Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
alle vierundzwanzig Renner vorgenommen hatten. Wir brachten die Ausbeute des Vormittags in den Großen Saal und sahen zu, wie die Glasbehälter mit dem Blut auf den Wagenrad-Konstruktionen befestigt wurden. Ich war sicher nicht die einzige, die beim Anblick dieser provisorischen Zentrifugen Skepsis empfand.
Aber Desdra strahlte eine solche Zuversicht und Ruhe aus, daß niemand ihre Anordnungen in Frage stellte. Sobald sie sich vergewissert hatte, daß die Gefäße nicht verrutschen konnten, winkte sie den Männern an den Handkurbeln zu, und die Zentrifugen begannen sich gleichmäßig zu drehen. Mir kam flüchtig in den Sinn, wie der Große Saal aussehen würde, wenn sich auch nur ein Behälter von der Vorrichtung löste. Doch die anderen Zuschauer wirkten so voller Hoffnung, daß ich den Gedanken rasch verdrängte.
Oklina kam und verteilte Suppe und warmes Fleisch mit Brot.
Wir saßen dichtgedrängt an einem langen Schragentisch, als sich Desdra zu uns gesellte und die Lage erläuterte. Nur eine sofortige Massenimpfung der bedrohten Renner konnte verhindern, daß sich die Seuche erneut ausbreitete. Jeder auf Ruatha mußte seinen Beitrag leisten, damit die Krankheit ein für allemal zum Stillstand gebracht wurde. Es herrschte nachdenkliches Schweigen, als die Heilerin mit ihren Ausführungen fertig war.
Während im Großen Saal die Zentrifugen arbeiteten, um das Serum vom Blut zu trennen, kehrten Pol, Sal und ich zu den Stallungen zurück, um nach den Patienten zu sehen. Dag war gerade dabei, Kleie mit Wein und Kräutern zu vermischen. Der alte Mann behauptete, daß dieses Kraftfutter die Blutbildung seiner Schützlinge unterstützen werde. Wir warteten, bis die Tiere gefressen hatten. Dann striegelten wir ihr Fell und befreiten Mähnen und Schwänze von Kletten und getrockneten Schlammklümpchen.
Obwohl Dags rechtes Bein geschient war, arbeitete er tüchtig mit. Und was er selbst nicht schaffte, erledigte sein Enkel Fergal für ihn, ein vorlauter kleiner Schlingel, der keinerlei Respekt kannte. Er schien die Renner als sein Eigentum zu betrachten, und jeder, der den Stall betrat, bekam sein Mißtrauen zu spüren - auch Alessan, der gekommen war, um sich nach dem Befinden der Tiere zu erkundigen. Die einzige Person, der Fergal bedingungslos gehorchte, war Oklina, während er die Befehle aller anderen mit unverschämten Fragen unterlief. Seinen Großvater Dag betete er an. Ganz offensichtlich hielt er den krummbeinigen Alten für unfehlbar.
Und trotz aller Aufmüpfigkeit schien er die Tiere sehr zu lieben. So kümmerte er sich rührend um eine trächtige Stute, die jeden Moment fohlen konnte. Wenn er in ihre Nähe kam, spitzte sie die Ohren und stieß ihn mit der Schnauze an, als suchte sie Trost bei ihm.
»Das erste Serum ist gleich fertig«, verkündete Alessan.
»Wollt ihr es sehen?«
Nur Fergal und ich zeigten Interesse. Pol und Sal lümmelten auf den Strohballen, plauderten mit Dag und schüttelten träge die Köpfe.
Was mich am meisten verblüffte, war die strohgelbe Farbe der Flüssigkeit, die sich beim Schleudern von den Blutplättchen getrennt hatte. Als wir zu den Zentrifugen kamen, füllte Desdra das Serum gerade vorsichtig in kleinere Behälter ab. Sie erklärte, daß man bei diesem Vorgang auf keinen Fall den dunklen Bodensatz aufwirbeln durfte.
Außerdem sollte man für jedes Glas einen frischen Nadeldorn nehmen, um die Gefahr einer Verschmutzung möglichst gering zu halten. Ich sah ihr eine Weile zu und half ihr dann. Andere folgten meinem Beispiel.
»Heute nachmittag bekommen wir sicher neue Flaschen«, erklärte Tuero. »M'barak versprach, nach dem Sporenkampf verschiedene Burgen und Gehöfte aufzusuchen.« Er hatte uns mit seinen Worten aufmuntern wollen, aber wir stöhnten nur bei dem Gedanken an die zusätzliche Arbeit.
»Wieviel von dem Zeugs da brauchen wir eigentlich?« wollte Fergal wissen. Er warf einen Blick auf die Weide, wo seine geliebten Renner grasten.
»Genug, um die Stuten und Fohlen der Restherden in Keroon, Telgar, Fort, Boll, Igen und Ista zu impfen«, entgegnete Alessan. Ich unterdrückte einen Seufzer, als ich an die Serummengen dachte, die dazu nötig waren.
»Ista züchtet gar keine Renner«, widersprach Fergal streitsüchtig. »Das ist doch eine Insel.«
»Die Seuche gelangte auch nach Ista und befiel Menschen und Tiere«, erklärte Tuero, als Alessan nicht antwortete. »Aber Keeron und Telgar stellen das Serum selbst her. Ruatha muß nicht für alle
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