. Trotzdem brauchte er sie alle. Ohne sie wäre er nicht zum Megastar avanciert.
Nicht dass er diese Position an einem solchen Morgen besonders beneidenswert gefunden hätte.
»Ja«, bestätigte er, weil jeder Widerspruch sinnlos gewesen wäre, »ich bin’s.«
Da verzog sich das Gesicht der Frau zu einem glückstrahlenden Lächeln. »Ich bin Marie. O Mr. Townsend, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie ich mich freue! Natürlich habe ich gehört, dass Sie in Alaska drehen. Aber ich hätte nie erwartet, Sie tatsächlich zu sehen . Wissen Sie, schon seit ewiger Zeit sind Sie mein Lieblingsschauspieler. STAT war meine Lieblingsserie. Bis Sie ausgestiegen sind. Seither ging’s bergab mit der Show. Was die anderen darüber sagen, ist mir egal. Und Copkiller ist mein Lieblingsfilm.«
Die Pause in ihrem schmeichelhaften Wortschwall verschaffte ihm die Gelegenheit zu einer Antwort. »Vielen Dank, Marie. Ich …«
Weiter kam er nicht. Als er seinen Kaffeebecher zerknüllen wollte, den er inzwischen geleert hatte, schrie Marie: »Nein!« Erstaunt blickte er auf, und sie errötete verlegen. »Den behalte ich … den Becher, aus dem Jack Townsend meinen Kaffee getrunken hat.«
Jack schaute auf den halb zerquetschten Pappbecher hinab. Das hasste er am allermeisten. Nicht die langen Monate, fern von zu Hause, auch nicht die endlosen Änderungen in den Drehbüchern, die er innerhalb weniger Minuten auswendig lernen musste, oder die hartnäckigen Paparazzi. Am meisten hasste
er die Fans, die seine benutzten Becher, Tassen und Servietten aufbewahrten, in einem denkwürdigen Fall sogar ein Taschentuch. Auf dieser Welt gab es keine einzige Person, deren benutztes Papiertaschentuch er behalten wollte. Und er verstand nicht, was andere Leute veranlasste, so etwas wie einen Schatz zu hüten. Schon gar nicht, wenn es um sein Taschentuch ging.
»Soll ich Ihnen ein Autogramm geben?«, schlug er tapfer vor und warf den Becher in den Abfalleimer. »Vielleicht würde das Ihre Freunde noch mehr beeindrucken als ein alter Kaffeebecher.«
»O ja!« Marie schob einen Notizblock und einen Kugelschreiber über die Theke. »Wenn’s Ihnen nichts ausmacht … würden Sie ›Für Marie‹ schreiben?«
»Klar«, stimmte er zu und ergriff den Kugelschreiber.
»Und … würden Sie ihn schreiben?« Marie lächelte ihn schüchtern an. »Nun, Sie wissen schon … Pete Logans berühmten Satz.«
Als er Lous prüfenden Blick spürte, grinste er. Zweifellos ärgerte sie sich, weil dieser Satz so berühmt geworden war. »Sehr gern«, sagte er und schrieb »Ich brauche eine größere Waffe« über seinen Namenszug. Dann schob er den Notizblock und den Kugelschreiber über die Theke zurück. »Schönen Tag noch.«
Maries Augen leuchteten. Zu Jacks Leidwesen fischte sie seinen Kaffeebecher aus dem Abfalleimer und stellte ihn sorgsam beiseite.
Nicht zum ersten Mal an diesem Tag – oder sogar in dieser Stunde – fragte er sich, warum er kein Anwalt geworden war, wie sein Vater es gewünscht hatte.
Unglücklicherweise war Marie noch nicht mit der kleinen Gästegruppe fertig.
»Hey!«, rief sie, riss die Augen auf und starrte Vicky an. »Haben Sie nicht die Frau des Piloten gespielt? In Hindenburg !«
»Ja.« Ein Lächeln erhellte Vickys Gesicht.
»Würden Sie mir ein Autogramm geben?«, bat Marie und schob eine Papierserviette und den Kugelschreiber in Vickys Richtung.
»Natürlich.« Immer noch lächelnd griff Vicky nach dem Kugelschreiber. Wie Jack wusste, würde sie ihr Autogramm mit einem Smiley oder einem Herzchen versehen. Manchmal hatte Greta sogar einen Stern neben ihren Namen gezeichnet – schon bevor sie ein Star geworden war, es sollte also eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein.
»Und Sie?« Marie richtete einen hoffnungsvollen Blick auf Lou. »Sind Sie auch berühmt?«
Da Jack eine lange Aufzählung der Projekte befürchtete, an denen Lou Calabrese gearbeitet hatte, nahm er an, er würde ein Gähnen unterdrücken müssen. Noch nie war er einer Drehbuchautorin begegnet, die der Versuchung widerstanden hatte, ihr eigenes Loblied zu singen. Und die Liste ihrer Leistungen war zweifellos imposant. Schon im zarten Alter von zweiundzwanzig hatte sie ihr erstes Drehbuch für das Copkiller -Original verkauft – das
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