Pern 07 - Moreta, die Drache
Sie nicht die Flankenwunde! Tamianth darf nicht zuviel Sekret absondern.«
Eine alte Frau schleppte einen Eimer mit Rotwurzlösung herbei; ein paar Kinder mit Ö lgefäßen folgten ihr im Laufschritt. Zwei Reiter mit frisch verbundenen Wunden kamen näher; ihre Drachen, ein Blauer und ein Brauner - beide ebenfalls verletzt - ließen sich auf dem Felsboden nieder und hefteten die Blicke fest auf Tamianth.
Moreta hatte mit einem Mal mehr Helfer, als sie beschäftigen konnte, und so schickte sie die Reiter los, um den Heiler bei der Suche nach den Geräten und Medikamenten zu unterstützen. Die alte Frau berichtete kurz, daß die Heiler des Weyrs gestorben waren und die beiden Neuen sich zwar alle Mühe gaben, aber absolut nichts von Drachen verstanden. Sie selbst hätte gern geholfen, wie sie sagte, aber in ihren Händen war bereits »das Zittern«.
Moreta schickte sie nach Gazestoff los, den brauchte sie im Moment am dringendsten. Als sie ihre Vorbereitungen getroffen hatte, erfuhr sie von Orlith und Holth, daß Tamianths Wahnsinnsschmerzen einem dumpfen Pochen gewichen waren.
Tamianths Schwinge war ein gutes Stück größer als die von Dilenth, und die Fäden hatten mehr von der Membran zerstört.
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Die beiden Reiter suchten in geduldiger Kleinarbeit sämtliche Fragmente zusammen und breiteten sie auf den Stoffbahnen aus. »Auf Gaze wäre ich nie im Leben gekommen«, murmelte Pressen. Er beobachtete fasziniert ihre Arbeit. Bei den feineren Stichen konnte er ihr assistieren; seine schmalen Hände erwiesen sich als ungemein sanft und geschickt. Nattal, die alte Küchenaufseherin, zwang Moreta zu einer kleinen Pause, in der sie ihr eine Schale Suppe anbot. Sie wußte, daß die Weyrherrin von Fort eben erst von ihrer schweren Krankheit genesen war. Allem Anschein nach enthielt die Suppe ein Anregungsmittel, denn als Moreta ihre Operation fortsetzte, konnte sie weit konzentrierter und exakter arbeiten als zuvor.
Dennoch zitterte sie vor Erschöpfung, als sie endlich fertig war.
Wir müssen heim! erklärte Holth in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.
Moreta war mehr als bereit, ihrem Befehl Folge zu leisten, aber eine unerklärliche Angst ließ sie zögern. Sie warf einen Blick auf Falga, die entweder immer noch bewußtlos war oder sehr tief schlief. Unruhig musterte sie den Weyrkessel und die verwundeten Drachen.
»Sie sehen sehr blaß aus, Weyrherrin«, sagte Pressen und berührte sie mit seiner rotfleckigen Hand leicht am Arm. »Ich bin sicher, daß wir mit den übrigen Problemen fertig werden.
Nur, diese Schwinge hätten wir bestimmt nicht geschafft. Ich habe viel von Ihnen gelernt.«
»Danke. Achten Sie darauf, daß die Knochen immer mit
Betäubungssalbe bestrichen sind. Sobald sich an den Gelenken Wundsekret bildet, wird es die offenen Stellen überkrusten.
Dann beginnt der eigentliche Heilprozeß.«
»Mir war nie so recht zu Bewußtsein gekommen, daß Drachen beim Kampf gegen die Fäden verletzt werden«, me inte Pressen und warf einen nahezu ehrfürchtigen Blick auf die Riesengeschöpfe, die auf den Felsensimsen und Zinnen des 279
Weyrs lagen.
Komm! Steig auf! Holths Botschaft klang drängend, und Moreta spürte nichts von Orlith.
»Ich muß aufbrechen.« Moreta schwang sich auf Holths
Nacken. Sie fand, daß Holth hagerer war als Orlith und längst nicht so breit in der Schulter. Vielleicht entstand dieser Eindruck aber auch dadurch, daß Holth sich bereits zum Sprung duckte, als sie aufstieg.
Während sich die alte Königin konzentrierte, unterdrückte Moreta die Sorge, daß der Drache zu erschöpft für einen Start vom Boden aus sein könnte. Ihre Hinterpfoten ... Moretas Kopf flog nach hinten, als Holth sich kraftvoll abstieß, und die Weyrherrin hoffte verlegen, daß die Königin ihre Gedanken nicht erraten hatte. Sie stellte sich die Sternsteine des Fort-Weyrs vor, jenes uralte Monument, und den dahinter aufrage nden Berggipfel. Bring uns bitte nach Fort, Holth!
Holth ging ins Dazwischen, sobald sie den Rand des Hochland-Weyrs erreicht hatte. In dem kurzen Moment der Kälte brannten Moretas Finger trotz der dicken Handschuhe, die sie trug. Sie hätte sie noch einmal einölen müssen. Während einer Operation zog sie sich immer kleine Schnitte und Kratzer zu.
Der grüne Wachreiter winkte ihr zu, und auch das Trompeten seines Drachen klang erleichtert.
Holth glitt eine Spur zu schnell auf den Felsensims ihres Weyrs zu, und Moreta mußte sich festhalten, als sie abrupt
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