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Performer, Styler, Egoisten

Performer, Styler, Egoisten

Titel: Performer, Styler, Egoisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Heinzelmaier
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fühlen sich mehr als drei Viertel der 11-29-Jährigen einer informellen jugendkulturellen Gemeinschaft oder Szene zugehörig (vgl. tfactory 2008a u. 2008b, Institut für Jugendkulturforschung 2007, Großegger/Heinzlmaier 2002 u. 2007, Silbereisen u. a. 1996). In beiden Ländern ist die Fitness-Szene die weitaus bedeutendste. In ihr vergemeinschaften sich junge Menschen, denen es primär um ein jugendkulturell adäquates Körpererscheinen geht. Gemeinschaftsstiftendes Thema ist also das Interesse an der Gestaltung des eigenen Körperbildes, die Sorge um das körperliche Selbst.
    Die Snowboardszene ist die bedeutendste Wintersportszene im Alpenland Österreich. Es ist die am stärksten mit jugendkultureller Stilistik aufgeladene Jugendszene. (vgl. Großegger/Heinzlmaier 2007) Mindestens genauso wichtig wie das Beherrschen der sportlichen Technik ist hier die Fähigkeit, richtig mit stylischen Modeartikeln und angesagten Marken umgehen zu können. Darüber hinaus stehen die Snowboarder für den typischen jugendkulturell „coolen“ Habitus, dem das individuelle Spaß-Haben über gesellschaftliche Anerkennung geht. Snowboarder definieren sich über ihre Rolle als Rebellen des Alltags. Ihr Rebellentum bleibt aber in der Regel dem Terrain des Stilistischen verhaftet.
    Die Fußballfans stellen eine männlich dominierte Fankultur dar. Ihre Angehörigen definieren sich über die Begeisterung für einen ganz bestimmten Verein, die Beziehungskultur weist viele traditionelle, an männerbündischen Kulturformen orientierte Elemente auf. Die Gruppe hat ihre größte quantitative Verbreitung unter den 16-19-Jährigen (vgl. tfactory 2008a u. 2009). Mit höherem Alter nimmt die Affinität zur Fußballfankultur deutlich ab.
    Eine medial besonders auffällige Untergruppe der Fußballfans sind die „Ultras“ oder „Hooligans“. Für sie ist der Fußball nicht nur Sport, vielmehr ist er die Leitkultur ihres gesamten Lebens. Sämtliche andere Lebensbereiche wie Arbeit, Beziehung, Freundschaft werden von den Werten, Idealen und Ästhetiken der Fußballkultur durchdrungen. Mario Perniola stellt jedoch in dieser Subgruppe der Fußballfankultur einige überraschende Veränderungen fest, die auch in diesem Milieu auf eine Posttraditionalisierung der Vergemeinschaftung (vgl. Hitzler u. a. 2008) hinweisen, die im Kern in einer Abschwächung und Reduzierung der Bindungen und Verpflichtungen gegenüber der Gruppe besteht, wie sie Ronald Hitzler für die Jugendszenen generell konstatiert und beschreibt. Die neuen Fußball-Fans unterscheiden sich insofern von denen der 1960er und 1970er Jahre, die noch von einer Art Solidarität längerfristig zusammengehalten wurden, dass sie nur mehr eine vorübergehende Zusammenrottung sind. Sie schließen sich nur mehr deshalb in der Gruppe zusammen, weil die Gruppe funktional für die Realisierung ihrer Absichten ist oder, wie Perniola es formuliert, „sie verklumpen nicht zu einer gestaltlosen gefährlichen Masse, sondern bekunden einen Willen, nur sich selbst sichtbar zu machen“ (Perniola 2005: 21). Wir sehen also, dass selbst die traditionellen Strukturen männerbündischer Gruppe von der „Säure des Individualismus“ (Alasdair MacIntyre in: Horster 2012: 16) zerfressen werden. Selbst die Ultras instrumentalisieren die Gemeinschaft nur mehr dazu, um ihre narzisstischen Selbstdarstellungs- und Selbstverwirklichungsinteressen realisieren zu können. Also auch hier sind sie vorbei, die Zeiten des einer für alle und alle für einen.
     
    Insgesamt betrachtet ist die szenische Verankerung bei den 16-19-Jährigen und bei den männlichen Jugendlichen am stärksten ausgeprägt. Mit zunehmendem Alter wird die Szenebindung loser, um bei einem Großteil der Jugendlichen zwischen dem 25. und dem 29. Lebensjahr gänzlich zu verschwinden oder lediglich in Form einer nostalgischen Erinnerungskultur zurückzubleiben (vgl. tfactory 2009).
     
    Eine wichtige Eigenheit, die den postmodernen jugendkulturellen Gruppen anhaftet, ist, wie schon anhand der Fußballszene gezeigt, ihr weitgehend auf eigene Bedürfnisse bezogener Zugang zur Gemeinschaft. Die Gemeinschaft ist für Jugendliche kein Selbstzweck, nichts Höheres, „das über den Individuen steht, sondern das Mittel dieser Individuen, eben solche Individuen vollständig sein zu können“ (Scholz 2008: 28). Posttraditionale Gemeinschaften sind als lose geflochtene Netzwerke in erster Linie dazu da, die Interessen des Einzelnen zu befördern, und haben

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