Perry Rhodan Neo 026 – Planet der Echsen
gut. Ich werde versuchen, mit der Geiselnehmerin zu reden. Vielleicht gelingt es mir, zu ihr durchzudringen. Unterdessen möchte ich, dass Sie mit dem Lakeside-Institut Verbindung aufnehmen. Sie sollen uns, wenn möglich, einen Teleporter und einen Telekineten schicken. Die meisten dürften mit Perry Rhodan auf dem Weg nach Arkon sein, aber ich glaube, Sid González ist in der Stadt. Und dieses Mädchen, Betty Toufry.« Beide waren in der gegenwärtigen Situation nicht Bai Juns erste Wahl. Es gefiel ihm gar nicht, Jugendliche in diese Angelegenheit hineinzuziehen. Aber die Situation war zu kritisch, um auf ihre Hilfe zu verzichten.
»Und was sollen diese zwei für Sie tun?«, fragte Brettinger.
»Die Augen offen halten. Aufpassen, dass unsere Geiselnehmerin nicht plötzlich versucht zu verschwinden.« Im Grunde hatte Bai Jun keine Ahnung, wie Buming eine Flucht aus dieser Höhe bewerkstelligen wollte. Ein arkonidisches Antigravmodul trug sie jedenfalls nicht. Das wäre Brettinger und seinen Leuten aufgefallen. Aber sie war eine ehemalige Agentin der Volksrepublik – und die gingen nicht mal ohne einen Plan B auf die Toilette.
Der Bürgermeister straffte sich und trat an den Wachleuten vorbei auf den leeren Türrahmen zu. Es mochten Spezialisten für solche Aufgaben existieren – Polizeipsychologen, Unterhändler, dergleichen eben. Aber für Bai Jun war diese Angelegenheit etwas Persönliches. Diese Frau wollte nur ihn treffen, und zu diesem Zweck hatte sie sich die beiden einzigen Menschen in ganz Terrania geschnappt, die ihm mehr bedeuteten als Arbeitskollegen oder flüchtige Bekannte.
» Buming , hören Sie mich?«, rief er. Erst als er den Namen bereits ausgesprochen hatte, fiel ihm auf, dass sie unter Umständen gar nichts damit anfangen konnte, weil nur er sie so genannt hatte.
Doch sie begriff sofort, mit wem sie es zu tun hatte. »General«, drang ihre Stimme von irgendwo jenseits des Türrahmens. »Ich dachte mir schon, dass Sie kommen würden.«
»Ich möchte mit Ihnen reden. Darf ich hineinkommen?«
»Sofern Sie allein und unbewaffnet sind, nur zu.«
Bai Jun warf einen letzten Blick zurück zu Brettinger und seinen Sicherheitsleuten. »Greifen Sie nicht ein!«, befahl er ihnen leise. »Nicht, bevor ich das Zeichen gebe. Und schaffen Sie mir diese beiden jungen Mutanten heran, und zwar schnell. Ich weiß nicht, wie lange ich die Frau hinhalten kann.«
Er wartete noch das zustimmende Nicken der Männer ab, bevor er die Hände hob und durch den Türrahmen trat.
Abgesehen von den in regelmäßigem Abstand aufgestellten Metallstützen, den Rohren an der Decke und einigen Rollen Dämmmaterial in einer Ecke war der große Raum weitgehend leer. Es gab praktisch keine Deckung – und keine Möglichkeit, sich Buming und ihren Geiseln unbemerkt zu nähern.
Die Frau hielt sich am hinteren Ende auf, direkt vor dem großen Panoramafenster, das nach Osten zeigte. Bai Jun konnte sehen, wie die Stadt mit ihren gleichförmigen, mehrstöckigen Gebäuden draußen in das chaotische Durcheinander provisorischer Wohngelegenheiten überging. Dahinter folgte die flache Hügellandschaft der Wüste Gobi. In etwas mehr als dreißig Kilometern Entfernung konnte man die im Aufbau befindlichen Strukturen des Raumhafens von Terrania erkennen. Aus einem Kilometer Höhe war es ein überwältigender Anblick.
Doch Bai Jun konnte ihn nicht genießen, denn zwei andere Umstände fesselten sogleich seine Aufmerksamkeit. Zum einen besaß das Panoramafenster noch keine Scheibe, sodass es sich im Grunde um nicht mehr als ein riesiges Loch in der Wand handelte, durch das der eisig winterliche Wüstenwind hereinfuhr und hinter dem es tausend Meter im freien Fall in die Tiefe ging. Zum anderen saß Lhundup mit gefesselten Händen und blutender Schläfe auf dem Boden, während Cui sich direkt in der Hand ihrer Entführerin befand. Buming hatte sie als menschlichen Schild vor sich gestellt und hielt ihr eine Pistole mit Schalldämpfer und verlängertem Magazin an den Kopf.
»So sehen wir uns wieder, General«, sagte die Frau.
»Ich kann nicht sagen, dass es mir ein Vergnügen wäre«, knurrte Bai Jun. Er sah zu seinem Assistenten hinunter. »Alles in Ordnung, Lhundup?«
Dieser hob den Blick. Scham lag auf seiner Miene. »Ich habe versagt. Ich konnte Cui nicht schützen. Es tut mir leid.« Den jungen Tibeter schien dieses Versagen mehr zu schmerzen als seine gegenwärtige Lage.
»Wir haben unsere Gegner unterschätzt«, sagte Bai Jun.
Weitere Kostenlose Bücher