Perry Clifton und der Spionagering Rosa nelke
wissen Sie das auch?“
Sie hob bedauernd die Schultern. „Das weiß ich leider nicht. Aber Cathy ist ebenfalls verreist. Und die Zwillinge sind bei Mrs. Wallace.“ Sie schien sichtlich froh darüber, ihr ganzes Wissen weitergeben zu können. „Die werden sicher noch einige Zeit wegbleiben. Fragen Sie doch am besten Mrs. Wallace.“
„Und Cathy ist mit Mr. Burly gemeinsam weggefahren?“
„Nein, sie ist ihrem Vater nach Birmingham nachgereist. Wenn man sich das überlegt, sie ist doch noch ein Kind. Noch nicht einmal fünfzehn...“
„Hm...“ Der „Amerikaner“ rückte sich die Brille zurecht.
„Mrs. Wallace wohnt dort drüben in der 37.“
Wenn es ein „eiliges Lächeln“ gibt, dann lächelte es der Mann im Strohhut jetzt.
„Ich bin ja noch ein paar Wochen in England. Da werde ich es später noch einmal probieren. Vielen Dank, Madam!“
„Der hat’s aber eilig“, murmelte Mrs. Granlight und blickte dem Davoneilenden enttäuscht nach...
Sie überquerten gerade Sheperd Bush, als Glenn Parker plötzlich wie aus heiterem Himmel fragte:
„Erwartet uns Colfield im Büro oder auf dem Paradies?“
Perry Clifton schluckte unauffällig seinen Schrecken hinunter. Und der Schreck lag nicht nur allein an dem Namen Colfield, den er in diesem Augenblick zum erstenmal hörte.
War das eine Falle?
Hatte Parker doch Verdacht geschöpft?
Gab es den Namen Colfield überhaupt — und das Paradies? Erwartete der „Rosa Nelke“-Funker jetzt, daß er ihn fragend ansah? Daß er wissen wolle, was die alberne Frage bedeutete?
All diese Überlegungen schossen Perry Clifton durch den Kopf.
Doch ihm blieben weder Wahl noch Ausweg, noch Ausrede. Von ihm wurde eine eindeutige Antwort erwartet.
„Im Büro!“
„Okay. Dann fahre ich über die Finborogh Road.“
Perry Clifton spürte, wie ihm die Spannung wieder jenes Prickeln bescherte, das ihn immer dann überkam, wenn sich eine Entscheidung anbahnte.
Er hatte sich die Mütze so weit in die Stirn gezogen, daß es einem zufällig seinen Weg kreuzenden Bekannten schwerfallen mußte, ihn auf Anhieb zu erkennen. Nicht auszudenken, wenn ihm jetzt einer ein „Hallo, Perry!“ zurufen würde.
Kurz nach 15 Uhr bog Glenn Parker in die Railsworth Street ein. Suchend fuhr er langsam an der Reihe der parkenden Fahrzeuge entlang.
„Na, das paßt ja“, rief er, als sich ein weißer Mini aus einer Lücke tastete.
Da Parkers alter Ford jedoch fast einen Meter länger war als der Mini, bedurfte es eines langen Hin und Hers, bevor der Wagen richtig in der Lücke stand.
Perry Clifton, der sich als Rangiermeister betätigt hatte, waren die Parkversuche eines Gerätewagens der Telefongesellschaft auf der gegenüberliegenden Straßenseite nicht entgangen. Er war überzeugt, daß darin mindestens sechs bis acht Beamte der Polizei auf ihren Einsatz warteten.
„Nehmen wir das Gepäck mit?“ fragte er Parker. Der sah kurz auf und schüttelte stumm den Kopf. Perry Clifton nahm seinen Mantel und zog ihn betont langsam an. Für ihn galt es jetzt, immer hinter seinem Begleiter zu bleiben.
Glenn Parker schloß den Wagen ab und wandte sich einem großen grauen Haus mit der Nummer 98 zu. Clifton, einen Viertelschritt zurück, klopfte sich suchend die Taschen ab, was sein zögerndes Gehen rechtfertigen sollte.
„Suchen Sie etwas Bestimmtes?“
„Ich glaube, ich habe meine Sonnenbrille im Wagen liegengelassen.“
Parker, bereits an der Haustür, grinste zurück. „Im Haus scheint keine Sonne.“
„Ich muß nur daran denken, daß ich nachher nicht gerade meine achtzig Kilo draufstelle“, sagte Clifton. Im gleichen Moment erkannte er das Schild neben der Tür: „John Colfield, Vermittlung von landwirtschaftlichen Anwesen.“
Parker drückte die Tür auf und stand mit dem Rücken zu Perry Clifton, der blitzschnell den Arm in die Höhe reckte und die fünf Finger spreizte. Die Männer, die jeden seiner Schritte beobachteten, wußten sicher sofort, was das zu bedeuten hatte, nämlich: 5. Stock.
Schweigend stiegen sie nebeneinander die Stufen zum Dachgeschoß empor. Kurz vor dem letzten Treppenabsatz stolperte Clifton und fiel auf die Knie. Er tat das so überzeugend, daß sein Partner schadenfroh lachte. Doch Clifton hatte damit erreicht, was er beabsichtigte: Er kam hinter Parker an der Tür an, und an diesem war es nun, die Klingel zu drücken. Und er tat es. Dreimal kurz, einmal lang.
Sie warteten...
Eine Minute verging. Irgendwo im Haus schimpfte eine Mutter mit ihrem
Weitere Kostenlose Bücher