Perry und das unheimliche Haus von Hackston
Joe Melvin die freigewordene entgegen.
„Da staunst du, was?“ Und mit einem ironischen Unterton in der Stimme stellte er fest: „Du siehst blaß aus, Joe. Du solltest öfters an die frische Luft gehen!“
Joe Melvin winkte angewidert ab: „Die Luft in Hackston bekommt mir nicht.“ Und neugierig: „Also, Jack, nun verrat mal dein Geheimnis. Was führt ausgerechnet dich ans Ende der Welt?“
„Der Chef wollte, daß ich diesmal die Ware hole!“
Melvin verzog sein häßliches Gesicht zu einem breiten Grinsen. „Verstehe. Cockland und der Franzose liegen ihm schwer im Magen. Noch nichts Neues von den beiden?“
Mason verneinte.
„François Mellier will man angeblich in London gesehen haben. Wer weiß, ob es stimmt...“ Achselzuckend fuhr er fort: „Die Geschäfte gehen gut, und wir werden den Verlust bald eingearbeitet haben. Pannen passieren immer wieder.“
Er trat ans Fenster und sah hinaus. „Eine trostlose Gegend“, murmelte er.
„Das brauchst du mir nicht zu sagen!“
Melvin drückte ärgerlich seine Zigarette aus. „Wieviel willst du mitnehmen?“
„Fünfundzwanzig. Ich habe Charly schon Bescheid gesagt. Er macht die Geigen zurecht!“
Joe Melvins Miene hatte sich bei Erwähnung des Namens schlagartig verändert. Und mit einer Mischung aus Zorn und Machtlosigkeit nahm er den Faden auf: „Es ist gut, daß du Charly erwähnst. Ihm bekommt die Luft von Hackston noch weniger als mir. Du solltest mit dem Chef ein ernstes Wort sprechen. Charly könnte zu einer Gefahr werden. Er hat einen richtiggehenden Dorfkoller!“
„Und was schlägst du vor, was ich dem Chef sagen sollte?“
„Er möge Charly mal ein paar Tage Stadtluft gönnen.“
Jack Mason hatte mit gerunzelten Augenbrauen und steigendem Unbehagen zugehört. Nun fragte er: „Ist was passiert?“
„Passiert ist eigentlich nichts Besonderes... Nur, das Schachspielen allein genügt ihm offensichtlich nicht mehr.“
„Schachspielen? Seit wann spielt Charly Schach?“
„Er hat es im Knast gelernt. Jeden Donnerstag spielt er unten in Hackston mit dem Lehrer.“ Mason konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Soso, mit dem Lehrer...“ Und mit einem bedeutungsvollen Unterton: „Ausgerechnet mit dem Lehrer...“ Joe Melvin überhörte es.
„Gestern am späten Nachmittag wollte ich Charly etwas fragen, aber er war verschwunden. Im ganzen Haus hab' ich nach ihm gesucht — nichts. Schließlich hab' ich mich aufs Rad gesetzt und bin zu Holman gefahren.“
„Wer ist Holman?“
„Der Lehrer. Aber Charly war nicht dort. Als ich zurückkam, saß er vor der Tür. Er hätte nur einen kleinen Spaziergang gemacht.“
In Jack Masons Augen war ein eisiges Glitzern. Auch seine Stimme ließ Schlimmes ahnen. Er fixierte Melvin, bis diesem plötzlich der Kragen zu eng wurde.
„Charly war spazieren?“
Melvin nickte stumm.
„Und du warst beim Lehrer?“
„Ja!“ würgte der Hagere hervor und wußte in diesem Augenblick, welche Riesendummheit er begangen hatte.
„Charly geht spazieren, und du machst eine Radtour... Niemand war im Haus... Hörst du, Joe, niemand war im Haus. Du hast gegen das oberste Gebot verstoßen, das heißt: nie das Haus unbewacht lassen.“
„Es war... war ja nur für ein paar Minuten“, stammelte Joe Melvin, und mit einem Anflug von Trotz: „Ich mußte doch nachsehen, wo Charly steckt.“ Er verfluchte innerlich seine Unvorsichtigkeit. Doch Jack Mason schien es sich anders überlegt zu haben. Die Kälte war aus seinen Augen gewichen. Fast fröhlich sagte er: „Diesmal soll der Chef nichts erfahren.“ Melvins Adamsapfel machte einen Satz. „Vielleicht brauche ich deine Hilfe auch einmal, Joe.“
„Gern... wenn mal was ist...“, versicherte Joe beflissen, ohne sich jedoch vorstellen zu können, was mal sein könnte.
Mason schlug klatschend mit den Handschuhen gegen das Fensterbrett. „Übrigens, was der Chef noch wissen möchte: Wie geht es unserem Gast?“
„Ausgezeichnet, es fehlt ihm an nichts.“
„Tobt er?“
„Im Gegenteil: Er ist friedlich wie ein Lämmchen.“
Jack Mason trat plötzlich vom Fenster zurück. In seiner Stimme schwang wieder jener unheilvolle Unterton mit: „Du kriegst Besuch!“
Melvin sprang auf. „Besuch?“ stieß er heiser hervor. Die Fahlheit seines Gesichts war noch stärker geworden. „Polizei?“
„Nein, ein Mann. Er hat zwei Kameras um den Hals hängen. Hast du einen Fotografen bestellt, Joe?“
Keine Polizei.
Melvin atmete auf. Fühlte wieder
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