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Perry Rhodan - 2503 - Die Falle von Dhogar

Titel: Perry Rhodan - 2503 - Die Falle von Dhogar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Briefe muss ich nicht abschicken.«
    Bull hob die Augenbrauen. »Aha?« Das musste er jetzt nicht verstehen, oder? Wieder einmal beschlich ihn die Sorge, den Anschluss an die Gegenwart zu verlieren. Wie alle Zellaktivatorträger neigte auch er dazu, echte gesellschaftliche Entwicklungen manchmal allzu lange nur für vorübergehende Modeerscheinungen zu halten.
    »Ich schreibe an meine Verlobte«, fuhr Lech fort, den Blick in eine unbestimmte Ferne gerichtet. »Aber sie ... sie lebt nicht mehr. Ich schreibe die Briefe eigentlich für mich. Um mir die Erinnerung an sie zu bewahren.«
    »Oh«, sagte Bull. »Das tut mir leid.«
    Es tat ihm leid für den Jungen, und es beruhigte ihn zugleich, dass er ihn doch nicht so falsch eingeschätzt hatte.
    »Katarissa und ich waren unser ganzes Leben lang zusammen. Von frühester Kindheit an waren wir unzertrennlich. Das gibt es selten, dass daraus dann Liebe wird, glaube ich. Doch bei uns war es so.«
    Es schien ihm gutzutun, darüber zu reden. »Sie ist kurz nach ihrem vierundzwanzigsten Geburtstag gestorben. Ein ganz banaler Unfall, ein Gleiter, dessen Sicherungsautomatik versagt hat. Ein Unfall, wie er jede Woche irgendwo passiert. Seither bin ich allein. Aber wenn ich ihr Briefe schreibe, dann habe ich das Gefühl, dass sie immer noch bei mir ist.«
    Er sah auf, blickte Bull an mit Augen, in denen es schimmerte. »Es gibt mir das Gefühl, dass sie immer noch da ist, irgendwo, irgendwie. Ich weiß nicht, ob du das verstehst ...«
    Er wandte den Kopf ab, räusperte sich, bemühte sich um Fassung. Wahrscheinlich hatte ihm auch irgendwann jemand gesagt, ein Soldat weine nicht, oder einen ähnlichen Blödsinn.
    »Ich verstehe das gut«, sagte Bull und dachte an die vielen, vielen guten Männer und Frauen, die er in seinem Leben kennengelernt hatte.
    »Ich frage mich auch oft, wo all die Menschen heute sind, die ich einmal gekannt habe. Mit denen ich befreundet war.« Und an deren Grab er schließlich irgendwann gestanden hatte, selber immer noch jung, immer noch lebendig, während sie alt geworden und gestorben waren.
    Und hinter diesen Erinnerungen lauerte der Schmerz jener Stunde, in der er Fran schließlich verloren hatte. Der Schmerz, von ihr zu hören, dass sie es nicht mehr ertrug, neben ihm zu altern; dass sie es so wenig ertrug, dass sie ihn verlassen musste.
    Fran Imith lebte noch – irgendwo, auf einem fernen Planeten, zurückgezogen, von der Welt vergessen. Aber eines Tages würde er erfahren, dass auch sie gestorben war, und das würde ihm mehr wehtun, als er sich jetzt vorstellen konnte.
    Trotzdem – oder gerade deswegen – hätte er die Zeit mit ihr um nichts in der Welt missen wollen. Auf eine seltsam sinnvolle Weise war es gerade die Vergänglichkeit, die ihre Liebe so wertvoll gemacht hatte.
    Bull wünschte sich, er hätte das alles diesem jungen Mann sagen können, aber er wusste nicht, wie. Und vielleicht gab es auch keinen Weg, derartige Erfahrungen weiterzugeben. Es war nicht die Aufgabe der Unsterblichen, ihren Mitmenschen den Schmerz des Lebens zu ersparen; es war ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sie ihn überstanden. Dass das Leben weiterging, zu dem dieser Schmerz gehörte wie das Glück.
    »Ja, ich verstehe das gut«, sagte Bull noch einmal, weil ihm nichts anderes einfiel, was in dieser Situation angebracht gewesen wäre. »Und ich finde es eine gute Idee.« Er hob grüßend die Hand, kam sich ungelenk dabei vor. »Aber schlaf auch ein bisschen, okay?«
    Damit ging er, und auf dem ganzen Weg zu DeBeer und seinen Forschern nagte der Zweifel an ihm, fragte er sich, was für einen Vater er wohl abgegeben hätte. Wahrscheinlich einen genauso katastrophalen wie Perry, gestand er sich ein.

11.
    Die psychologische Ausgangssituation der Lagebesprechung am nächsten Morgen als heikel zu bezeichnen wäre zweifellos die Untertreibung des Jahres gewesen. Als Bull den Konferenzraum betrat und eintauchte in ein Gewirr angeregter, ja regelrecht übermütiger Gespräche, in eine Atmosphäre aus Lachen und tollkühner Zuversicht, musste er einen Moment stehen bleiben und Atem holen. Am liebsten wäre er losgestürmt und hätte sie alle gepackt und geschüttelt, bis ihnen das Lachen verging.
    Stattdessen ging er einfach an seinen Platz, ließ die Mappe mit seinen Unterlagen unüberhörbar auf die Tischplatte fallen und wartete, bis er die allgemeine Aufmerksamkeit hatte.
    »Wir warten nicht auf Milton DeBeer«, erklärte er. »Die Wissenschaftler haben die Nacht

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