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Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition)

Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition)

Titel: Perlmanns Schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pascal Mercier
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Saales auszudehnen schien. Er wußte, er mußte sich ganz aufs Spielen konzentrieren, alles hing jetzt davon ab, daß er keinen Fehler machte. Statt dessen starrte er ins Dunkel des Saals und suchte Millar, er wußte, seine blitzende Brille war da irgendwo, aber er konnte sie nirgends entdecken, die Augen tränten ihm vor Anstrengung. Dann tauchte plötzlich Evelyn Mistrals Gesicht auf, mit strahlendem Lachen, er wollte sie etwas fragen, aber inzwischen war es Hannas Gesicht, das ihn prüfend betrachtete, es war Hannas Gesicht und auch dasjenige von Laura Sand, spöttisch und weiß und still. Von Beginn an hörte er die Angststelle wie ein paradoxes, zeitlich vorausgehendes Echo, er wußte, daß er sich nicht auf sich verlassen konnte, daß es eine Frage des Zufalls war, ob die Finger es richtig machen würden, ob sie sich gegen den lähmenden Einfluß der Angst würden behaupten können, er schwitzte an den Händen, der Schweiß wurde immer mehr, er schob sich zwischen Finger und Tasten, die Finger glitten aus, jetzt kam die Stelle, er hörte ganz laut, wie sie klingen mußte, aber er konnte nichts machen, die Finger griffen nicht mehr, es war eine Empfindung grenzenloser Ohnmacht, und dann wachte er auf mit trockenen und sehr kalten Händen, die er sofort unter die Decke schob.

9
     
    Die Wirkung der Tablette lag ihm noch schwer über den Augen, und dennoch konnte er nicht mehr einschlafen. Während das erste, fahle Licht der Bucht eine unwirkliche Gegenwart verlieh, verwandelte sich die unsichtbare Traumgestalt Millars in die reale Person, der er beweisen mußte, daß er sich bei Bach besser auskannte. Aber wie sollte er diesen Beweis führen? Sich die Partitur zu besorgen, war keine Lösung; es durfte um keinen Preis so aussehen, als habe er etwas Besonderes unternommen. Worauf es ankam, wenn er ihn auf seinen Irrtum aufmerksam machte, war die schneidende Beiläufigkeit desjenigen, dem diese Dinge seit Jahrzehnten geläufig waren. Die Platte, von der Hanna gesprochen hatte. Damit ließe sich beweisen, daß es ein zweifacher Irrtum war: Nicht nur war die Werkangabe falsch, sondern auch die Behauptung, es gebe keine Aufnahme. Die Geschichte mit der Trouvaille bekäme dadurch nachträglich einen lächerlichen Klang. Perlmann hörte noch einmal Millars unmögliche Aussprache des französischen Worts, man hatte zweimal überlegen müssen, bevor man verstand. Aber mit der Platte war es ähnlich wie mit der Partitur: Wie kam es, daß er sie bei sich hatte? Eine Cassette wäre leichter zu erklären; mit einem Walkman etwa. Er konnte sich doch nicht auch noch eine dieser kleinen CD-Anlagen kaufen, die an die tausend Mark kosten durften. Oder doch?
    I happened to see it and just picked it up. Das hatte genau die richtige Beiläufigkeit, dachte Perlmann beim Rasieren. Und dazu hatte der Satz, wenn der richtige Tonfall gelang, einen weltläufigen Touch. Ferner erklärte die Bemerkung, warum er die Sache erst morgen erwähnte. Auf die CD-Anlage im Salon hatte Signora Morelli bereits bei seiner Ankunft hingewiesen.
    Er entspannte sich, und als er zum Hörer griff, um Kaffee zu bestellen, bekam er plötzlich Lust, Millar heute morgen gegenüberzusitzen, gestärkt durch das Geheimnis seines Plans. Auf der Treppe kam es ihm vor, als schwämme sein Gehirn im Schädel. Aber irgendwie würde es schon gehen. Punkt acht betrat er den Speisesaal.
    Außer dem rothaarigen Mann vom Schwimmbecken war kein Mensch im Raum. Perlmann grüßte und setzte sich in die andere Ecke. Bei einem Kellner, den er noch nie gesehen hatte, bestellte er zögernd das Frühstück. Da erschien Evelyn Mistral in der Tür und ging überrascht auf ihn zu. Sie hatte einen Pullover über die Schultern gelegt, und das Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden. Doch, doch, sagte sie, für gewöhnlich sei das gemeinsame Frühstück um acht, nur für den Sonntag hätten sie neun vereinbart. Aber das sei ihr heute zu spät. Es war ihr sichtlich peinlich, ihn, den Leiter der Gruppe, darüber aufklären zu müssen, sie rückte das Geschirr zurecht und wechselte rasch das Thema.
    «Du wirst es nicht glauben», sagte sie,«aber der Rothaarige heißt John Smith. Kommt aus Carson City, Nevada. Neulich hat er Brian angesprochen, sozusagen von Amerikaner zu Amerikaner. Ist ein stinkreicher Typ, der den Winter hier verbringt. It figures, sagte Brian zu ihm, als er sich am Schluß mit Namen vorstellte. Wenn Brian jemanden verachtet, dann aber richtig», lächelte sie.
    «Und das

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