Pern 11 - Die Weyr von Pern
Xanadu sein.« Er ging zum Hauptgebäude zurück und pflückte sich unterwegs eine reife Rotfrucht von einem Ast. Genüßlich an dem saftigen Frucht-fleisch kauend, betrachtete er die Aussicht auf den See und das ferne Ufer, an der sich gewiß schon die ursprünglichen Bewohner erfreut hatten. Großartig! Hätte es die Fäden nicht gegeben, man wäre sich vorgekommen wie im Paradies.
»Wir müssen uns noch einen anderen Ort ansehen, Golanth«, sagte er unvermittelt und schüttelte die leise Trauer um die längst dahingegangenen Siedler ab.
Er bat Golanth, noch einmal über der Stätte zu kreisen, um sich das Bild für spätere Besuche genau einzuprägen. Wenn -
nein, verbesserte F'lessan sich trotzig, sobald der Himmel von Pern frei war von Fäden, wäre dieses Gelände ideal für einen offenen Weyr.
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Golanth nützte einen Aufwind, der sie rasch in die Westströ-
mung zurücktrug. Sie hatten noch einen weiten Weg vor sich.
F'lessan hielt sich die Hand vor die Augen und blinzelte in die sinkende Sonne, dann erst sah er, verärgert über seine Vergeß-
lichkeit, auf seine Armbanduhr.
Noch vier Stunden, bis es dunkel wurde. Nicht daß Golanth gegen einen Nachtflug etwas einzuwenden gehabt hätte, und es wäre auch nicht die erste Nacht gewesen, die F'lessan zusammengerollt zwischen den Vorderpranken seines Drachen verbracht hätte, aber wenn sie sich nicht beeilten, würden sie das, wozu sie die weite Reise unternommen hatten, nicht mehr sehen können.
Unermüdlich trugen Golanths Schwingen sie durch die Lüfte, und endlich verwandelte sich der blaßblaue Streifen am Horizont in eine gigantische, violette, alles beherrschende Gipfelkette. Das Südliche Grenzgebirge lag vor ihnen.
H-o-o-o-h-e Berge ! F'lessan dehnte das Adjektiv. So etwas findet man bei uns im Norden nicht unterhalb der Eiswüste.
Da oben ist die Luft sicher sehr dünn , bemerkte Golanth.
Müssen wir die Berge überfliegen?
Ich glaube nicht. F'lessan durchwühlte seine Jackentasche, bis er die Karte fand, die Akki ihm ausgedruckt hatte. Sie flatterte so heftig im Wind, daß er kaum etwas erkennen konnte. Nein, diese Honshu-Besitzung liegt in den Vorbergen unterhalb der eigentlichen Kette. Aber wir sind zu weit entfernt, sie zeichnen sich noch nicht ab.
Im letzten Licht des prachtvollen Sonnenuntergangs erreichten sie ihr Zielgebiet. Honshu entdeckten sie nur, weil Golanth mit seinen scharfen Augen eine Schar von Herdentieren durch eine breite Öffnung im Fuß der Klippe schlendern sah.
Bist du dir da auch ganz sicher? F'lessan war überrascht. Sie hätten das Vieh bei ihrem Abzug doch sicher mitgenommen.
Vielleicht sind es wilde Tiere, die hier Unterschlupf gefunden haben , vermutete Golanth. Mit raschen Flügelschlägen landete 363
er, gerade als im Westen das letzte Abendrot verglühte, am Fuß der schroffen Klippe.
Der breite, ausgetretene Pfad, der auf die Felswand zu und durch ein großes Tor schräg ins Innere führte, war nicht zu verfehlen. Als F'lessan durch die Öffnung spähte, mußte er husten. Der Gestank war überwältigend. Hoch oben in den Wänden gab es Fensterschlitze, durch die aber nicht genügend Licht eindrang, und der Geruch war schlimm genug, um ihn von einer genaueren Untersuchung abzuhalten. Die Herdentiere blökten, als sie ihn sahen, und wichen erschrocken zurück.
Offenbar stand er am Eingang einer gewaltigen Höhle. Der intensive Ammoniakgeruch raubte F'lessan den Atem und trieb ihm das Wasser in die Augen. Er flüchtete ins Freie zurück, lehnte sich gegen die Felswand und sog in tiefen Zügen die frische Abendluft ein.
»Sieht so aus, als hättest du Honshu gefunden, Golanth«, sagte er und fuhr mit der Hand am Stalltor entlang.
»Die Kanten sind so glatt, als habe man mit einem glühenden Messer einen Käse durchgeschnitten. Genau wie in der Burg und im Weyr von Fort - als die Alten noch Strom für ihre Steinschneider hatten. Demnach muß dies Honshu sein.« Seine Finger ertasteten eine Tür, die ordentlich in die Wand hinein-geschoben war. »Immerhin wollte man uns den Zugang nicht verwehren. Komm, Golanth, wir schlagen irgendwo ein Nachtlager auf. Mit einem Feuerchen sie ht die Nacht gleich freundlicher aus. Ich weiß zwar nicht, ob die großen Katzen, von denen Sharra und Piemur erzählt haben, so weit nach Süden kommen, aber ...«
Mit mir würde sich keine Katze anlegen!
»Jedenfalls nicht, wenn sie den morgigen Tag noch erleben will«, lachte F'lessan und spähte ins Dunkel, um einen
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