Persephones Erbe (German Edition)
starke Taschenlampe besorgen werde. Damit kann ich die Gewölbe ausmessen.«
»Soll ich dir dabei helfen?«
»Mach dir lieber einen schönen Tag in Rom.«
Er aß einen Happen Rührei, ganz auf seinen Teller konzentriert. Er kam mir vor wie ein kleiner Junge, der etwas Verbotenes getan hat, aber hofft, dass es niemand herausfindet.
Mir kam ein Verdacht.
Corinna. Verflucht seien alle Hexen dieser Welt! Sie wohnte jetzt zwar wenigstens nicht mehr im gleichen Hotel wie wir, aber ich spürte sie. Ein zarter Hauch Fäulnis lag den Hang abwärts über der Via Urbana. Dass ich sie so genau orten konnte, erschreckte mich. Andererseits fand ich es fast schon wieder beruhigend. Lieber wusste ich, dass sich etwas um mich zusammenbraute, als dass es mich aus heiterem Himmel überfiel. Ich legte mein Besteck zur Seite.
»Also gut«, sagte ich. »Ich nehme dein freundliches Angebot an.«
»Sehen wir vor dem Abendessen noch?«
Armins hoffnungsvolles Gesicht brachte mich ins Schwanken. Was immer hinter seinem Angebot auf einen freien Tag steckte, er wollte mich offensichtlich immer noch. Ich stand auf. »Bleib ruhig sitzen. Ich hole nur noch oben meine Jacke und gehe dann direkt zum Empfang.«
Ich ließ Armin bei seiner letzten Tasse Kaffee im Atrium sitzen und ging.
Am Empfang traf ich zu meiner Überraschung auf einen Berg Gepäck. Daneben stand Malchow, der sich angeregt mit Agreo unterhielt. Beide begrüßten mich freudig.
»Ja, Kati, mit Ihnen wird es gleich ein noch viel schönerer Morgen.«
Ich machte wohl ein ziemlich dummes Gesicht. Malchow lachte auf.
»Wer von beiden hat es Ihnen nicht gesagt, Armin oder Corinna? Sie hat mich gestern Nacht angerufen, sie will, dass wir hier noch Details vor Ort besprechen.«
»Das ist mir neu. Aber wir werden uns ja zweifellos im Lauf des Tages sehen. Wo sind Sie denn untergekommen?«
Es war reine Höflichkeit. Wo Malchow blieb, interessierte mich nicht. Bis mir einfiel, dass durch Armins und meinen Umzug in die Suite die Dependence wieder frei war. Das gönnte ich ihm!
In diesem Augenblick kamen Walter und Hanna.
Beide schüttelten Agreo die Hand, Hanna küsste ihn sogar auf den Mund. Sehr innig, es wurde ein Zungenkuss. Malchow berührte sie nur mit zwei Fingerspitzen.
»Schade, aber wir müssen.« Walter schlug Malchow auf die Schulter. »Schweinegrippe. Wenn ich nicht eingreife, macht mir das Veterinäramt den ganzen Betrieb dicht.«
»Na dann, good luck!«
»Ja, es ist eine Schweinerei. Kati entgeht mir auf diese Weise auch. Meine Liebe, Sie wissen nicht, wie sehr ich das bedaure!«
Walter verabschiedete sich mit Handkuss von mir.
Malchow drehte sich zu Agreo. »Dann kann ich ja wohl die Gartensuite haben. Schafft ihr das bis Mittag?«
Agreos Gesicht wurde abweisend. »Du weißt doch, der Padrone akzeptiert nur Paare.«
Malchows Lächeln erlosch. Er seufzte. »Wenn es denn unbedingt sein muss: Ich frage Corinna. Du weißt aber schon, was du mir antust, Agreo? Zum Glück ist wenigstens Kati bei mir!«
»Ich stehe nicht zur Verfügung.«
Malchows Augen wurden schmal. Er musterte mich von oben bis unten, als hätte ich ihm einen unsittlichen Antrag gemacht. Aber mir war mittlerweile herzlich egal, wer hier gegen wen intrigierte. Objektiv betrachtet ging mich die ganze Verstrickung zwischen Malchow, Armin, Corinna – und dem Tagportier, der mich unverschämt angrinste –, überhaupt nichts an. Und provozieren ließ ich mich schon gar nicht. Nicht von Malchow! Ich knirschte zwar innerlich mit den Zähnen. Aber nach außen verabschiedete ich mich gut gelaunt.
Es brauchte die ganze Länge der Via Urbana bis ins Tal und den Wiederaufstieg zum Tenebre, bis ich meinen Seelenfrieden wiederfand. Tatsächlich empfand ich inzwischen eine Hexenfreude, dass nicht ich mich mit Corinna und Malchow herumschlagen musste. Armin zog vielleicht bei dem Ganzen den Kürzeren. Wenn ihm Malchow den Auftrag in der Villa zuletzt doch nicht gab, tat es mir für ihn leid. Aber ich traute Malchow ohne Weiteres zu, dass auch Corinna bei diesem Geschäft Federn lassen musste. Die Vorstellung, dass er Armins Ex durch die Mangel drehte und dabei gründlich rupfte, war gehässig. Aber der Gedanke tat mir gut. Ich stieg friedlich gestimmt den Vorhof von Santa Pudenziana hinunter.
Alte Gemäuer hatten mir schon immer gefallen, lange bevor ich auch nur ernsthaft an ein Kunstgeschichtsstudium gedacht hatte. Dass die Kirche auf frühchristliche Ursprünge zurückging, bestätigte der kleine
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