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Perlentöchter

Perlentöchter

Titel: Perlentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Corry
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Eintreffen im Lazarett einen sehr großen Mann, der ein ernstes Gespräch mit ihrem Schützling führte. Er war vielleicht zehn Jahre älter als sie und hatte Ähnlichkeit mit Duncans dunkelhaariger Erscheinung, war aber von der Statur her wesentlich breiter und muskulöser. Rose wusste sofort, wen sie vor sich hatte.
    »Die Dinge, die er erlebt hat!« Begeistert beugte sie sich vor und rückte ihren Stuhl näher an Ga Ga heran. Sein Gehör wurde immer schlechter, und es war ihr wichtig, dass er sie richtig verstand. »Dinge, Ga Ga, die kaum zu glauben sind. Weißt du, als er das erste Mal nach Borneo ging, hatte er die Aufgabe, Hilfsarbeiter zu suchen, um die Plantage zu bewirtschaften. Von ihnen hat er gelernt, was man ›den Gummi anzapfen‹ nennt. Das bedeutet, man bohrt ein Loch in den Stamm eines Kautschukbaums, und es kommt eine Flüssigkeit heraus, die man zu allen möglichen Dingen verarbeiten kann.«
    »Wirklich, mein Liebes?« Ga Ga tätschelte ihre Hand. »Sag mir, hast du Grace in letzter Zeit gesehen?«
    Es war nicht nur sein Gehör, das ihren Großvater immer mehr im Stich ließ, sondern auch sein Verstand, der ihm vorgaukelte, jene zu sehen, die von ihnen gegangen waren. Im vorigen Monat war es seine Frau gewesen. Nun war es Grace.
    Vor ihrer Bekanntschaft mit Charles hätte Rose dies in die nächste Verzweiflung gestürzt, aber bei Charles’ Geschichten war es unmöglich, dauerhaft Trübsal zu blasen, besonders da der Krieg nun endgültig beendet war. »Das Leben wird nie wieder so sein wie früher«, verkündete ihr Vater neulich beim Abendessen, zu dem er Charles eingeladen hatte. »Aber das ist keine schlechte Sache.«
    Ihr Gast pflichtete ihm ohne Einschränkung bei, bevor er wieder zu erzählen begann, dieses Mal von der Überfahrt nach Hause, nachdem er beschlossen hatte, die Plantage in die Hände seiner treuen Arbeiter zu übergeben, damit er für sein Land kämpfen konnte.
    »Man legt in Jesselton ab, wissen Sie«, sagte er, als wären sie mit den Örtlichkeiten dort vertraut. »Ich hatte natürlich eine Kabine reserviert, aber als ich dort ankam, fand ich zwei Rüpel vor, die die Kabine besetzten und dachten, ich würde mich mit ihnen arrangieren. Also öffnete ich meinen Koffer und holte die zwei Schrumpfköpfe heraus, die meine Männer mir als Glücksbringer mitgegeben haben.«
    Zwei Schrumpfköpfe? Rose wollte ihren Ohren nicht trauen, und selbst ihr Vater wirkte erstaunt.
    »Meine Männer waren davon überzeugt, dass sie mir Glück bringen würden.« Charles machte ein zufriedenes Gesicht. »Ein einziger Blick darauf genügte, und die beiden Rüpel ergriffen die Flucht!« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, der, obwohl nicht schmal, zu klein wirkte für seine beachtliche Statur, und nahm die Zigarre, die sein Gastgeber ihm anbot, mit der richtigen Mischung aus Dankbarkeit und Anerkennung entgegen. Ein Glück, dachte Rose, dass sie nicht aufgefordert worden war, den Tisch zu verlassen. Es hätte ihr sehr missfallen, das alles hier zu verpassen.
    »Sagen Sie«, fragte sie, während ihr bewusst war, dass ihre Wangen zu glühen begannen, »was haben Sie Ihren Männern vor Ihrer Abreise geschenkt?«
    Beide Männer blickten sie an, und zum ersten Mal seit langer Zeit, wenn ihre Erinnerung sie nicht trog, hatte Rose das Gefühl, eine ernstzunehmende Frage gestellt zu haben.
    »Etwas sehr Kostbares, das früher meinem Vater gehörte«, antwortete Charles und strich über sein Kinn, das von einem seltsam dunklen Schatten bedeckt war, der sich im Laufe des Abends vor ihren Augen zu vergrößern schien. »Es sollte ein Zeichen sein, dass ich wiederkomme, um es zurückzuverlangen.« Er streckte seinen breiten Arm vor, als wollte er den Satz unterstreichen. Nie zuvor hatte Rose so riesige Hände gesehen.
    Einerseits hatte sie das Bedürfnis, diese Hände zu zeichnen, andererseits hätte sie am liebsten gefragt, worum es sich bei diesem kostbaren Geschenk für die Einheimischen handelte, aber etwas in Charles’ Stimme hielt sie davon ab.
    »Da Sie gerade von Ihrer Rückkehr sprechen«, sagte Papa. »Haben Sie diesbezüglich bereits Pläne gefasst?«
    Charles hielt seinem festen Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken, wie Rose bemerkte. Nicht viele Männer waren dazu in der Lage. »Ich arbeite zurzeit noch daran. Ich bin Ihnen übrigens äußerst dankbar, Sir, dass Sie sich um meinen Bruder gekümmert haben.«
    »Er sollte bald in der Verfassung sein, um in seine Heimat zurückzukehren.«

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