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Perfekte Manner gibt es nicht

Perfekte Manner gibt es nicht

Titel: Perfekte Manner gibt es nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
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»Das hat mir mein Dad beigebracht.«
    »Wirklich?«, fragte er überrascht. »Geht er zur Jagd?«
    »Nein, er war vierzig Jahre lang Cop beim New York City Police Department.«
    Interessiert hob er die Brauen, nicht nur aus Höflichkeit, es schien ihn tatsächlich zu faszinieren. Andererseits war er Schauspieler, also war sein Interesse vielleicht nur geheuchelt. »Oh?«
    Lou nickte. Es kümmerte sie nicht, ob er es ehrlich
meinte, denn sie erzählte immer gern von ihrer Familie. Sosehr die Calabreses auch an ihren Nerven zerrten, sie war stolz auf jeden Einzelnen. »Als wir klein waren und meine Mom krank wurde, ertrug sie es nicht mehr, dass wir im Haus rumhingen. Deshalb schickte sie uns mit Dad weg. Wir sollten Eis kaufen. Doch statt Eis zu kaufen, ging er mit uns zum Schießstand, und wir durften seine Dienstpistole ausprobieren.«
    »Wie väterlich …«
    Lou zuckte die Schultern. »Auf diese Art wollte er uns zeigen, wie sehr er uns liebte.«
    »Wie viele Geschwister haben Sie?«
    »Vier ältere Brüder.« Bevor sie weitersprach, wartete sie seine Reaktion ab. »Alle sind Polizisten geworden.«
    Damit schien sie ihn nicht zu erschrecken, sondern zu beeindrucken. »Und Sie wurden eine Autorin, die Drehbücher über Cops schreibt. Wenn Sie nicht gerade über explodierende Zeppeline schreiben … Sicher sind Ihre Mom und Ihr Dad sehr stolz auf Sie.«
    »Nun …« Zu Lous Erleichterung klang ihre Stimme nicht gepresst. »Vor zehn Jahren starb meine Mom. Aber ja, sie war stolz. Und Dad auch. Obwohl wir es ihnen ziemlich schwer gemacht haben, uns großzuziehen.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, bemerkte Jack sanft. »Jetzt weiß ich endlich, wie Sie zu den Pete-Logan-Storys inspiriert wurden.«
    »Ja.« Sie warf ihm einen düsteren Blick zu. »In gewisser Weise ist er eine Mischung aus meinen vier Brüdern …«

    »Deshalb hassen Sie es, wenn ich den Text ändere, nicht wahr?«, fragte er belustigt.
    »Teilweise«, bestätigte sie, unfähig, ihren Unmut zu verbergen.
    »Und aus verletzter künstlerischer Eitelkeit«, ergänzte er.
    »Nein!«, protestierte sie. »Ich finde einfach nur, dass Sie Pete Logans Charakter nicht so gut verstehen …«
    »… wie Sie .« Jack grinste. Dieses sarkastische Grinsen zeigte er auch auf allen Copkiller -Plakaten. Warum unterhielt er sich niemals ernsthaft mit ihr? Dass er ernst sein konnte, wusste sie, weil sie seine Independentversion von Hamlet gesehen hatte. Natürlich würde sie nur die Rettung aus der arktischen Hölle veranlassen, zuzugeben, dass sie eine Kinokarte gekauft hatte, um sich einen Film anzuschauen, bei dem Jack Townsend als Regisseur und Hauptdarsteller fungierte. Und er verkörperte einen sehr imposanten Hamlet, eine Figur, die sie vorher stets für einen Schwachkopf gehalten hatte.
    Und während des ganzen Films setzte er kein einziges Mal dieses sarkastische Grinsen auf.
    »Okay«, sagte er, immer noch grinsend. »Da ich jetzt weiß, wie gut Sie mit einer Waffe umgehen können, werde ich Ihren Text nie mehr verunstalten …«
    Über ihren Rücken rann ein Schauer. Eigentlich fror sie gar nicht mehr, so wie draußen im eisigen Wind. Doch sie schauderte nicht vor Kälte, sondern weil Jack sie an etwas erinnerte, an das sie nicht mehr denken, über das sie nicht diskutieren mochte.
    Und das war die Tatsache, dass sie einen Menschen getötet hatte.

    Es stimmte zwar, dass dieser Mann sonst sie getötet hätte. Trotzdem fühlte sie sich elend, weil sie die Erste in ihrer Familie war, die ein Leben beendet hatte. Und die Einzige, die nicht zur Polizei gehörte.
    »Das ist nicht komisch …« Ein Schluchzen erstickte ihre Stimme. Warum es in ihrer Kehle aufstieg, wusste sie nicht. Jedenfalls verscheuchte es das Grinsen aus Jacks Gesicht, und darüber war sie froh.
    »Hey!«, rief er erschrocken. »Ich wollte nicht …«
    »Ach, wirklich nicht?« Schon wieder verschlug es ihr die Sprache. O Gott, was geschah mit ihr? Wenn sie mit jemandem beruflich zu tun hatte, versuchte sie normalerweise, ihre Emotionen auszuschalten. In Hollywood war es schon schwierig genug, Drehbücher zu schreiben. Da durfte ihr nicht auch noch ihre Weiblichkeit in die Quere kommen. Das maskuline Netzwerk funktionierte in den meisten Studios immer noch sehr gut. Und sie kannte nur wenige Frauen, die im Filmgeschäft Spitzenpositionen einnahmen und nicht über ständige Anfeindungen klagten. Das fürchtete sie am allermeisten – dass man ihr vorwerfen könnte, sie wäre zu gefühlsbetont,

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