Pern 05 - Drachentrommeln
nahe am Weyr; er beschloß, ein Stück weiterzuziehen. Aber zuerst mußte er etwas essen – Orangen-und Rotfrüchte, die hier in Hülle und Fülle zu wachsen schienen. Piemur sammelte außerdem einige verdorrte Schalen, eine zum Wasserschöpfen und eine weitere, in der er das Feuerechsen-Ei tragen konnte, das im Moment noch im warmen Sand vergraben lag.
Die Feuer-Echsen und Drachen flogen in Richtung Weyr zurück. Piemur wartete eine Weile, dann grub er das Ei aus, umhüllte es mit heißem Sand und wanderte nach Westen.
Er konnte nicht sagen, weshalb er glaubte, daß der Süd-Weyr und die Burg des Südens eine Gefahr für ihn darstellten. Er handelte einfach aus dem Gefühl heraus, daß es besser sei, jeden Kontakt mit anderen Menschen zu meiden, zumindest so lange, bis das Ei herangereift war und er die junge Echse für sich gewinnen konnte. Das war im Grunde unlogisch, aber er hatte eine schlimme Verfolgungsjagd hinter sich, und der Gedanke an Flucht ließ ihn noch nicht los.
Der erste Mond zog früh herauf, eine volle, leuchtende Sche i-be, und wies ihm den Weg über felsige Steilklippen und hohe Sanddünen. Piemur wanderte einfach dahin, pflückte hier und da eine Frucht und suchte sich insgesamt dreimal einen geschützten Platz zum Schlafen – aber jedesmal trieb ihn die Angst bereits nach kurzer Zeit weiter.
Der zweite Mond ging auf, und die Helligkeit nahm zu, aber gleichzeitig verstärkten und kreuzten sich die Schatten, welche die beiden Himmelskörper warfen. Sie verwandelten Felsbro-cken in drohende Berge und Dünen in unbezwingbare Wälle.
Piemur hatte gehört, daß dem Wanderer unter dem Licht der Zwillingsmonde seltsame Dinge zustoßen konnten, aber er 198
setzte seinen Weg fort, bis die beiden Trabanten untergegangen waren und die Dunkelheit ihn zwang, Zuflucht unter den Bäumen zu suchen. Hier befand er sich in Sicherheit, falls er einschlief und am Morgen nicht rechtzeitig wach wurde.
Er schrak aus dem Schlaf, weil eine Schlange über seine Beine kroch. Krampfhaft umklammerte er das Ei, denn er wußte, daß Schlangen eine Vorliebe für Echsen-Eier besaßen.
Der Sand um seinen kostbaren Besitz fühlte sich kalt an, und das brachte ihn auf die Füße. Jenseits des Dschungelsaums flimmerte eine kleine Bucht in der Vormittagssonne. Er grub eine Kuhle am Strand und legte das Ei hinein. Ein Kreis von Steinen und die umgestülpte Fruchtschale markierten den Ort.
Dann kehrte er in den Dschungel zurück, um Wasser und Nahrung zu suchen.
Das frische, rohe Obst, das im Moment seine einzige Kost darstellte, machte seinem Magen zu schaffen, und heftige Bauchschmerzen zwangen ihn zu der Überlegung, was er sonst noch essen könnte. Ihm fiel ein, daß Menolly in ihrer Höhle von Fischen und anderen Meerestieren gelebt hatte, aber er besaß nicht einmal einen Angelschnur.
Der Hunger stachelte seinen Erfindergeist an. Mit Hilfe einiger kräftiger Lianen, die von den Bäumen hingen, und den spitzen Dornen der Orangenfruchtbäume fertigte er in kürzester Zeit eine prachtvolle Angelleine. In Ermangelung eines besseren Köders spießte er erst einmal kleine Obststückchen an die Widerhaken der Dornen.
An der Westseite der Bucht schob sich eine schroff abfallende Landzunge ins Meer vor. Piemur erklomm die Felsen und warf von hier seine Leine in die schäumenden Wellen, die an den Fuß der Klippe brandeten. Dann setzte er sich auf die sonne nwarmen Steine und wartete.
Es dauerte lange, ehe es ihm glückte, einen Fisch an Land zu ziehen; die Leine hatte zwar mehrmals verräterisch geruckt, aber wenn er sie herauszog, fehlte nur der Köder. Als er 199
endlich einen mittelgroßen Gelbschwanz erbeutete, kannte seine Begeisterung keine Grenzen. Seine Gedanken weilten bei der ersten richtigen Mahlzeit, die er sich nun leisten würde; als er jedoch seinen Angelplatz verließ, erkannte er, daß sich der Strand inzwischen verändert hatte.
Die felsige Landzunge war vom Meerwasser eingeschlossen –
und er hatte das Ei auf einem Sandstreifen vergraben, der in Kürze unter Wasser liegen würde! Sein Gelbfisch sah ziemlich ramponiert aus, nachdem Piemur ans Ufer geschwommen, gesprungen und gewatet war. Dazu kam ein weiterer Kummer.
Die Salzgischt, die ihm ins Gesicht schwappte, brannte wie Feuer: Er hatte sich, ohne es zu merken, einen abscheulichen Sonnenbrand geholt.
Zuerst rettete er das Ei und packte es in den heißesten Sand, den er finden konnte. Dann trug er es weiter zur nächsten Bucht, an eine Stelle,
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