Perry Rhodan Neo 5: Schule der Mutanten (German Edition)
Stimme klang leise und brüchig. »Fachärzte, Alternativmediziner, Gurus, Wunderheiler und Priester haben diesen Mann längst aufgegeben. Ich nicht. Ich weiß, dass noch Leben in ihm steckt.«
Er ließ sie stehen, trat nahe an den Patienten heran und flüsterte ihm ins Ohr. Monterny tat es mit einer Selbstverständlichkeit, die an Routine erinnerte. So als täte er es jeden Tag, und das über Jahre hinweg.
Nach einigen Minuten wandte er sich wieder Manoli und Haggard zu. Hatte Monterny bislang als gefestigte und über den Dingen stehende Persönlichkeit gewirkt, so offenbarte er ihnen nun sein Innerstes. Seine verletzliche Seite.
»Ich möchte nicht theatralisch klingen«, begann er. »Aber ich ahne, dass Sie meine letzte Hoffnung sind. Tun Sie, was auch immer notwendig ist, um Iwan Goratschin ins Reich der Lebenden zurückzuholen.«
8.
Die Erkenntnis
Vergangenheit
Als Sid wieder zu sich kam, roch es nach Medizin und nach Desinfektionsmitteln. Ein feuchtes Tuch lag auf seiner Stirn. Es reichte über seine Augen. Er sah bloß einen Spaltbreit an Helligkeit, und er ahnte, dass sich jemand in seiner Nähe befand.
Sid wollte das Tuch beiseiteschieben – und konnte nicht. Er war gefesselt. Wehrlos. Wie damals, als ...
»Bindet mich los!«, schrie er und bäumte seinen Körper auf. »Lasst mich in Ruhe! Ihr verdammten Schweine! Ihr Scheißkerle ...«
»Beruhig dich, Sid«, hörte er eine Stimme, die ihm vage bekannt vorkam. »Es ist alles in Ordnung.«
Es dauerte einige Sekunden, bis er sich so weit unter Kontrolle hatte, dass er den Sinn der Worte verstand. Er bekam kaum Luft, er fühlte sich grässlich müde. Wo waren Paco und Manos? Warum holten sie ihn hier nicht heraus? Sie hatten sich doch ewige Treue geschworen!
»Ich bin's. Elmer.« Eine Hand berührte ihn an der Wange. Sie fühlte sich angenehm kalt an. »Du bist im Lazarett von Camp Specter. Du erinnerst dich?«
Die Hand zog das Feuchttuch beiseite. Sid blinzelte ins grelle Licht einer LCD-Leuchte.
»Elmer?«
»Ja. Ich bin's. Der Typ, auf den alle Mädels so sehr stehen. Der mit den Raketen.«
»Ich erinnere mich.« Sid versuchte ein Lächeln. »Das mit den Mädels ist allerdings eine Lüge.«
»Na ja ...«
»Warum bin ich gefesselt?« Sid rüttelte neuerlich an der Bindung. Sie bestand aus einem leicht nachgiebigen, hautfreundlichen Material, das unzerreißbar wirkte.
»Man hat dich einige Zeit bewusstlos gehalten, damit der Heilungsprozess schneller vor sich gehen konnte. Aber du warst in deinen Träumen sehr unruhig.«
»Was ist geschehen?«
»Du erinnerst dich an Ivanhoes Büro?«
Da war etwas. Ein vager Gedanke. An Schmerz. An Hitze. An Clifford Monterny, der ihn im Stich gelassen hatte. An Doktor Goratschin, der etwas von ihm wollte, was er ihm nicht geben konnte.
»Ich weiß es wieder«, sagte Sid müde.
»Du hast Verletzungen davongetragen, die sich niemand erklären kann. Oder niemand erklären möchte. An den Handflächen, den Fingern und den Fußsohlen. Es ist, als wärst du mit einer Säure in Berührung geraten.«
Sid hob den Kopf und versuchte, einen Blick auf seine Hände zu erhaschen. Sie waren in farbige Gel-Pads eingepackt.
»Keine Sorge, es kommt alles wieder in Ordnung.« Elmer zuckte hilflos die Achseln. »Sagen zumindest die Ärzte.«
»Binde mich los.«
»Das darf ich nicht.« Elmer sah sich um. »Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein. Es ist Schulzeit, und Miss Yorke ist derzeit nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen. Aber die Ärzte sagten mir, dass du heute womöglich aufwachen würdest.« Wieder blickte er nach hinten, hin zur Tür. »Schwester Annunciata wird wahrscheinlich jeden Moment auftauchen. Ich verschwinde dann mal.«
Sid wollte ihn zurückhalten. Wollte ihn bitten zu bleiben. Er war völlig ratlos. Hilflos. Er benötigte unbedingt jemanden, dem er vertraute und mit dem er plaudern konnte. »Kommst du wieder?«
»Sobald ich mich vom Unterricht loseisen kann. Versprochen.«
Elmer knuffte ihn zum Abschied gegen die Schulter und schlüpfte zur Tür hinaus, wohl keine Sekunde zu früh. Bereits wenige Sekunden später betrat Schwester Annunciata den Raum. Ein Mannweib, in dessen Gegenwart sich Sid niemals wohlfühlte. Die gebürtige Mexikanerin sprach meist Spanisch. Die Sprache früherer Jahre, die er tunlichst aus seiner Erinnerung verdrängen und vergessen wollte.
Und schon legte sie los: Ohne Pause und Komma redete sie von ihrer Erleichterung, dass Sid endlich wieder bei sich war,
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