Perry Rhodan - 2573 - Dorksteigers Dilemma
Zeit verwehte,
verwehte ihr Bewusstsein. Nichts blieb.
Wasser
Er schwamm mit langen, langsamen Zügen. Er streckte die Beine und glitt, er ließ sich vom
Wasser tragen.
Die künstliche Sonne war in den Zenit gestellt. Sie verströmte allerdings bloß matte
Wärme.
Es war sehr früh: kurz nach 7.00 Uhr Bordzeit, der 2. Mai 1463. Die Kunstsonne emittierte ein
Quäntchen 5-D-Strahlung, die allen, die hier schwammen, anderen Sport trieben, spazierten oder
sich entspannten, das unterschwellige Gefühl vermitteln sollte, unter einem echten, lebenden
Gestirn zu wandeln.
Na ja. Wenn Leshkov meinte.
Das Licht der Kunstsonne spiegelte sich in der Spitze des Sprungturms. Eine Arbeitsgruppe der
produktionstechnischen Abteilung des Schiffes hatte den Turm lange, bevor er an Bord gekommen
war, mit einem künstlichen Diamanten verziert. Der Diamant glich einer stilisierten archaischen
Treibstoffrakete. Dieser Figur verdankte der Freizeit- und Rekreationskomplex der KATARAKT seinen
Namen: das Stardust-Gymnasium oder, bordinternes Kürzel: das Stardust.
Die Facetten der Diamantrakete glitzerten im unzeitgemäßen Sonnenlicht und blendeten ihn. Er
rief laut nach ein paar Wolken. Niemand erhob Widerspruch. Er war allein. Eigentlich erstaunlich
- normalerweise hielten sich immer zwei oder drei kleine Gruppen im Stardust-Gymnasium auf.
Holografische Wolken zogen über die Sonne, bedeckten sie, zogen weiter. Die künstliche
Lichtquelle reagierte auf den Wolkenzug, wurde kühler, wieder wärmer, wieder kühler.
So viel rechnerischer Aufwand für Schatten.
Längsseits des Beckens wurde das Wasser flacher. Die Ränder verliefen nicht geradlinig,
sondern in den sanften Schwüngen einer Bucht. Nur an einer Kopfseite des Beckens schien die
Begrenzung wie mit dem Lineal gezogen. Dort waren die Startblöcke, und der Sprungturm reckte sich
bis auf zehn Meter Höhe, der obere Teil gegabelt in die eine Seite, von der man durch ein sanftes
Antigravfeld sprang, der Sprung verzögert, das Eintauchen abgemildert und sanft; und in die
andere Seite. Von dort sprangen die Schwimmer ohne technischen Beistand.
Er atmete ein, aus, glitt dahin.
Für einen Moment sah er den positronischen Bademeister, der in einiger Höhe über den Strand
patrouillierte. Ana Leshkov, die Chefmedikerin des Schiffes, hatte dringend angeregt, einen Medoroboter für diese Aufgabe abzustellen. Schwimmen sei immer noch gefährlich; und es
seien immer die Schwimmer, die ertrinken.
Lexa hatte genickt, und Ellroy Macallister, der Kommandant des Schiffes, war sich mit der Hand
über den Bürstenschnitt gefahren und hatte die entsprechende Weisung erteilt.
Lexa spürte das Haar auf dem Kopf kleben, tauchte das Gesicht ein, öffnete die Augen und
schaute in den Abgrund.
Das Wasser war gläsern wie überall im Becken. Der Abgrund schien von einem eigenen Licht
ausgeleuchtet. Er sah wenige Meter unter sich Schwärme von Singpolypen, fünfarmigen Kopffüßlern,
die mit leise klirrenden Stimmen eine einfache Melodie sangen. Darunter trieben einige
riesenhafte Walaustern in der Strömung.
Weiter unten, schwindelerregend tief, aber deutlich sichtbar, als würde das Wasser seine Lupe
über ihn halten, ein Spinnengreifer. Der graue Knorpelsack. Der tiefblaue Augenfleck. Die dürren,
behaarten Arme, die aus dem Knorpelsack nach oben ragten und in der Strömung schwankten wie
dunkles Schilf.
Wie immer begann sein Herz zu rasen. Er riss den Kopf hoch, schnappte nach Luft, zu früh,
schluckte Wasser, reckte ihn nach oben, hustete, würgte und spuckte aus.
Ruhig, nur ruhig.
Ein biomechanischer Hygienefilter schwamm herbei und säuberte das Wasser.
Stuart Lexa strampelte einige Augenblicke auf der Stelle. Endlich kam er wieder zu Atem und
schwamm weiter.
Lange, langsame Züge.
Er wusste, dass der Abgrund mit all seinen Kreaturen nur eine holografische Schöpfung war,
eine kleine Spielerei der psychologischen Abteilung des Schiffes. In Wirklichkeit war das Becken
an keiner Stelle tiefer als zehn Meter.
Auch Ana Leshkov hatte die künstlerische Ausgestaltung gutgeheißen.
Anregend. Gesund. Heilsam. Wie die Natur selbst.
Was wusste die Chefmedikerin des Schiffes schon von der Heilsamkeit der Natur? Von der Natur
überhaupt?
Lexa hörte einige Stimmen, Gelächter.
Er schwamm schneller.
Er mochte es nicht, wenn man ihm beim Schwimmen zusah. Wenn man ihn beinahe entkleidet
sah.
Die Gruppe von vier, fünf
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