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Perry Rhodan - Jupiter

Perry Rhodan - Jupiter

Titel: Perry Rhodan - Jupiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: div.
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die Thruune über die Ebene trampelten, wie dabei hin und wieder eine der alten Grabstelen unter ihre Füße geriet und niedergedrückt wurde, dem Kippschalter einer archaischen Armatur gleich. Er dachte: Und wenn eines Tages alle Stelen niedergedrückt sind, erwachen die Toten. Sie sammeln ihre Leiber aus den Mägen der Würmer ein, sie regenerieren ihr Fleisch, sie besinnen sich, seufzen nach Leben und werfen die Erde zur Seite wie ein schwarzes Laken.
    Shaydr glaubte den alten Prophezeiungen schon lange nicht mehr. In jeder Religion waren es immer die Hohepriester, die zuerst den Glauben verloren. Eine Weile lang gestützt von den goldenen Zeremonien und frommen Formeln. Bis man eines Morgens sich aus dem Schlaf schälte und mit der Wucht einer Erleuchtung wusste: alle Gebete einer tauben Leere vorgetragen ohne Resonanz. Alle Rituale durchgeführt ohne Gewinn.
    Und er? Hatte er ihnen überhaupt je geglaubt? In seiner Jugend?
    Nichts da.
    In seiner Kindheit?
    Es fiel ihm nicht ganz leicht, sich seiner Kindheit zu erinnern. Er sah sich in schmaler, kaum sichtbarer Gestalt mal in einem viel zu großen Domobil durch die gebogenen Gänge eines Sternenschiffs rollen, mal auf dem Balkon eines in die Jahre gekommenen Wanderhauses sitzen, mal in einer Schlafmulde, den Körper vom Jhad-Fieber so erhitzt und ausgelaugt, dass ein Atemzug ihn unendliche Mühe kostete und er dem Verlust seiner Leibhaftigkeit entgegensah wie der Erleichterung von einem elenden Ballast.
    Aber waren das wirklich seine Erinnerungen? So blass, so schematisch?
    So entlegen?
    Er öffnete das Auge wieder. Das Gräberfeld der Ebene von Appasch erstreckte sich in alle Himmelsrichtungen. Die Stelen standen meist zu dritt, zu neunt, manchmal in kleinen Totenhainen zu siebenundzwanzig.
    Selten, ganz selten eine Stele allein, ohne Namenseintrag, ohne Soutane, ohne jede Signifikanz. Manchmal überlegte Shaydr, ob er versuchen sollte, die Geschichte eines solchen Einzeltoten herauszufinden. Ob er ein wenig organische Substanz aus dem Grab bergen und damit niedersteigen sollte in das Archiv des Priorats von Appasch, um eine Genanalyse vorzunehmen.
    Vielleicht würde er es eines Tages tun.
    »Hast du davon gehört, dass das Haus wieder aufgetaucht ist?«, fragte Spauntek unvermittelt.
    »Wenn schon.« Shaydr machte eine Geste wohlüberlegter Gleichgültigkeit. »Nein, habe ich nicht Von wem soll ich es auch gehört haben?«
    »Von mir.«
    »Du sagst mir ja nichts.«
    Spauntek lachte belustigt. »Ein Grund mehr für dich, meine Weisheit zu preisen.«
    Das Wanderhaus. Es waren nicht mehr viele Wanderhäuser unterwegs auf diesem Planeten. Keinesfalls hier, auf der Ebene von Appasch. Der Uralte, der Eremit Alloan, hatte einmal gesagt, dass viele Wanderhäuser sich auf den Weg zu den Lagunen gemacht hätten, an die Gestade des weißen Meeres. Wahrscheinlich gab es auch noch einige auf den anderen Kontinenten.
    »Ja, von mir könntest du es gehört haben«, räumte Spauntek ein.
    Shaydr schwieg. Eine Brise hatte sich erhoben, die wie in Wellen über die Ebene strich. Shaydr roch, was sie ihm zutrug: das faulig holzige Aroma der Moderwälder, die in sich gekehrte Kälte der nahenden Nacht.
    »Wann hast du es gesehen?«, fragte er Spauntek.
    »Gestern.«
    »Ist es wirklich dasselbe Haus? Die Häuser streunen. Es könnte irgendein Wanderhaus sein.«
    »Es ist dasselbe Haus.« Spauntek klopfte an das Teleskop. »Ich habe es genau gesehen.«
    »Mit dem Polarisations- oder mit dem Tiefenauge?«
    »Mit dem richtigen«, sagte Spauntek.
    »So wird es sein.« Shaydr biss wieder von der Nachtfrucht ab.
    Der Saum des Horizontes verlor alles Lichte, verdunkelte sich. Spauntek richtete das Teleskop auf den Nachthimmel. Hin und wieder gluckste er und sagte: »Sieh da!« Er suchte alte Satelliten, Relikte der Raumüberwachung, einen der drei verlassenen Flottenhorte, die Fragmente der Sternenstadt THINTYSIR.
    Der Sieg schwächt, dachte Shaydr. Die Niederlage tötet. Wer triumphiert, verliert sich selbst. Manchmal schienen ihm die uralten Verlautbarungen der Tritheophanen Präsenz widersinnig, wie aus jedem denkbaren Zusammenhang entrückt. Dann, manchmal Jahre, ja ganze Lebensalter später, ging ihm ihr Sinn auf, strahlte, erleuchtete, versengte ihn förmlich. Eine schiere Dankbarkeit flutete ihn, ein unaussprechliches Glück, und dieses Glück würde seine Existenz noch erfüllen, wenn er aufgelöst wäre in Staub und von all seinem Staub nur noch ein Körnchen bliebe, und das

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