Perry Rhodan - Jupiter
als Retter. Wir haben natürlich euren Notruf empfangen.« Er machte drei Schritte aufs Podest und setzte sich. »In welcher Not seid ihr?«
Pao Ghyss tippte ihre beiden Begleiter kurz an die Brust, ließ sie stehen und nahm auf dem dritten Sessel Platz. »Alle Welt ist in Not, wie es scheint«, sagte Lieplich. »Alles gerät aus den Fugen. Und diese Welt besonders. Das wird dir nicht entgangen sein.«
»Ist es nicht«, sagte Rhodan. »Aber ich bin in diesem Fall auch nicht gut unterrichtet.« Er überlegte kurz, inwiefern er die Chefwissenschaftlerin ins Bild setzen sollte. Er entschied sich, ihr seine Lage klarzulegen. Warum auch nicht? Das Syndikat hatte sich gegen die Liga erklärt; Cor gehörte zur Liga. Er konnte davon ausgehen, dass sie auf einer Seite standen.
In wenigen Worten berichtete er von seinem Absturz in der Jupiter-Atmosphäre und den Vorgängen in der Faktorei MERLIN. »Wie steht ihr zum Syndikat der Kristallfischer?«
Lieplich kniff die Augen ein wenig zusammen. Rhodan glaubte, eine leichte Verzerrung über den Pupillen wahrzunehmen. Sie trägt eine visuelle Optimierung, erkannte er. Bei Wissenschaftlern nicht ganz unüblich. Diese Hilfen waren mikroskopisch klein und saßen meist an den Schläfen. Sie projizierten Lichtbündelungsfelder über die Pupillen und arbeiteten wie Teleskope oder Mikroskope. Offenbar las sie die Datenkolonne aus einem Monitor ab.
»Hm«, machte sie. Das Flimmern erlosch, aber sie hielt den Blick auf die Monitorwand gerichtet. »Das Syndikat? Wir haben einen sehr sporadischen Kontakt. Hin und wieder übernehmen ihre Trawler Lieferungen von uns, Proben, die zur Waringer-Akademie müssen. Oder wir erhalten Lebensmittel, Obst, nicht regenerierbare Ersatzteile – alles, was nicht dringend ist und mit den Trawlern billiger zu transportieren ist als per Transmitter. Was diese Straftaten des Syndikats angeht – nein, davon wussten wir nichts.« Sie lächelte schwach. »Manchen von uns ist auch der physische Kontakt mit den Kristallfischern angenehm. Wir leben hier im Allgemeinen ein wenig abgeschieden.«
Rhodan nickte. Die unauslöschlichen elementaren Bedürfnisse. Natürlich. »Ihr habt einen Transmitter hier?«, fragte er.
»Er ist außer Betrieb.« Sie wies mit dem Kinn auf Firmion Guidry. »Ein Ganymedaner?«
»Ja«, sagte Rhodan und stellte den jungen Mann vor. »Er hat mir geholfen, von MERLIN zu entkommen.«
In diesem Moment erschlaffte Guidrys Körper; seine Antigravpads fingen ihn auf und hielten ihn in der Schwebe.
»Was ist mit ihm?«, fragte Lieplich kühl.
»Er ist krank«, sagte Rhodan.
»So«, gab Irene Lieplich zurück. »Können wir helfen?«
Rhodan zuckte mit den Achseln. »Es ist nichts Akutes. Er hat es im Griff.«
»Natürlich«, kommentierte Lieplich. »Wie man sieht.«
»Ihr habt einen Notruf ausgestrahlt. Warum?« Rhodan schaute sich demonstrativ um. Ging nicht alles seinen Gang? Schien nicht alles in Ordnung?
»Wir verlieren die Kontrolle über die Station. Eine endlose Reihe von Materialschäden. Unsere Reparaturrobots sind ständig im Einsatz. Allerdings sind sie selbst von immer mehr Defekten betroffen. ARGOS nennt das Phänomen eine progrediente Materialermüdung.«
»ARGOS?«
»ARGOS ist unsere Zentralbiopositronik.«
»Was schlägt ARGOS vor, um dieser Materialermüdung zu begegnen?«
Lieplich lächelte. »ARGOS ist selbst – nun, sagen wir: Sie kränkelt.«
»Oh«, sagte Rhodan. Das wäre bedenklich. Biopositroniken waren hochkomplexe Maschinen – und dank ihres Anteils an Biomasse mehr als nur Maschinen. In gewisser Weise lebten sie, konnten eine eigene Persönlichkeit entwickeln mit allen Vorteilen: einer Beimischung von Emotion, die ihnen Dinge rascher und intensiver zu fokussieren erlaubte. Manchmal sogar eine beinahe menschlich anmutende Intuition. Eine feine Witterung von Gefahren, bevor diese von ausschließlich positronisch arbeitenden Kollegen erfasst worden war.
Cor und die Forschungsarbeit im Kern von Jupiter mussten durchaus von einiger Bedeutung sein, wenn die Waringer-Akademie dieser kleinen Station eine Biopositronik zugesprochen hatte.
»Wie äußert sich diese Krankheit?«
Lieplich hüstelte. »ARGOS? Könntest du dich bitte diagnostizieren?«
»Gern«, erklang eine Stimme, tief und sonor. »Mir geht es unverändert wunderbar. Ich bin alles in allem sehr optimistisch.«
Rhodan beobachtete, wie Lieplich den Mund verzog. Er sagte in Richtung der Biopositronik: »Die Chefwissenschaftlerin hält dich
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