Perry und das unheimliche Haus von Hackston
Fotos, die ich machen wollte, habe ich, den Rest nehme ich nachher auf.“
Bradley blieb stumm. Es war nicht auszumachen, ob er dem Detektiv glaubte oder nicht.
„Sagen Sie, Mister Bradley, wo steckt eigentlich Angy? Ich habe sie noch gar nicht gehört?“
„Angy? Die ist mit meiner Frau nach Summersfield einkaufen gefahren. Das ist der übernächste Ort.“
„Ich weiß, man kommt mit dem Omnibus durch. Wann werden sie zurücksein?“ Bradley warf einen Blick auf die Uhr hinter der Theke. „In spätestens einer Stunde.“ Er sah Clifton fragend an. „Hat sie was angerichtet?“
„Nein, nein. Ich habe ihr versprochen, ein paar Aufnahmen von ihr zu machen. Na ja, was man verspricht, muß man schließlich auch halten.“ Bradley erhob sich. „Und ich soll wirklich nicht die Polizei benachrichtigen?“ Clifton schüttelte den Kopf. „Ich habe weder Muße noch Lust, meine Zeit mit sinnlosen Fragen und Antworten zu verplempern. Kommt sowieso nichts dabei heraus!“
Perry Clifton blieb bis 12 Uhr 30 in der „Landschaft“ und fotografierte entsprechend seiner Rolle (trotz Niederschlag) das restliche Hackston.
Bei seiner Rückkehr erwartete ihn nicht nur das Mittagessen, sondern auch eine junge Dame.
„Hallo, Mister!“
„Hallo, Angy. Um ein Haar hätte ich dich nicht erkannt. So elegant und vornehm bist du.“ Schokoladen-Angy zog eine Schnute. „Das Kleid hat mir Tante Caroline geschenkt.“ Sie zupfte mißmutig an dem Rot-Schwarz-Gemusterten und flüsterte: „Tante Caroline ist eine Hexe!“
„Und warum?“
„Immer wenn sie kommt, muß ich singen und mit ihr spielen, und immer will sie gewinnen. Wenn sie nicht gewinnt, sagt sie, ich hätte gemogelt.“
„Und mogelst du?“
Angy sah angelegentlich an Perry vorbei, bevor sie leise sagte: „Nur manchmal, wenn ich singen mußte.“
„Das ist trotzdem kein Grund, seine Tante als ,Hexe‘ zu bezeichnen.“ Angy stampfte undamenhaft mit dem Fuß auf, daß die kunstvoll geflochtenen Zöpfe flogen. „Sie ist eine Hexe!“
„Na schön, wenn du meinst. Hoffentlich behauptet das mal niemand von dir, wenn du groß und selbst eine Tante bist. Und jetzt muß ich essen, sonst wird meine Suppe kalt.“
Sie baute sich vor ihm auf. „Und wann machst du Bilder von mir?“
„Sobald ich gegessen habe!“
Sie nickte. Erst jetzt bemerkte Perry, daß sie die linke Hand krampfhaft zu einer Faust geschlossen hielt. Als sie sich jetzt in Richtung Musikbox entfernte, ahnte er Schlimmes. „Angyü“ rief er. Sie drehte sich um: „Ja?“
„Bitte keine Musik, solange ich esse!“
Sie verzog das sommersprossige Gesicht zu einer beleidigten Grimasse, schöpfte jedoch im gleichen Augenblick neue Hoffnung. „Aber dann?!“ sagte sie, und es klang mehr nach einem feststehenden Beschluß als nach einer Frage. Perry ergab sich resignierend in sein Schicksal und begann seine Tomatensuppe zu löffeln.
Angy war ein prächtiges Modell. Willig und geduldig ließ sie sich hin und her schieben, auf die Theke setzen, auf einen Stein setzen, auf eine umgestürzte Schubkarre stellen und auf einen als Blumenwanne ausgehöhlten Baumstamm im Vorgarten. Perry Clifton belichtete einen ganzen Film.
Pünktlich wie verabredet stellte er sich dann bei Rodney Holman, dem Lehrer, ein.
Wenige Minuten später, es war genau 14 Uhr 10, lief im Ortsnetz zum zweiten Mal an diesem Tag ein Telefongespräch aus London auf. Mit wichtiger Stimme meldete die mollige Miß Jennifer ihrem Chef Melvin, daß Mister Mason in der Leitung sei. Der Mann mit den Goldkronen machte seine Zigarette aus und drückte dann auf den roten Knopf rechts oben neben der Wählscheibe. „Ja?“
„Kann die Kleine mithören, Joe?“
„Nein. Sobald ich auf den roten Knopf drücke, ist die Leitung blockiert.“
„Gut. Ich habe vor einer halben Stunde den Lebenslauf unseres Freundes Clifton alias Arling bekommen.“
Melvins Stimme war plötzlich so heiser wie die seines Hausmeisters. „Und?“ fragte er, doch Mason schien eine besonders gute Antenne für den Empfang von Zwischentönen zu besitzen. „Verdammt, Joe, was ist denn schon wieder los?“ Und Melvin blieb nichts weiter übrig, als Farbe zu bekennen:
„Dieser Idiot von Charly hat wieder mal hochkarätigen Blödsinn verzapft.“
„Was?“ Es klang wie ein Schuß, und Melvin zog unwillkürlich den Kopf ein.
„Er hat gestern abend diesem Clifton aufgelauert, ihm ein Horn geschlagen und seine Sachen durchwühlt.“
Masons Stimme am anderen Ende klang
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