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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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gegen sie spannte. Glaubte dieser Priester, er könne in das Kloster kommen und mit seiner unheiligen Magie die Gebote der Demut verletzen?
    Ja, denn nichts anderes war es gewesen, als Radulf von Braunshorn seine Hände zum Himmel erhoben und den Exorzismus gesprochen hatte. Wie gerne würde sie ihre Stimme erheben und ihm entgegenschleudern: »Ihr habt nicht den wahren Gott verehrt!«
    »Ihr sprecht von Ida«, ertönte nun die besorgte Stimme der Priorin.
    »Seht sie mit den Augen der Euch anvertrauten Jungfrauen«, forderte Radulf eindringlich. »Ida vermag in ihrer Herzenshärte keine Einfühlsamkeit mit den ihr anvertrauten Schwestern walten zu lassen, sie ist versteinert und boshaft. Denkt nach, Agnes! Was würde wohl geschehen, wenn Ihr den Schafen die Last der übermäßigen Zucht nehmt und sie wieder beginnen, sich Euch zu offenbaren?«
    »Nun, Ida mag ein verstocktes Herz haben, doch sie ist mir treu ergeben und strafft die Zügel, die ich so oft habe schleifen lassen«, wandte die Priorin ein.
    »Und dennoch führt sie die Zügel so straff, dass sie reißen. Sie ist hässlich und missgebildet, vom himmlischen Unmut entstellt. Deutlicher kann der Herr seine Missgunst nicht offenbaren. Ihr zeigt zu viel Mitleid und Barmherzigkeit mit dieser Kreatur, die sich, vom bösen Geist des Stolzes erfüllt, einbildet, eine zweitePriorin zu sein. Wollt Ihr den Dämonen, die sich dieser Laster erfreuen, fruchtbaren Acker geben? Wollt Ihr, dass die Schwestern eine einfache Nonne so sehr fürchten, dass sie Herz und Mund vor Eurer Großmut verschließen?«
    »Nein, nein, in Gottes Namen, dem darf ich nicht zustimmen. Doch wie kann das verhindert werden?«
    »Das, meine liebe Agnes«, die Stimme des Exorzisten sank zu einem Flüstern herab, »das liegt alleine bei Euch.«
    »Was ratet Ihr mir?«
    »Ihr kennt die Strafe für ein derartiges Vergehen. Beugt ihr Haupt, auf dass sie zur Demut zurückkehre.«
    Ida erstarrte angesichts dieser ungeheuerlichen Forderung. Würde die Priorin dem nachgeben? Würde man sie ihres Lebensinhalts berauben und für ihre gottgefälligen Mühen geißeln?
    Nein, das war nicht möglich. Eine Mutter zeigt ihrer Herde die Gebote Gottes, damit sie nicht nachlässig dem Überdruss verfalle. In Agnes jedoch herrschte die untaugliche Neigung zum Erschlaffen, ohne Idas Eingreifen ständen die Schwestern weder in der Zucht noch in der Strenge der Gottesfurcht. Nein, die Priorin war wachen Geistes. Niemals würde sie sich ihres Rückgrats berauben.
    Ida hörte, wie ein Stuhl rückte, das Gespräch schien beendet zu sein. Rasch, sie musste davoneilen, bevor jemand sie sah. Sie machte sich auf, doch ein unvermittelter Fortlauf des Gespräches ließ sie erneut innehalten. Agnes sprach noch ein Anliegen aus.
    »Der Erzbischof empfahl uns die Handwerkstochter Elysa. Sie ist klug und aufrecht, wenn sie auch der gebotenen Ehrfurcht und Schweigsamkeit entbehrt. Ich gedenke sie in den Konvent aufzunehmen. Doch wir sprachen noch nicht von der Mitgift. Wie Ihr wisst, fehlt es uns an Geldern, und ein Handwerker vermag nicht viel zu geben.« Die Stimme der Priorin wurde schmeichelnd. »Doch da der ehrwürdige Erzbischof Konrad uns ineinem Schreiben diese Tochter empfahl, muss ihm besonders an ihrem Wohl gelegen sein …«
    »Wovon sprecht Ihr?«
    »Ich spreche von Elysa, die der Kanonikus Clemens von Hagen im Auftrag des Erzbischofs zu uns führte.«
    Die Priorin klang verunsichert. Ida trat ein Stück vor, um dem Gespräch besser folgen zu können.
    »Zeigt mir das Schreiben!«, forderte Radulf sie auf.
    Erneut war das Geräusch von scharrendem Holz zu hören. Die Priorin war aufgestanden. Eine Weile hörte Ida ein Rascheln, dann ein Knarzen. Agnes setzte sich wieder auf ihren Platz. Dann war es still.
    Ein höhnisches Schnauben erklang, dann lautes Hüsteln. »Nun, das mag wohl aus der Kanzlei des Erzbischofs stammen, aber mitnichten vom Erzbischof persönlich, der sich bereits seit Wochen auf dem Weg gen Osten befindet.«
    »Es gibt gewiss Prälaten, die die Briefe in seinem Namen zeichnen.«
    »Zweifellos, doch diese Schrift hier stammt von keinem, der zur Zeichnung im Namen des Erzbischofs befugt ist«, erklärte Radulf.
    »Wollt Ihr damit sagen …«
    »Was ich damit sagen will, bleibt Eurer Phantasie überlassen, ehrenwerte Priorin. Aber ich mahne Euch: Das Schreiben, das Clemens von Hagen von der Kanzlei erhielt, war zu Eurer Erbauung und als Beweis unseres Mitgefühls. Er befand sich im Aufbruch zu einer

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