Pern 11 - Die Weyr von Pern
verschlafen war, um an solche Kleinigkeiten zu denken. Allerdings kontrollierte er nicht, wie er es sonst häufig tat, das Reitgeschirr, das immer offen an einem Haken in Ruths Weyr hing, sondern legte Ruth mit routiniertem Griff die Riemen an, die er in einem Versteck aufbewahrte. Dann schob er die großen Weyr-Tore auf, folgte dem weißen Drachen hinaus auf den Burghof und stieg in den Sattel. Nur der Wachdrache, der Wachwher und ein paar zur Burg gehörige Feuerechsen beobachteten stumm, mit blanken, blau und grün leuchtenden Augen ihren Abflug.
Wie kann man die Leute nur zu nachtschlafender Zeit irgendwohin zitieren, dachte Jaxom, als Ruth sich in die Lü fte schwang.
Wie spät ist es in Honshu? wollte Ruth wissen.
»Wahrscheinlich geht gerade die Sonne auf!« antwortete Jaxom verdrießlich und stellte sich die Fassade der Besitzung vor, die F'lessan ihm so lebhaft beschrieben hatte.
Trotz seiner pelzgefütterten Reitjacke fröstelte Jaxom im Dazwischen. Zwei Atemzüge später schwebten sie im ersten Licht des Morgens über einer Nebeldecke. Wo man hinsah, klammerten sich andere Drachen an einzelne aus dem Dunst herausragende Felszinnen. Ruth landete auf dem nächsten freien Zacken und nickte den anderen zur Begrüßung zu.
»Und wo ist Honshu?« wollte Jaxom wissen.
Ramoth sagt, es liegt rechts von uns im Flußnebel versteckt.
Ich wußte genau, wohin ich flog. Es ist nur noch nicht zu sehen , antwortete Ruth. Das wird ein wunderschöner Tag, nicht wahr? fuhr er überraschend fort und blickte nach Osten, wo der Himmel sich schon heller färbte.
Jaxom betrachtete die Aussicht und pflichtete ihm, wenn auch zögernd, bei. Zu seiner Linken standen die beiden Monde, halb voll, an einem ungewöhnlich klaren, und blauen Himmel.
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Die Nacht wanderte nach Westen - wo auch sein warmes Bett stand, dachte er sehnsüchtig. Am liebsten hätte er sich im Sattel vorgebeugt, den Kopf auf Ruths Hals gelegt und weiterge-schlafen, bis der Nebel sich lichtete.
Aber je länger er in den Tag hineinsah, der so schön begann -
daß Ruth so ins Schwärmen geraten konnte, war sogar ihm ganz neu -, desto schwerer fiel es ihm, sich von dem Anblick loszureißen.
Neue Drachen trafen ein, zogen überrascht Kreise in der Luft, weil sie nicht damit gerechnet hatten, daß ihr Zielgebiet so völlig verdeckt sein würde, und landeten schließlich, wo immer es ging.
Golanth bittet um Entschuldigung , teilte Ruth Jaxom mit.
Der Nebel hat sich erst bei Tagesanbruch vom Fluß herauf-gewälzt. Sobald die Sonne aufgegangen ist, wird es aufklaren , sagt er .
Er will sich in der Nähe des eingestürzten Daches postieren.
Der weiße Drache wandte den Kopf in die angegebene Ric htung, und Jaxom sah, wie Golanths bronzefarbene Gestalt sich aus dem Nebel erhob und sich auf einer noch unsichtbaren Fläche niederließ. Golanth sagt, unten warten heißer Klah und Frühstücksbrei auf euch. Außerdem steht uns eine hübsche Überraschung bevor, weil ja kaum jemand Honshu bisher gesehen hat. Er sagt auch, die Jagd im Tal ist ausgezeichnet -
vorausgesetzt, man sieht etwas.
Die Einschränkung weckte Jaxoms Sinn für Humor, und er lachte sich seine schlechte Laune von der Seele. In diesem Augenblick ging die Sonne auf und durchdrang den Nebel mit ihren hellen, warmen Strahlen. Ein leichter Wind hatte den Dunst rasch vertrieben, so daß endlich die Felswand von Honshu sichtbar wurde, und Golanth, der ganz oben in luftiger Höhe thronte.
Golanth empfiehlt uns, auf dem oberen Sims am Haupttor zu landen. Dort müßte genug Platz für alle sein. Das Dach könnte 415
nämlich noch weiter einbrechen, und die Stallungen auf der unteren Ebene sind noch nicht ganz ausgeräumt. F'lessan möchte nicht, daß jemand die Besitzung von dort aus betritt.
Fast wie auf ein Stichwort stiegen die wartenden Drachen auf. Vielleicht zerstreute der Sog der großen Schwingen die letzten Nebelfetzen, jedenfalls war bis hinauf zur zweiten Fensterreihe alles klar, als die riesigen Tiere zur Landung ansetzten. F'lessan und die Weyrangehörigen, die Honshu wieder bewohnbar machen sollten, standen bereits im breiten Torbogen und jubelten den Neuankömmlingen zu.
»Vielen Dank, daß ihr so rasch gekommen seid«, grinste F'lessan. »Ich glaube, ihr werdet nicht enttäuscht sein. Tut mir leid, daß ich dich aus dem Bett geholt habe, Jaxom, ich weiß, du hattest einen langen Tag, aber du hättest es mir nie verziehen, wenn ich dir das vorenthalten hätte.« Der junge Bronzereiter
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