Perry Rhodan Neo 5: Schule der Mutanten (German Edition)
dass er ein böser Junge gewesen sei, weil er ständig so schlecht geträumt hätte, dass die Ärzte sehr beunruhigt gewesen seien, dass er aber dank ihrer regelmäßigen Gebete zu Jesus von Tlacahuepan endlich wieder zu sich gekommen sei, dass er dem Heiligen Opfer würde bringen müssen und endlich einmal die kleine Kapelle von Camp Specter besuchen müsse, dass sie, wenn er es nicht machen würde, für ihn Kerzen aus Dankbarkeit aufstellen würde und er bitte schön jetzt ruhig halten müsse, während sie ihn wusch.
»Können Sie mich jetzt losbinden?«, fragte Sid, nachdem Schwester Annunciata endlich, endlich einmal Luft geholt hatte.
»Ich habe den Doktor bereits über dein Erwachen informiert«, wich sie einer Antwort aus. »Er wird jeden Augenblick hier sein und dich von den Fesseln befreien.« Zärtlich streifte sie ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Glaub mir: Es wird alles wieder gut.«
Elmer kehrte wieder, als Nachtruhe im Camp einkehrte. Annunciata hatte ihn gewiss bemerkt. Doch sie drückte gern ein Auge zu; manchmal auch beide, wenn die Müdigkeit sie überkam. Sie döste draußen am Gang, vor dem Krankenzimmer – oder tat zumindest so.
»Wie geht's dir?«, fragte Elmer.
»Großartig. Ich bin nicht mehr angekettet, wie du siehst. Aber das freihändige Pinkeln ist ein Problem.« Sid deutete auf seine dick bandagierten Arme.
Elmer grinste. Er holte einen fast zerschmolzenen Schokoladenriegel aus der Hosentasche und schob ihn vorsichtig in Sids Mund. »Du bekommst hier sicherlich nur Gemüsesüppchen, Bohnenauflauf und Malzbier. Stimmt's?«
»Stimmt. Ich muss die ganze Zeit furzen wie ein räudiger Kojote.«
Sie unterdrückten beide das Lachen. Man wusste ja nie, ob Schwester Annunciata nicht doch ihre Geduld mit den beiden Jungs verlor. Also rissen sie ihre Witze so leise wie möglich, unterhielten sich über Ariane, die sich immer wieder nach Sids Gesundheitszustand erkundigt hatte, und fluchten im Chor über Miss Yorke. Sie quälte ihre Schüler nach wie vor mit politischen Parolen, die diese auswendig zu lernen hatten.
Irgendwann schwiegen sie und starrten sich an. Es gab Dinge zu besprechen. Dinge, über die Sid viel zu lange hinweggesehen hatte, die er nicht einmal bemerkt hatte.
»Du hast es die ganze Zeit gewusst«, sagte Sid. »Du wolltest mich warnen. Aber ich hab's nicht kapiert.«
»Ich weiß gar nichts.« Elmer starrte ins Leere. »Ich denke mir bloß meinen Teil. Und ich ahne, dass hier verdammt dreckige Wäsche gewaschen wird.«
»Ich möchte es hören. Sag mir, was vor sich geht. Was der Doktor mit uns vorhat.«
Elmer sah sich um. Befürchtete er Spionaugen? Kameras? Abhöranlagen?
»Ich habe schon vor längerer Zeit im Inet über Homeland Security recherchiert«, sagte er dann. »Der Zugang auf kritische Seiten ist beschränkt, und ich musste ganz schön drauf achten, keine Spuren zu hinterlassen. Aber ich kenne mich ein wenig aus mit technischem Krimskrams, wie du weißt.« Elmers Lächeln geriet kurz. Er wurde gleich wieder ernst. »Es gibt einige ziemlich wilde Spekulationen, die von Verschwörungsfanatikern in Umlauf gebracht werden. Fakt ist, dass Homeland Security unglaublich mächtig ist, viele Freunde in der Regierung besitzt und eigentlich einen Staat im Staat darstellt. Dieser Verein steckt FBI und CIA längst in die Tasche.«
»Na und? Was hat das alles mit Camp Specter zu tun?«
»Theoretisch gesehen gar nichts. Denn man muss schon sehr tief forschen, um Informationen über Camp Specter zu finden. Offiziell gibt es dieses Lager gar nicht. Wir existieren nicht. Es gibt keinerlei Aufzeichnungen über Sid González, Shanta Preston, Roster Deegan oder Elmer Bradley. – Du weißt, was das bedeutet?«
»Keine Ahnung. Sag du's mir.«
»Wenn man der Meinung ist, dass wir nicht das bringen, was die Homeland Security von uns erwartet, könnte man uns abknallen und im Wüstensand verscharren. Es würde niemandem auffallen.«
Sid benötigte eine Weile, bis er Elmers Worte begriff. »Das ist ja lächerlich!«, sagte er, mühsam beherrscht. »Du liest zu viele schlechte Kindles!«
»Mag sein, Sid. Aber denk doch mal nach: Was macht es für einen Sinn, uns hier zu verstecken, im Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko; in einem Landstrich, der Narco County genannt wird? Warum die Umzäunung? Warum die Wachtposten? Warum lässt man uns kaum einmal raus?«
Sid schwieg. Er hatte sich mit diesen Dingen niemals zuvor beschäftigt. Es ging ihm doch gut, viel
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