Perry Clifton und die Insel der blauen Kapuzen
könnte ihn mir zwar als Zwischenträger vorstellen, aber als Kopf — nein, der hat einfach zu wenig Format.“
„Wir müssen natürlich auch mit der Möglichkeit rechnen, daß die Insel überhaupt keine Rolle in der Organisation spielt. Daß Gary Allen, der hier zu Hause ist, rein zufällig die Spur nach Turny legte.“
„Stimmt. Diese Überlegung habe ich auch schon angestellt. Und sie hat auch einiges für sich, aber...“
„Aber?“
„...mein Gefühl ist dagegen.“ Perry spürt Verlegenheit. Doch was gelten schon Gefühle in einem solchen Fall! Eine Zeitlang ist es still. Nur das Ticken des Regulators unterbricht regelmäßig das Schweigen. Dann fragt Tom Forrester: „Was gab’s eigentlich bei Ihnen? Haben Sie den Professor erreicht?“
„Ja. Ich habe ihm erzählt, daß ich gern eine hübsche Story über Turny schreiben würde, und ob er nicht ein paar ausgefallene Ereignisse auf Lager habe.“
„Hatte er?“
„Ich glaube ja“, nickt Perry zustimmend. „Er hat mir von Little Stone erzählt. Das ist eine winzige, Turny vorgelagerte Felseninsel, auf der es früher einmal eine Rettungsstation gab. Man kann sie von seinem Wohnzimmer aus sehen. Er erzählte mir, wie er vor einem Jahr — am Tag der blauen Kapuzen — eine Menge Leute auf der Insel beobachtet hat. Sie sind mit Fackeln herumgelaufen.“
„Dann war es also Nacht. Kann man denn in der Dunkelheit so weit sehen?“
„Mit seinem Glas schon. Es ist fast ein Fernrohr.“
„Mit Fackeln herumlaufende Leute... bringt uns das wesentlich weiter?“
„Wir können es eben nur als Steinchen nehmen und hoffen, daß es uns eines Tages im Mosaik fehlt.“
„Sagen Sie mal, Mister Clifton, was hat es eigentlich mit diesem Kapuzentag auf sich?“
Perry Clifton will gerade zu einer ausführlichen Schilderung ansetzen, als die beiden Detektive zusammenfahren.
Es hatte leise an die Tür geklopft.
Geräuschlos erheben sie sich, und Perry flüstert Tom Forrester zu: „Stellen Sie sich dort hinter den Schrank.“
Forrester nickt.
Perry Clifton geht zur Tür und öffnet.
Sein Erstaunen ist groß, aber die Verlegenheit des Mannes auch, der vor ihm steht und seine blaue Mütze zwischen den Fingern dreht.
„Treten Sie ein, Mister Allen!“ fordert Perry den unerwarteten Besucher auf und macht eine einladende Geste. Zögernd und schwerfällig schiebt sich der Fährmann über die Schwelle. Perry schließt die Tür nach einem raschen Blick in den Gang.
„Wollen Sie nicht Platz nehmen, Kapitän? Sicher läßt es sich da besser reden.“
Tim Allen schüttelt den Kopf, seine Stimme ist belegt:
„Setzen will ich mich nicht, Mister Clifton.“
„Was kann ich für Sie tun, Mister Allen? Oder sind Sie vielleicht gekommen, um mir zu verraten, wo sich Ihr Sohn versteckt hat?“
Tim Allen runzelt die Stirn, und leicht gereizt erwidert er: „Mein Besuch hat mit meinem Sohn nichts zu tun. Sie sind doch Detektiv, stimmt’s?“
Perry Clifton läßt sich nicht anmerken, ob ihn diese Frage überrascht. Im Gegenteil! Seelenruhig gibt er zurück: „Nehmen wir mal an, es würde stimmen. Was dann, Mister Allen?“
„Ich weiß, daß Sie hinter bestimmten Leuten her sind...“
„So?“ Perry Clifton zeigt auf den Stuhl, auf dem eben noch Tom Forrester gesessen hat, und fordert Tim Allen noch einmal auf: „Wollen Sie sich nicht doch setzen?“
„Nein, es ist ja nicht viel, was ich Ihnen sagen will.“
„Wer schickt Sie eigentlich?“
Der Fährmann preßt seine Lippen zusammen und stößt hervor, als müsse er es schnell loswerden: „Niemand schickt mich! Ich habe persönliche Gründe, wenn ich Ihnen helfen will.“
Perry Clifton findet es angeraten, die Prozedur abzukürzen. So was wirkt meist Wunder.
„Ich weiß nicht, ob ich an Ihren Enthüllungen interessiert bin“, sagt er und erhebt sich betont langweilig von seinem Stuhl.
Tim Allen ist erschrocken. „Es ist aber für Sie von größter Wichtigkeit.“
„Nun sagen Sie’s schon, Mister Allen!“
„Am Tag der blauen Kapuzen treffen sich die Leute, die Sie suchen, um Mitternacht auf Little Stone!“
Tim Allen holt tief Luft und richtet sich auf, als sei plötzlich eine Last von ihm genommen.
„Und wann ist der Tag der blauen Kapuzen?“
„Übermorgen... Das war alles... Gute Nacht, Mister Clifton!“
„Gute Nacht, Mister Allen.“ Perry hat es noch nicht ganz ausgesprochen, als die Tür bereits hinter Tim Allen ins Schloß fällt.
„Na, was sagen Sie jetzt?“ fragt Perry Tom
Weitere Kostenlose Bücher