Perfekte Manner gibt es nicht
Sommerhaus.
Das wurde Lou schnell klar, als sie die vielen Waffen und Trophäen an den Wänden sah -.30-.30er neben ausgestopften Tierköpfen – und die Massen an tiefgefrorenem Wildfleisch in der Gefriertruhe. Im Schrank des Einzelschlafzimmers entdeckte sie Sommerkleidung – Flanellhemden, lange Unterhosen, Jeans und einen Stapel Wollsocken.
Daraus und aus der Tatsache, dass weder ein Telefon noch ein Fernseher oder ein Radio existierten (zumindest war bei der ersten hektischen Suche nichts dergleichen aufgetaucht), folgerte Lou, dass sie das erste weibliche Wesen war, das diese Hütte jemals betreten hatte. Der Besitzer – sein Name stand auf einer zerknitterten American-Express-Rechnung, die Jack in einer Schublade fand – war ein gewisser Donald R. Williams. Offenbar unverheiratet. Oder seiner Frau missfiel das Leben in der freien Natur, und deshalb begleitete sie ihn nicht auf seinen Jagdausflügen. Jedenfalls gab es im ganzen Haus keine einzige Nagelfeile.
Nach dem Inhalt des Kühlschranks zu schließen – das Haltbarkeitsdatum aller Lebensmittel war schon vor einem Monat abgelaufen – hatte Donald sich seit Wochen nicht mehr in seiner Hütte aufgehalten. Lou hoffte, die ungebetenen Gäste würden ihn nicht stören. Aber was Donald denken mochte, interessierte
sie nicht sonderlich. Endlich war ihr warm, nur das zählte.
Sie fühlte sich himmlisch aufgewärmt und sauber, dank der Dusche, die – nachdem Jack eine Zeit lang im Keller herumgefummelt hatte – reichlich heißes Wasser lieferte. Sie hätte es noch länger unter der Brause aushalten können. Aber von dem herrlichen heißen Wasser musste sie ein bisschen was für Jack übrig lassen.
Trotzdem – die wenigen Minuten, in denen sie ihre Haare gewaschen hatte (ein weiterer Beweis für den reinen Männerhaushalt war das Shampoo mit integriertem Conditioner), gehörten zu den wunderbarsten, an die sie sich erinnern konnte …
Abgesehen von Jacks Kuss.
Doch sie beschloss, nicht mehr daran zu denken. Von Kopf bis Fuß angenehm erhitzt, verließ sie die Duschkabine und zog eines der Flanellhemden an, das sie aus dem Schlafzimmerschrank entwendet hatte, und eine lange Männerunterhose. Nicht besonders stilvoll, aber warm und sauber. Nichts konnte sie mehr dazu bewegen, die Sachen, die sie die letzten achtundvierzig Stunden lang getragen hatte, noch einmal anzuziehen.
Was immer zwischen Jack und ihr da draußen geschehen war, sie hielt es für eine alberne Entgleisung, die sich nicht wiederholen durfte. Deshalb verzichtete sie auf ihr gewohntes Make-up.
In den geliehenen Kleidern, ein Handtuch um den Kopf gewickelt, tauchte sie aus dem Badezimmer auf. »Hi«, sagte sie zu Jack, der gerade Feuer im wuchtigen steinernen Kamin des Wohnzimmers machte. »Jetzt kannst du duschen.«
»Danke«, antwortete er, wandte sich zu ihr um – und ließ ein brennendes Streichholz zu Boden fallen.
»Großer Gott!«, stöhnte sie, als er die auflodernde Flamme austrat. »Genügt es dir nicht, in ein fremdes Haus einzubrechen? Musst du es auch noch niederbrennen?«
»Sehr komisch.« Jack warf ihr einen missmutigen Blick zu.
»Hör mal, in der Mikrowelle tauen zwei tiefgefrorene Steaks auf. Wenn der Timer klingelt, während ich dusche, und sie sind okay, reib sie mit diesem Olivenöl ein, leg sie in die Pfanne auf dem Herd und zünde das Gas darunter an. Alles klar?«
Lou zwinkerte ihm zu. Das konnte sie sich nicht verkneifen, denn er hatte die Lederjacke ausgezogen, und der weiche Kaschmirpullover und die engen Jeans zeichneten seine perfekten Körperkonturen viel zu deutlich nach. Sogar ungeduscht und mit einem Dreitagebart sah er unverschämt gut aus.
»Kannst du kochen?«, war alles, was sie hervorbringen konnte. Und sogar das klang ziemlich lahm.
»Ja, selbstverständlich.« Jack ging um die Rattancouch herum zum Bad. »Du nicht?«
»Äh …« Plötzlich fand sie das Handtuch auf ihrem Kopf etwas übertrieben. »Hm … ja, doch.«
»Gut. Brat die Steaks, wenn sie aufgetaut sind.«
Dann verschwand er im Bad. Obwohl Lou mindestens zehn Schritte vom Kaminfeuer entfernt stand, beschleunigte die Hitzewelle, die ihren Körper durchströmte, ihren Puls. Sie riss sich das Handtuch vom Kopf und hoffte, die nassen Locken würden ihre fiebrig glühenden Wangen kühlen.
»Oh … »Jack spähte aus der Badezimmertür. »Vorhin habe ich im Keller eine Flasche Wein gefunden, der atmet gerade auf der Küchentheke. Nimm zwei Gläser aus dem Schrank, okay? Es sei
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