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Perfekte Manner gibt es nicht

Perfekte Manner gibt es nicht

Titel: Perfekte Manner gibt es nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cabot Meg
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Flops.
    Sie hasste ihn.
    Oder vielleicht doch nicht. Denn während des Kusses hatte er – zumindest sekundenlang – den Eindruck gewonnen, sie hätte ihn zurückgeküsst. Er hatte die zögernde, fast experimentelle Berührung ihrer Zunge auf seiner gespürt. Und trotz der dicken Schichten Kleidung zwischen ihnen fühlte er, wie ihre Brüste anschwollen. Als wollten sie ihn auffordern, sie zu berühren …
    Ja, ganz eindeutig, sie hatte den Kuss genossen. Vielleicht nur für ein oder zwei Minuten. Aber immerhin.
    Wenn er sie dazu brachte, das einzugestehen …
    Nicht dass er im Moment keine dringlicheren Sorgen hatte. Schließlich hatte er Hunger und fror, und er hatte sich in Amerikas größtem Staat verirrt. Es schneite, die Nacht brach herein. Wenn er hier liegen blieb, würden die Killer ihn finden. Oder er würde erfrieren.
    Trotzdem schien sein größtes Problem dieser beharrliche Druck gegen den Reißverschluss seiner Jeans zu sein.
    War das nicht immer so? Ein Mann konnte inmitten eines Blizzards verhungern, von Mördern verfolgt werden und seine Überlebenschancen auf – nun ja, zwanzig Prozent reduzieren. Und alles, was ihn interessierte, war die Frage, ob ein Mädchen ihn mochte oder nicht.
    Wie der Kuss sein würde, hätte er ahnen müssen. Vermutlich hatte er es schon die ganze Zeit gewusst. Als würde er einen vibrierenden, elektrisch geladenen
Draht in den Armen halten und dessen Ende in den Mund nehmen. Genauso wurde Lou Calabrese von Vitalität und Leidenschaft erfüllt. Wenn sie einen Mann, den sie nicht mochte, auf diese Weise küsste – wie würde es erst sein, wenn sie nur ein kleines bisschen Sympathie für jemanden empfände?
    Barry Kimmel war ein Narr.
    Und er selber auch. Sechs Jahre lang war sie stets in seiner Nähe gewesen – sechs Jahre -, und was hatte er getan? Mit ihr über diese oder jene Zeile in ihren Drehbüchern gestritten, statt sie zu erobern. Kein einziges Mal hatte Vicky ihn so hingebungsvoll geküsst wie Lou.
    Obwohl Vicky behauptet hatte, sie würde ihn von ganzem Herzen lieben.
    Und Greta?
    Verglichen mit Lou, hätte er statt seiner Ex genauso gut einen Waschlappen umarmen können.
    Erstaunlich, dachte er und setzte sich langsam auf. Wie er überrascht feststellte, hatte er keine Knochenbrüche erlitten, und er fühlte sich zum ersten Mal seit langer Zeit – lebendig. Hungrig, ja. Und er fror. Aber er lebte. Das verdankte er Lou Calabrese. Nicht nur weil sie so gut mit Schusswaffen umgehen konnte.
    Wo hatte sie diesen Kampfstil gelernt? Die Frauen, mit denen er sich in den letzten Monaten amüsiert hatte, zogen Pilates jeder Selbstverteidigungstechnik vor. Offenbar war Lou kein Pilates-Typ.
    Während er ihr den Hang hinauffolgte, humpelte er ein bisschen. Dichter denn je rieselte der Schnee herab. Bald würde es dunkel sein. Wenn sie sich nicht möglichst schnell vor dem heftigen Wind schützten und
ein Feuer machten, würden sie einem Eisbären zum Opfer fallen.
    Durch den Flockenwirbel sah er Lou am Boden knien, neben einem Gegenstand, der auf der anderen Seite des Grats lag. Als sie den Schnee unter seinen Stiefeln knirschen hörte, schaute sie über ihre Schulter.
    »Dein Glück!«, rief sie und wischte Schnee von ihrem kostbaren Computer. »Mein Laptop ist okay.«
    Ein paar Schritte von ihr entfernt blieb er stehen. »Lou …« Um sich im heulenden Wind Gehör zu verschaffen, musste er seine Stimme erheben, und das widerstrebte ihm. »Wir sollten reden.«
    Normalerweise redete er nicht gern. Das war einer der Gründe, warum er so viel Zeit auf seiner Ranch verbrachte. Dort brauchte er nicht viel zu sagen – falls er nicht den Fehler machte und eine Begleiterin mitnahm. Die Frauen wollten dauernd über irgendwas diskutieren und ihre Gefühle erörtern, statt die Dinge einfach geschehen zu lassen. Das hatte Jack nie begriffen.
    Aber dies zählte zu den wenigen Situationen in seinem Leben, die ein Gespräch über Gefühle erforderten. Nicht dass er seine eigenen verstand. Nur eins wusste er. Vorhin hatte sich etwas Bedeutsames ereignet, und das würde er – konnte er nicht ignorieren.
    Lou offenbar schon. Denn sie entgegnete nur, wobei sie seinem Blick auswich: »Es gibt nichts zu besprechen.«
    Einen eisigen Windstoß im Rücken, erwiderte er – unfähig, den sarkastischen Klang seiner Stimme zu unterdrücken. »Äh … ich fürchte, da bin ich anderer Meinung, Lou. Was vorhin geschah …«
    »Was vorhin geschah, war ein riesengroßer, kolossaler,
idiotischer

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