Pern 10 - Die Renegaten von Pern
Siedler ihn zum Inselflußdelta übergesetzt hatte, fühlte er sich selbst wie der reinste Glückspilz. Eine Stunde 251
später bahnte er sich bereits einen Weg durch dichtes Gebüsch zu einer Küste, die keines Menschen Fuß jemals berührt hatte, und obwohl ihm der Schweiß über Gesicht, Rücken und Beine bis in die dicken, von Sharra gestrickten Baumwollsocken lief, war er glücklich wie ein satter Jungdrache.
*
Jayge kam gut mit den Viehtreibern aus, obwohl Kesso bei jedem Wettrennen den Sieg über ihre hochgezüchteten Tiere davontrug.
Er hätte gern auch die Stute laufen lassen, ihr herrlicher Körper-bau verhieß Schnelligkeit, aber er hatte versprochen, sie heil in der Burg Benden abzuliefern, und Überanstrengung oder eine Verletzung wäre für Kesso schon schlimm genug gewesen, bei Fancy, wie er die Stute inzwischen nannte, durfte er ein solches Risiko nicht eingehen.
Er bedauerte es fast, als sie den Keroon-Fluß erreichten, wo er sich nach Norden wenden sollte, während die anderen nach Osten zur Bucht weiterzogen. Andererseits kam er viel schneller vorwärts, wenn Kesso sich nicht dem gemächlichen Tempo der Herde anpassen mußte. Gleich am ersten Tag legte er ein gutes Stück Weges zurück und erreichte die Gabelung, wo der Kleine Benden-Fluß nach rechts abbog und direkt auf die Burg Benden zuführte, während der Große Benden nach links um die Klippen herumfloß.
Anstatt auf der Hängebrücke die Schlucht an der Hochplateau-Siedlung zu überqueren, entschied er sich für die Fähre. Bei der Überfahrt mußte er Fancy eine Nasenbremse anlegen, damit sie auf dem reißenden Strom ruhig blieb, und sogar Kesso tänzelte nervös herum. Dem Fährmann zufolge ließen die meisten Treiber ihre Tiere lieber an der Mündung des Großen Ben in die Bucht von Nerat ans andere Ufer schwimmen.
An den Ufern des Kleinen Benden führten mehrere gut ausgebau-252
te Wege entlang, so daß er Kesso streckenweise galoppieren lassen konnte. Die Stute blieb immer an seiner Seite. Sie bewegte sich in jeder Gangart mit höchster Anmut.
Nicht etwa, daß Kesso auf langen Strecken nicht sehr bequem gewesen wäre, aber Kesso war eben ein Zufallsprodukt, während Fancy eigens so gezüchtet worden war.
Ein solch edles Tier war sicher für eine Frau aus Baron Raids Familie bestimmt, dachte er. Die Burgherrin war wohl schon älter, die Stute war also vielleicht als Geschenk für eine seiner Töchter oder ein besonders geliebtes Pflegekind gedacht.
Hoffentlich konnte die Betreffende gut reiten und hatte eine leichte Hand, die dem weichen Maul der Stute nicht weh tat.
In der zweiten Nacht schlug das Wetter um, starke Böen zausten den Schweif der Stute und trieben heftige Regenschauer vor sich her. Jayge sah sich gezwungen, in einem Bauernhof um Quartier zu bitten. Erst als er dem etwas mißtrauischen Farmer Meister Briarets Geleitbrief und sein eigenes Empfehlungsschreiben zeigte, erklärte der sich bereit, Schlafplatz und Mahlzeiten mit ihm zu teilen. Jayge verriet, daß die Stute auf Burg Benden abgeliefert werden sollte, und sofort zählte die Frau des Pächters, die eine romantische Ader hatte, alle Pfleglinge des Barons auf und rätselte herum, wer wohl die glückliche Empfängerin sein mochte. Auf Benden wimmle es nur so von Pfleglingen, sagte sie. Hoffentlich gäbe es bald ein Fest - der Winter sei so endlos lang gewesen, die Kinder hätten ein hartnäckiges Fieber gehabt, sie habe nach einem Heiler trommeln müssen, und die Burgherrin habe ihr eine ganz spezielle Arznei für Rassel-husten geschickt.
Am nächsten Morgen flüchtete Jayge, nachdem er nur einen Becher Klah getrunken hatte, obwohl sie ihm mit solcher Geschwätzigkeit eine Schüssel Haferbrei aufdrängte, als hätte sie die ganze Nacht nicht zu reden aufgehört. Der Flußpfad weitete sich bald zu einem breiten, glatten und gepflegten Band, das eine nach 253
Norden führende Straße gleicher Güte kreuzte. Jayges Karte nach war die Verbindung zum Benden-Weyr ausgezeichnet.
Er brauchte die Stute also nur auf der Burg abzuliefern, dann konnte er seine Reise zum Weyr und zu Aramina fortsetzen.
Mittags legte er eine Pause ein, um zu essen und die beiden Renner grasen zu lassen. Er bürstete den Schmutz von den Beinen und aus dem Schwanz der Stute, und auch Kesso bekam ein paar Striche mit den Striegel ab.
Unmittelbar vor der Ankunft würde er Fancy noch einmal abrei-ben, damit sie auch wirklich ein guten Eindruck machte. Bald war er der Burg so nah daß er
Weitere Kostenlose Bücher