Perry Rhodan Neo 033 - Dämmerung über Gorr
er, dass es sein Schicksal ist zurückzukehren.
Und nun weiß er, dass es ihn einen fürchterlichen Preis kostet. Er wird niemals nach Lenaatnooral zurückkehren können, sondern ein Leben in Einsamkeit verbringen.
Sein Sohn liegt vor ihm, und die Sonne reißt die weiße Feuchtigkeit der Kavernen von ihm, als steige Nebel auf. Doch nicht alles Weiß verschwindet. Das Kind liegt da, mit weiß gesprenkelter Haut. Der Mund steht leicht schief, die Augenlider flattern ungleichmäßig, und sein Brustkorb hebt und senkt sich in einem ungesunden Rhythmus. Er wird sterben, sogar jetzt noch, vielleicht sogar ganz besonders jetzt, weil sein Vater ihn aus den Kavernen geholt und dem unerbittlichen Licht ausgesetzt hat.
Kein Naat darf das Kind jemals sehen.
»Du bist ein großer Krieger«, sagt eine Stimme hinter ihm, und er dreht sich um.
»Du bist Novaal«, sagte eine körperlose, künstliche Stimme vor ihm. »Verbindung bestätigt. Bitte fasse dich kurz, Sayoaard benötigt Ruhe.«
Es flimmerte kurz in der Luft, dann erschien ein roter Sessel, hinter dem sich viele medizinische Geräte abzeichneten. Novaal kannte dieses Bild seit vielen Jahren. Er konzentrierte sich auf Sayoaard, der mehr in diesem Sessel hing, als zu sitzen.
»Vater«, flüsterte der Naat mit dieser entsetzlich hohen Stimme. Überlaut klang das Keuchen des Jungen, das sich diesem einen Wort anschloss wie eine Gerölllawine einem kleinen Kiesel, der den Felshang hinabhüpfte.
Mein Sohn, dachte Novaal, und wie jedes Mal spürte er eine ganz ungewohnte, fast schmerzhaft körperliche Sanftheit.
Sayoaard war nur etwas größer als zwei Meter und so dünn, dass seine Hüfte kaum dicker war als die eines Arkoniden. Die weiß gesprenkelte Haut wirkte wie ein Fanal der Schwäche – und dann erst diese Augen! Riesengroß waren sie, und jedes sah anders. Es war kaum möglich festzustellen, worauf er sich konzentrierte und ob er überhaupt so wahrnahm wie andere.
»Ich freue mich zu sehen, dass es dir nicht schlechter geht«, sagte Novaal leise. Das war die Wahrheit, alles andere wäre eine Lüge gewesen.
Sayoaard blickte ihn an, indem die Pupille des mittleren Auges sich auf ihn ausrichtete und die beiden anderen seitlich wegwanderten. »Sie sorgen für mich«, sagte er. Seine Stimme schmirgelte wie Sand auf Haut, so leise und so schmerzhaft. »Aber du möchtest bestimmt über etwas anderes sprechen als über den Krüppel?«
Novaal musste aufpassen, nicht zusammenzuzucken. Sayoaards Worte, selbst die wenigen, die der Junge sagte, trafen ihn stets wie Kristallklingen.
Ein Schlauch schlängelte sich in Sayoaards Mund, der Junge seufzte wie erlöst.
Novaal wusste, dass er nicht mehr erwarten konnte. Die körperliche Schwäche seines Sohnes war nichts gegenüber der Gabe, die ihn so stark machte; aber sie war der Preis dafür. Kein Naat bisher hatte vermocht, was Sayoaard so leicht zuwege brachte. Wie konnte man da andererseits erwarten, er beherrsche das, was alle anderen Naats als selbstverständlich annahmen?
Ja, diese Begründung klang gut, das wusste Novaal, aber sie entsprach nicht der ganzen Wahrheit. Novaal liebte seinen Sohn, wie man sein eigenes Kind nur lieben konnte, und das war alles, was nötig gewesen war, nicht die Gabe. Dennoch nutzte er sie, falls er konnte.
»Wir befinden uns in prekärer Lage«, begann er. Sayoaard beobachtete ihn aufmerksam, jeweils mit einem Auge, während die anderen abirrten.
Novaal schluckte schwer. »Ausgerechnet in meinem Sektor sind zwei gefährliche Oppositionelle aufgetaucht: Crest und Thora da Zoltral. Crest wurde zwar ausgeschaltet, aber Sergh da Teffron verlangt Thora, doch diese ist untergetaucht, und ich weiß nicht, wie ich ihrer habhaft werden soll. Ihr Schiff ist über einer Eiswelt abgestürzt, aber sie ist dabei nicht ums Leben gekommen, allerdings kann ich sie auch nicht auf diesem Planeten ausfindig machen. Nur ihren Partner, einen Angehörigen einer arkonoiden Spezies, die sich selbst Menschen nennt, konnte ich fassen. Er wird gerade verhört.«
Novaal machte eine Pause. Er hatte so schnell am Stück geredet, dass ihm beinahe selbst schwindlig wurde.
Sayoaard nickte, wobei der Kopf sich ruckartig bewegte. Es wirkte, als habe er nicht alle Halsmuskeln, die notwendig waren, um ihn koordiniert zu bewegen. Dann sprach er, seine Worte kaum mehr als ein Hauch. »Ich verstehe. Du musst Abschied nehmen.«
Er blinzelte, ein Arm schlug gegen den Schlauch in seinem Mund.
Wie meint er das? Von ihm? Oder
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