Perfekte Manner gibt es nicht
weiterverfolgen, wenn es ihn denn am Lächeln
hinderte. Sonst würde sie womöglich vergessen, dass sie nichts mit ihm zu tun haben wollte. Zumindest nicht auf körperlicher Ebene. »Oh? Haben deine Eltern deine schauspielerische Karriere missbilligt?«
»Meine Mom hat es nicht gestört. Aber mein Vater dachte, ich würde die Firma übernehmen. Oder wenigstens Jura studieren.« Er nippte an seinem Wein. »Als ich das ablehnte, drehte er mir den Geldhahn zu. Und ich glaube, die Rolle eines Hausmeisters in einer extrem kurzlebigen Sitcom widersprach seinen Vorstellungen von der Zukunft seines Sohnes.«
»Aber danach hast du viele andere Rollen gespielt – und die Sitcoms hast du doch nur am Anfang gemacht. Später warst du sehr erfolgreich. Auf deine Leistung in STAT war dein Vater sicher sehr stolz.«
»Vielleicht.« Jack zuckte wieder die Schultern. »Aber er bekam keine Gelegenheit, mir das zu sagen. Während der zweiten Staffel starb er. Den ersten Copkiller -Film hat er nicht mehr miterlebt.«
»Oh …« Erstaunlicherweise erregte er ihr Mitgefühl. »Das muss sehr schlimm für dich gewesen sein.«
»Es war doch sicher viel schlimmer, als einziges Mädchen in einem Haus voller Jungs aufzuwachsen.« Das Grinsen kehrte zurück. »Haben deine Brüder dir beigebracht, wie du einen zudringlichen Mann in den Schnee werfen kannst?«
Musste er sie an den Kuss erinnern? Prompt errötete sie. Zum Glück klingelte in diesem Moment der Mikrowellen-Timer, und Jack schaute nach dem Rahmspinat.
»Nein …«, antwortete sie zögernd. »Das war mein Dad. Er machte sich Sorgen, als ich aufs College kam.
Deshalb fand er, ich müsste lernen, auf mich selber aufzupassen. Und so zeigte er mir ein paar Tricks.«
»Dann solltest du ihm ausrichten, dass seine Lektion erfolgreich war.« Jack rührte den Spinat um. »Vermutlich hast du deine Freunde in der Highschool ziemlich eingeschüchtert, was? Ein Mädchen mit vier großen Brüdern – und einem Dad, der Waffen mit sich herumtrug …«
Wie unbefangen sie sich unterhielten – ohne Groll und Sarkasmus … Lag es am Wein? Oder weil sie sich zum ersten Mal nach einem achtundvierzigstündigen Albtraum endlich entspannte? So oder so, sie lachte über Jacks Frage. »Das weiß ich nicht, es gab nur einen.«
»Einen … was? Einen Revolver?«
»Nein«, kicherte sie. Unfassbar. Lou, die niemals kicherte, sondern eher so ein kehliges Lachen hervorbrachte wie Linda Fiorentino in den Filmszenen, in denen sie auf der Autobahn im Stau steckte! »Nur einen Freund.«
Offenbar hatte er sich die Hand am Rahmspinat verbrannt. Verwirrt wedelte er seine Finger durch die Luft. »Was? Barry? Also war Barry Kimmel dein einziger Freund?«
Zu spät erkannte sie, was sie soeben gestanden hatte – noch dazu einem Mann, der auf zahllose Affären zurückblickte. Natürlich mussten ihn Lous mangelnde Erfahrungen verblüffen.
Aber warum machte ihr das etwas aus? Sie wollte sich ohnehin nicht mit ihm einlassen. Vickys Erlebnisse hatten sie bereits abgeschreckt. Außerdem hatte sie sich das geschworen – nie wieder ein Schauspieler!
Das war ja auch der Grund, warum sie ein so wenig kleidsames Frotteetuch um ihren Kopf gewickelt und auf Make-up verzichtet hatte, nicht wahr?
Entschlossen hob sie ihr Weinglas, stärkte sich mit einem großen Schluck und bestätigte: »Ja. Nur Barry.«
Ungläubig starrte er Lou an. Diese Miene hatte sie zuletzt beim gemeinsamen Studium des Copkiller - IV -Drehbuchs gesehen, als er zu der Stelle gekommen war, wo Detective Pete Logans Hand von einem Inuit-Häuptling gebrochen wurde.
»Mein Gott!«, murmelte er. »Nur ein Kerl? In deinem ganzen Leben? Dann bist du praktisch …« Er verstummte abrupt.
Voller Misstrauen verengte sie ihre Augen. »Praktisch … was?«
»Nichts«, sagte er und wandte sich zum Herd. »Hey, die Steaks sind fertig. Ich nehme nur schnell zwei Teller aus dem Schrank und …«
»Praktisch … was, Townsend?« Lous Stimme nahm einen harten Klang an.
»Nun ja …« Verlegen hob er die Schultern. »Eine Jungfrau.«
18
»Oh!«, rief Tim Lords Frau und klatschte in die Hände. » Das hat er getan? Es ist einfach zu komisch … Klar, das sieht ihm ähnlich! So etwas kann nur Jack tun, nicht wahr, Mel?«
Melanie Dupre – schon wieder so ein Künstlername, dachte Eleanor. In Jacks Freundeskreis schien das sehr beliebt zu sein. Dieses Mädchen konnte wirklich keine Französin sein. Keine der Französinnen, die Eleanor kannte, würde ihre Tochter
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