Perry und das unheimliche Haus von Hackston
Stimme klang eine unverhohlene Drohung mit. Doch plötzlich hustete und fluchte er: „Verdammter Qualm. Mußt du so viel paffen?“ Melvin blies gegen die Glut. Dann fragte er wieder: „Wie spät ist es?“
Charly antwortete nicht. Er war mit seinen Gedanken wieder bei den Vorwürfen, die ihm Melvin seit Stunden machte: „Ich will dir was sagen, Joe. Wäre das in London nicht passiert, würde mir Mason jetzt die Hände küssen. Woher und wie hätte er sonst erfahren sollen, daß Arling nicht Arling, sondern Clifton heißt und in London wohnt! So sieht es aus. Und wegen eines Zufalls spielt er sich jetzt auf, als sei er der Größte!“
„Zwei Jahre haben wir Ruhe gehabt.“
„Na und? Was kann ich dafür, daß irgendwo ein Loch im Zaun ist?“'
Melvin begann auch darüber nachzudenken.
Als Perry Clifton die Höhe von Tapstown erreichte, begann es zu regnen. Sofort ging er mit der Geschwindigkeit herunter. Die kurvenreiche Strecke erforderte seine ganze Aufmerksamkeit. Bei Routson ließ der Regen nach, und als er Summersfield passierte, war die Straße bereits wieder trocken.
Die Autouhr zeigte 22 Uhr 02.
Das Ortsschild von Hackston tauchte im Scheinwerferlicht auf. Er schaltete auf Abblendlicht und durchfuhr den Ort. In der großen ansteigenden Kurve schaltete er das Licht ganz weg und bog in einen Feldweg ein, der zu einer Scheune führte.
Jeden Stein hatte er sich hier eingeprägt.
Er hielt,
stellte den Motor ab,
drehte das Fenster herunter und
lauschte in die Dunkelheit.
22 Uhr 10.
Kaum Geräusche,
eine leise Nacht hatte begonnen.
Perry Clifton kurbelte das Fenster wieder hoch,
stieg aus,
verschloß die Tür des Wagens und lauschte erneut zum Ort hin.
Nichts.
Er entnahm dem Kofferraum eine Segeltuchtasche und ein Paar dunkle, geschmeidige Turnschuhe — trotzdem, die Steine des Feldwegs knirschten unter den Sohlen.
Im Ort bellte ein Hund,
irgendwo,
weit weg am Horizont,
fraß sich gespenstisch ein Scheinwerfer in die mondlose Nacht.
„Wie spät ist es, Charly?“
„Viertel elf.“
Melvin drückte seine Zigarette aus. Minutenlang war nur das Ticken des altmodischen Regulators neben der Tür zu hören. Er wollte gerade nach einer neuen Zigarette greifen, als Charly plötzlich aufsprang und einen Meter vom Fenster zurücktrat. „Da kommt jemand!“ zischte er.
Melvin war ebenfalls aufgesprungen und trat jetzt neben Webster. „Wo?“ flüsterte er mit vor Erregung heiserer Stimme.
„Dort drüben neben dem Schuppen hat sich was bewegt.“
„Ob es Clifton ist, konntest du wohl nicht erkennen?“
„Nein. Aber wer sollte sonst um diese Zeit hier herumschleichen. “
Sie starrten beide angestrengt zu jenem fünfzig Meter entfernten Schuppen hinüber, der von ihrem Standort aus nur schemenhaft zu erkennen war. In ihm wurden außer Schaufeln und Hacken drei riesige Kisten Sand aufbewahrt. Streusand für den Winter. Deshalb nannten ihn die Leute von Hackston auch „Sandschuppen“.
„Da!!“
„Ja!“ Melvin nickte und spürte, wie sich sämtliche Härchen seines Körpers aufrecht stellten. Atemlos belauerten ihre Augen den Schatten, der, tief gebückt, die Straße überquerte und ihren Blicken entschwand.
„Hoffentlich klappt alles“, stöhnte Joe Melvin und brannte sich mit zitternden Fingern eine Zigarette an. Es war die achtzigste oder einundachtzigste an diesem Tag.
Dann saßen sie stumm nebeneinander. Und wieder war es nur der Regulator, der rhythmisch die Stille zerhackte.
Die aus Sandsteinquadern bestehende Mauer wies an der Nordseite eine Höhe von etwa drei Metern auf. Die Mauerkrone selbst hatten die Erbauer mit Glasscherben gespickt.
Perry Clifton entnahm der Segeltuchtasche eine Strickleiter, an deren einem Ende ein ankerförmiger Widerhaken befestigt war. Schon beim ersten Wurf klappte es. Innerhalb von zehn Sekunden erklomm er die Mauer, zog die Leiter nach, ließ sie in die Hofseite hinunter und stieg hinab. Kein Laut war zu hören, als er den Hof überquerte.
Das Brockton-Haus hatte vier Türen. Zwei, die in den neueren Anbau führten — sie interessierten den Detektiv nicht — , eine schwere, torartige Stahltür, die nur von innen geöffnet werden konnte, und eine Eichentür mit einem schmiedeeisen-vergitterten kleinen Fenster. Als Perry sie erreichte, wehte der Nachtwind den Glockenschlag von der Kirche in Hackston herüber. 22 Uhr 30.
Fast fünf Minuten brauchte er, bis es ihm gelungen war, die Tür zu öffnen. Sie war gut geölt. Ohne Geräusch
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