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Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition)

Titel: Pergamentum – Im Banne der Prophetin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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Pergament mit sich, das, dem Aussehen nach zu urteilen, dem Rupertsberg entstammte, mit Miniatur und Text, die dem Scivias entnommen waren. Jener Visionsschrift, die dieser Sammlung nun fehlt. Jemand, der sich zu dieser Zeit ebenfalls in Eibingen aufhielt und die Bedeutung des Pergaments kannte, tötete den Mönch und entriss ihm das Blatt. Dass ein Stück davon fehlte, wird der Mörder erst später bemerkt haben, denn als du den Mönch fandest, hielt er es noch in seinen Händen.« Sie blickte auf. »Margarete, wer immer den Verlust des Fragments bemerkte, musste annehmen, dass du es hast, denn du hast den Mönch gefunden. So stellt sich nun die Frage, wer noch einmal zurückkam, um das verlorene Fragment zu suchen. Welche Nonnen waren es, die sogleich ins Skriptorium eilten, nachdem du seinen Tod entdeckt hattest?«
    »Jutta und die Priorin.«
    »Damit sind es nun fünf. Zunächst Ermelindis, beauftragt, einen Braten zu bereiten. Dann Agnes, die sie über die Abweichungder Speise informieren musste, Ida, die dem Duft des Bratens folgend in der Küche erschien, und Gregorius, der die Ente fing. Sie alle wussten nun, dass dein Schädel nicht zertrümmert war, als wir dich im Badehaus fanden. Alle anderen nahmen an, du seiest tot. Der Mörder musste handeln, denn es stand zu befürchten, dass du, belesene Nonne und der Schrift kundig, jemandem das Fragment gibst, der die Pläne des Mörders zunichte machen konnte. Doch auch Jutta wusste, dass du leben wirst, sie bemerkte, wie deine Kräfte zurückkehrten, und bat Ermelindis um den Braten. Jutta war nach dem Mord im Skriptorium, ebenso Agnes. Wir müssen annehmen, dass eine der beiden der Übeltäter war.«
    Margarete schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein, du irrst dich. Jutta ist keine Mörderin. Warum hätte sie mich retten sollen? Es wäre für sie ein Leichtes gewesen, mir falsche Kräuter zu geben und mich sterben zu lassen.«
    »Aber ich war zugegen, und ich erinnere mich, dass Jutta aufgebracht war angesichts meiner Neugierde. Es schien sie zu stören, dass ich blieb, sie machte mir Vorhaltungen, ich sei für das Leben einer Nonne nicht gemacht, da mir die rechte Demut fehle.« Elysa setzte den Weg um den Kreuzhof fort. Die kalte Luft durchdrang das Wollhabit, klärte ihre Gedanken. »Ermelindis brachte den Braten, nachdem ich die Krankenstube verlassen hatte, um mich im Skriptorium umzusehen. Als ich zurückkehrte, war ich alleine und probierte von dem Fleisch. Jutta hätte das Gift unterdessen zugeben können. Ja, es liegt nahe, denn als Medica steht ihr eine ansehnliche Sammlung von Giften offen. Der Braten war nur Mittel zum Zweck, lenkte von ihr als Verursacherin ab.«
    »Vergiss nicht, auch sie probierte von dem Braten.«
    »Das ist wahr. Doch als sie probierte, habt ihr beide am Tisch gesessen. Sie wusste, welche Stellen des Vogels vergiftet waren.So konnte sie sich sicher sein, dass du das verdorbene Fleisch zu dir nahmst, während sie sich mit einem harmlosen Stück begnügte.«
    »So wollte sie uns narren, als sie hinauslief, um das Fleisch herauszuwürgen?« Margaretes Atem ging stoßweise, schickte hastige Wölkchen in den Himmel »Oh, Elysa, wem soll ich noch trauen?«
    Elysa seufzte und blickte zum östlichen Konventsgebäude, in dem die Krankenstube untergebracht war. »Es ist nur eine Möglichkeit, Margarete, denn es bleibt noch eine Frage offen: Was für eine Bedeutung hat das Pergament für Jutta? Oder für Agnes? Sie beide waren die Einzigen, die sowohl im Skriptorium zum toten Mönch eilten als auch von deiner Genesung wussten. Doch wem war es kostbar genug, dem Bösen zu verfallen?«
    Es waren beunruhigende Gedanken. Unfertig zwar, doch sie brachten zutage, dass es eine von ihnen gewesen sein konnte, Wölfin unter Schafen. Die Überlegung, dass es Jutta war, behagte Elysa nicht. Viel lieber hätte sie gesehen, wenn alle Zeichen auf Radulf von Braunshorn deuteten, doch seine Bösartigkeit war zu offenbar, seine Gestalt zu auffällig, als dass es ihm hätte gelingen können, sich unbemerkt im Nonnentrakt herumzutreiben und eine Schwester niederzustrecken oder einem Braten Gift beizumischen. Die Rolle, die ihm zustand, war keine gute, das war gewiss, doch es war nicht die des Mörders.
    Eine Weile noch wandelten sie im Kreuzgang, sprachen über die Lücke ihrer Überlegungen und suchten nach Dingen, die Jutta entlasteten. Denn konnten sie sich ihrer Sache sicher sein? Was, wenn schon vorher jemand ins Skriptorium gelaufen war, um nach dem

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