Perlentöchter
»Wie wäre es dann mit einem Tanz? Ich liebe diese Musik, Sie nicht auch?«
Sie lauschte. Es war ein Stück, das sie zuvor gehört hatte, aber ihr fiel kein Titel dazu ein. Recht düstere Musik, die Erinnerungen weckten an einen Ort. Genau!
»Borneo«, murmelte sie.
»Ist das Ihr Name?« Der Mann musterte sie derart intensiv, dass sie den Blick auf ihr Kleid senkte, um sich zu vergewissern, dass kein Knopf aufgegangen war.
»Die Musik erinnert mich an einen Ort, wo ich früher gelebt habe«, antwortete sie schüchtern.
»Aber wie heißen Sie?«
Er stand nun auf, und sie bewegten sich auf eine Gruppe von Leuten zu, die bereits tanzten.
»Helen.«
Es war ihr noch nie so unangenehm vorgekommen, ihren Namen zu sagen.
»Helen«, wiederholte er. »Gefällt mir. Klingt heiter.«
»Die Abkürzung von Helena«, fügte sie hinzu. Er nickte wieder. Dann bot er ihr seinen Arm und zog sie an sich, gerade als die Musik in einen noch langsameren Rhythmus wechselte. »Ich heiße Clive«, murmelte er in ihr Ohr. »Clive Mitchell.«
Danach gab es kein Zurück. Während Maggy einen Freund nach dem anderen hatte, konnte Helen nur an Clive denken, der Medizin studierte. Wenn er sie küsste, spürte sie ein seltsam feuchtes Gefühl zwischen den Beinen, und wenn sie danach zur Toilette ging, entdeckte sie erschrocken weißliche Spuren in ihrem Schlüpfer.
Maggy hatte schallend gelacht, als Helen ihr anvertraute, dass sie Angst habe, dass etwas nicht mit ihr stimmte. »Das ist, weil du auf ihn scharf bist«, sagte sie, nachdem sie sich beruhigt hatte. »Hat er dich gefragt?«
Dieses Mal verstand Helen, was Maggy meinte. Clive hatte sie nicht gefragt, ob sie mit ihm schlafen würde, aber sie hätten »es« in der vorigen Woche beinahe getan, als ihr heftiges Schmusen fast außer Kontrolle geraten war. Obwohl es Helen peinlich war, nahm sie Maggys Angebot mit dem gefälschten Aufgebot an und suchte mit ihrer Freundin eine Klinik auf, wo sie von einer sehr sachlichen jungen Frau gründlich abgetastet und untersucht wurde, bevor sie ein großes halbes Gummiei bekam und eine Anleitung, wie sie es einzuführen hatte, bevor sie »abends ausging«.
Am Abend dann, als Clive und sie in halb bekleidetem Zustand auf seinem Bett lagen, während sein Mitbewohner aus war, wollte sie ihm von der Klinik erzählen. Das Gummiei lag noch zu Hause und wartete in ihrem Zimmer, denn das erschien ihr dann doch zu forsch. Plötzlich sprang Clive auf, verschwand kurz im Bad und kam wieder zurück. Helen dachte zuerst an einen Scherz. Sie hatten zwar im Dunkeln gegenseitig ihre Körper erforscht, aber sie hatte ihn noch nie ganz nackt gesehen. Die Straßenbeleuchtung schimmerte von draußen durch die Vorhänge, und zu Helens Überraschung, ganz zu schweigen von ihrem Schock, sah sie etwas in Höhe seines Unterleibs, das im rechten Winkel abstand. Das konnte nicht sein »Ding« sein, weil dieses seltsame Anhängsel wie eine Rute direkt auf sie zeigte, als würde ein elektrischer Schlag hindurchgehen.
»Was um alles in der Welt ist das?«, rief sie und zeigte darauf.
Clive schaute nach unten, als erwartete er, etwas anderes zu sehen. »Was meinst du?« Er zog sie an sich, und die Wärme seines Körpers neben der Härte dieses seltsamen Dings in seinem Schoß weckte in ihr das Bedürfnis, zu stöhnen und zu weinen und zu lachen, alles auf einmal.
»Das da!« Sie wand sich aus seiner Umarmung und deutete nach unten. Nun erkannte sie, dass es tatsächlich sein Ding war, aber es hatte sich nach dem Schmusen auf dem Bett bis zur Unkenntlichkeit verändert. »Das ist ja wie ein Baguette, das im Ofen aufgeht«, sagte sie verwirrt. Gleich darauf fiel es langsam vor ihr zusammen, als hätte jemand die Backofenklappe geöffnet.
Clive stieß einen langen Seufzer aus, und Helen ahnte instinktiv, dass sie etwas Falsches gesagt hatte. »Tut mir leid.«
»Ist schon gut.« Sie setzten sich auf die Bettkante, und er legte den Arm um sie. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Helen das Bedürfnis nach einer Zigarette.
»Es tut mir leid«, wiederholte sie.
»Ist schon okay. Ehrlich. Ich hätte dich nicht so überrumpeln dürfen.« Sein Griff um ihre Schulter verstärkte sich. »Das ist nur, weil ich dich so sehr liebe.«
Liebe? Es war das erste Mal, dass er dieses Wort sagte. Ein wunderbares Gefühl von Wärme und Zufriedenheit durchströmte sie. »Ich liebe dich auch«, antwortete sie glücklich. »Darum habe ich mir ein gefälschtes Aufgebot besorgt.«
Clive sah
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