Perry Rhodan - Jupiter
Himmelsrichtungen, im ganzen Schiff also dreiunddreißig, die immer kürzer wurden, je weiter sie zur Peripherie lagen. Der äußerste Schacht, der letzte vor der Ringwulstsektion, war, wenn er sich recht erinnerte, gerade noch achthundert Meter lang.
Vierhundert Meter, verbesserte er sich. MERLIN ist nur eine Halbkugel.
Vor ihnen tauchte der Eingang zum Schacht auf. Guidry hielt unvermittelt an und drehte sich zur Wand. Er berührte eine Sensortaste. Eine Tür schwang auf. Eine Kammer. Guidry winkte Rhodan herein. Die Tür schloss sich hinter ihnen. Rhodan seufzte.
Gegenüber des Eingangs befand sich die Tür zu einem Notfallschacht. Wahrscheinlich ein Turbolift für den Fall, dass der Antigravprojektor des Schachtes und seine sämtlichen drei oder vier Back-up-Systeme versagten. Deutlich sichtbar war ein zweisprachiges Magnetschild auf die Lifttür geheftet:
»Warnung! Außer Betrieb!«, stand dort in Interkosmo und unerklärlicherweise in topsidischen Lettern – allerdings mit einem Rechtschreibfehler.
Rhodan runzelte die Stirn. »Was jetzt?«
»Ich wohne zwischen Chagast und El Dorado «, erklärte Guidry. »Mit dem Lift kommen wir am schnellsten dorthin.«
»Firmion«, sagte Rhodan leise und legte dem Ganymedaner die Hand auf die Schulter. »Ich weiß noch immer nicht, warum du mir geholfen hast. Danke jedenfalls. Aber ich möchte mich nicht verstecken.«
»Oh. Was möchtest du dann?«
»Ich will MERLIN verlassen«, antwortete er. »Ich kann hier an Bord nichts tun. Es sei denn, es existiert etwas wie eine Widerstandsbewegung gegen Quantrill oder es gibt eine Gruppe, die eher zur Liga steht als zum Syndikat.«
»Verstehe«, sagte Guidry und nickte.
»Weißt du vielleicht davon?«
»Nein. Ich halte mich aus solchen Sachen heraus. Aus Politik und so.« Guidry überlegte. »Ich könnte dich zu einem Transmitterraum bringen, aber ich habe gehört, dass die Transmitter außer Betrieb sind.«
»Welche Möglichkeit bleibt?«
»Es sind einige Skaphander an Bord.«
»Skaphander?«
»Maximale Schutzanzüge für den Aufenthalt in der Jupiter-Atmosphäre. Die halten jeden Druck aus, sagt man. Ich weiß aber nicht, wo sie verwahrt werden. Sie sind auf keinen Fall frei zugänglich.«
Rhodan nickte. Kein Problem. Schließlich hatte er nicht vor, zu Fuß zu fliehen. »Ich brauche ein Fahrzeug«, sagte er. Das würde auch Quantrill wissen. Aber was half es?
Guidry grinste. »Da hätte ich etwas für dich.« Er hob eine Abdeckplatte von einem Schaltkasten und begann, mit den Fingern darin herumzutasten. Plötzlich ertönte hinter der Liftwand ein leises Brummen. Kurz darauf glitt die Tür zur Seite. Vor ihnen hing die Liftkabine. »Nach dir«, sagte Guidry. Er wirkte plötzlich etwas ermattet. Er musste Rhodans Zögern bemerkt haben. »Es ist ein Stück weit der gleiche Weg. Ich führe dich schon nicht in die Irre.«
Rhodan hatte keinen Zweifel, dass das Syndikat in der Faktorei Überwachungsmöglichkeiten unterhielt. Aber diese Gerätschaften waren nicht auf dem Stand der Technik, über die man an Bord einer militärischen Einheit verfügte. Mit telemetrischen Biodatenscannern oder Impulsdetektoren, die die Signatur seines Zellaktivators erfassen konnten, musste er kaum rechnen.
Firmion Guidry erwies sich als umsichtiger Führer. Sie liefen durch schmale, aber begehbare Versorgungsschächte, durch die normalerweise vollautomatisch gesteuerte Paletten mit Gebrauchsgütern glitten; sie passierten einen Wassertank, in dem sich terranische Speisefische und sogar ein Schwarm ferronischer Adauten gemächlich mästeten, durch einen engen, völlig transparenten Glassittunnel. Einmal durchschritten sie in aller Ruhe eine Halle, in der eine Art Markt stattfand: frisches Gemüse, Kunsthandwerk, gebrauchte Raumanzüge, selbstgebrannter Wodka, Whisky und Vurguzz. Ein offenbar intelligenzoptimierter Papagei bot sich ihnen »für einen Spottpreis als Leichenredner in allen Lebenslagen« an. »Zertifiziert von den achtunddreißig maßgeblichen Religionsgemeinschaften der inneren Planeten«, krähte er.
Firmion Guidry lachte und sagte im Vorübergehen: »Danke für das Angebot. Aber noch lebe ich.«
»Lässt sich ändern, Schätzchen!«, rief der Papagei ihnen nach und verlagerte in aller Seelenruhe sein Gewicht vom einen auf das andere Bein. »Lässt sich ändern.«
Dann standen sie vor dem Chagast und dem El Dorado. Rhodan fluchte innerlich. Er fasste sich rasch und sagte: »Ich fürchte, dafür haben wir keine
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