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Performer, Styler, Egoisten

Performer, Styler, Egoisten

Titel: Performer, Styler, Egoisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Heinzelmaier
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Aufrichtigkeit und Gesetzestreue zu stellen?
    Moral: Was unterscheidet Ghetto-Kids und Finanzkapital?
    Was wir heute sehen, ist, dass die Ghetto-Kids nach derselben Moral und denselben Werten funktionieren und agieren wie das Finanzkapital. Unterschiedlich sind nur die Mittel, derer sich die beiden Gruppen bedienen. Während die Broker ihre Verbrechen stilvoll und distinguiert mit Anzug und Krawatte am Computer begehen, schmeißen die Ghetto-Kids Schaufenster ein und klauen und plündern fremdes Eigentum. Aber gibt es dem Wesen nach einen Unterschied zwischen beiden Verbrechen? Liegt die Differenz nicht allemal nur in der Form der Ausführung? Und hat Slavoj Zizek nicht Recht, wenn er darauf hinweist, dass der überwältigende Schrecken der subjektiven Gewaltakte uns dazu verführt, das Denken einzustellen, und wir damit die Fähigkeit verlieren, die Wesensidentität im Handeln der beiden unterschiedlichen Gruppen zu erkennen?
     
    Sollte es uns gelingen, uns der manipulativen Kraft der Bilder der Gewalt und ihrer gezielten medialen Platzierung zu entziehen, dann werden wir bemerken, dass korrupte PolitikerInnen, betrügerische Finanzspekulanten und brandschatzende und plündernde Jugendliche sich dem Wesen ihres Handelns nach kaum unterscheiden. Allen ist gemein, dass sie den Gesetzen einer Winner-Loser-Kultur folgend nicht viel mehr wollen als Macht ausüben, Aufmerksamkeit und Akzeptanz erreichen und sich einen materiellen Vorteil sichern. Und da die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass sich die unteren Sozialschichten an den oberen orientieren als umgekehrt, sind es am Ende des Tages die Eliten selbst, deren unmoralisches Sein und Handeln das Vorbild für das Agieren der Ghetto-Kids abgibt und die damit für unmoralisches Handeln im Ghetto die moralische Verantwortung übernehmen müssen.
     

Jugend und Musik
    Popkulturelles Kapital als relevante Wissensressource und Musikszenen als Lernorte
    In seinem Aufsatz „Neue Strömungen der Weltwahrnehmung und kulturellen Ordnung“ weist der Medienpädagoge DieterBaacke auf ein Problem hin, das sich fast notwendig ergibt, wenn man sich wissenschaftlich mit Phänomenen der postmodernen Jugendkultur auseinandersetzt. Das Problem, das Baacke sieht, ist das des „exterritorialen Beobachters“ (Baacke 1997: 30). Ein solcher Beobachter, der außerhalb des jugendkulturellen Territoriums, über das er urteilt und schreibt, positioniert ist, steht immer in der Gefahr, „die Sensibilitäten und Intensitätserfahrungen von Jugendlichen“ (ebd.: 30) von einer pädagogischen Warte aus mit Unverständnis zu betrachten und in der Folge zu negativen und deklassierenden Urteilen zu gelangen.
    Einen derart vorurteilsbesetzten Zugang zu den Kulturen der Jugend sollte man genauso vermeiden wie eine zu diesem diametral entgegengesetzte, häufig anzutreffende Beurteilungsweise, die alles für gut, richtig und schön erklärt, was Jugendliche hervorbringen und tun, und damit den gesamten Kulturkonsum und jegliche Kulturproduktion der Jugend gegenüber Kritik zu immunisieren versucht. Eine solche Fetischisierung von Jugendkultur passt im Übrigen gut in eine Gesellschaft, in der der Juvenilität ein so großer Wert zukommt, dass man bei der Beschreibung von Menschen den Begriff des Alters vermeidet und anstelle dessen nur von „mehr oder weniger jungen Menschen“ spricht.
    Zur Bedeutung der Musik in Zeiten des Diktats des Visuellen
    Wir leben in einer Zeit der Bilder. Screens beherrschen unseren Alltag. In den Büros, auf Bahnhöfen, in Schulen und Universitäten, in Arztpraxen, in Kaffeehäusern, in deneigenen vier Wänden, überall flimmern Bilder über Bildschirme unterschiedlichster Größe. Bildschirme und das Bild sind omnipräsent. Schon in den 1980er Jahren war bei Günther Anders der Eindruck entstanden, dass die Bilder von der Realität, die uns ständig umgeben, längst wichtiger geworden sind, als die Realität selbst: „Früher hat es Bilder in der Welt gegeben, heute gibt es die Welt im Bild, richtiger: die Welt als Bild, als Bilderwand, die den Blick pausenlos fängt, pausenlos besetzt, die Welt pausenlos abdeckt.“ (Anders 1980: 76) Und die Wirkung der Bilder ist stark, fast magisch ziehen sie uns in ihren Bann.
     
    Die größten Teile ihrer Freizeit, aber auch ihrer Lehr- und Lernzeit verbringen Kinder und Jugendliche in Konfrontation mit der Bilderwelt der Bildschirme. Egal, ob gelernt, gespielt, gechattet, geskypt oder gesimst wird, immer sind Bilder irgendwie im

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