Perry Rhodan - Jupiter
nicht: Was sollte er tun?
Er schaute in das Hologramm der Simulation. Dort war der farbige Globus Jupiters verschwunden, an seine Stelle war eine Schwärze getreten, schiere Abwesenheit bis an die Neige des Raumes. Der Schwarm seiner natürlichen und künstlichen Satelliten hatte sich in Bewegung gesetzt, die Monde und Raumstationen sanken der leeren Mitte zu. Sie nahmen nicht unbedingt den linearen Weg, jedenfalls nicht den Weg, der seinen und allen menschlichen Augen als gerade und direkt erschien. Ihre Fahrt folgte einem komplizierten, spiraligen Muster, das in der Simulation mit dünnen Farblinien angedeutet war.
Rhodan wusste, dass die neue, vom Schwarzen Loch diktierte astrophysikalische Landschaft die größeren und kleineren Himmelskörper in solche Bahnen zwang. Jupiter, der rasend schnell rotierende Planet, hatte sich in der Simulation in ein rapide rotierendes Schwarzes Loch verwandelt, und er hatte die ihn umgebende Raumzeit mit seinen neuen Kräften in Bewegung versetzt. Der Raum und die Zeit verdrehten, alle Materie und ihre elektromagnetischen Felder im planetaren und dem näheren transplanetaren Umfeld verdrillten sich.
Rhodan sah, wie die Monde, wie Amalthea und Thebe, Adrastea und Metis, wie kurz darauf Io und Ganymed, Callisto und Europa allmählich ihre Eigenfärbung verloren, rot wurden und wie ihr Rot in tiefe Schatten tauchte, sich schließlich ganz verdunkelte.
Dann waren die Himmelskörper verschwunden.
Ein Gammablitz jagte quer durch das Solsystem.
Rhodan sah, wie der nahe Saturn sich deformierte, wie in den Asteroidengürtel eine verhängnisvolle Bewegung kam, wie sich einige der Planetesimale in der Oort'schen Wolke neu orientierten.
»Wird das ganze System untergehen?«, fragte er kalt.
»Nein«, sagte ARGOS. »Wenn meine Berechnungen stimmen, wird Neptun die Verwandlung des Solsystems unbeschadet überstehen. Merkur mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls. Es wird aller Voraussicht nach stabile Verhältnisse geben im neuen Sonnensystem. Nachdem das neue Schwarze Loch Venus, Erde und Mars konsumiert hat. Ich mag mich aber auch irren, die Daten sind ein wenig widersprüchlich.«
Rhodan hätte fast gelacht. Stabile Verhältnisse ...
Aber war das nicht möglicherweise ein wichtiger Hinweis? »Wir haben es also unter Umständen gar nicht mit einem Angriff zu tun.«
»Das habe ich auch nie behauptet«, sagte ARGOS. »In vieler Hinsicht promoviert das Solsystem zu einem physikalisch und hyperphysikalisch höherwertigen Konstrukt.«
Rhodan versuchte die immer beschwingtere Stimmung der Biopositronik zu ignorieren und spekulierte: »Die Zerstörung Terras und der anderen Planeten muss nicht das Ziel der Transformation sein. Vielleicht ein bloßer Nebeneffekt. Von den Urhebern nicht einmal erwünscht, sondern nur in Kauf genommen.« Den Erbauern dieser Zukunftswarte, wenn Sancha Recht behält.
»Ändert das etwas an den bevorstehenden Ereignissen?«, fragte Lieplich.
Rhodan nickte. »Es ändert etwas an unserer Sichtweise, und damit an den Denkmöglichkeiten. Es heißt nämlich, dass unser Gegner eventuell gar nicht weiß, dass er sich uns zum Gegner macht.« Er winkte ab. Stellen wir das zurück. »Gibt es auch für diese Higgs-Teilchen einen lokalisierbaren Ausgangspunkt?«
»Ja«, sagte Lieplich. »Wir konnten ihn ziemlich genau definieren. ARGOS, bitte.«
In dem holografischen Modell Jupiters leuchtete ein roter Punkt auf und begann zu pulsieren. In geringem Abstand dazu leuchtete ein grüner Punkt, der in winzigen, gestochen scharfen Lettern mit CJS bezeichnet war – die Cor-Jupiter-Station. Vorsicht – mahnte er sich. Das ist nicht so nah, wie es scheint. Jupiter hat einen Umfang von annähernd vierhundertfünfzigtausend Kilometern.
Lieplich hatte wohl keine Mühe, ihm seine Gedanken anzusehen. »Es sind etwas weniger als neunhundert Kilometer«, sagte sie. »Wir konnten dort nicht nur die höchste Konzentration an Higgs-Teilchen anmessen, sondern auch eine eigenartige hyperenergetische Signatur. ARGOS!«
Die Biopositronik erläuterte: »Die Signatur ähnelt einerseits einem Transmitterimpuls – oder genauer einer kurz getakteten Folge von Transmitterimpulsen – und dem Energiemuster eines Hypertakttriebwerks. Die Transitions- beziehungsweise Transmittersequenzen sind allerdings noch wesentlich höher als bei den 1230 Hertz des Hypertakts. Sie liegt bei zehn Megahertz.«
Zehn Millionen Schwingungen pro Sekunde – das macht allerdings einen Unterschied, dachte
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