Persephones Erbe (German Edition)
hingibst oder nicht?«
Der Hausmeister presste mich gegen die Lifttür und küsste mich brutal. Seine Zunge, der ganze Mann, schmeckte intensiv nach Weihrauch. Er stieß so tief in meinen Mund, dass ich an dem Kuss und dem Weihrauch fast erstickte. Wir keuchten beide, als er mich endlich freigab.
»Dieses Mal kostet es dich nur einen Kuss«, sagte er. »Das nächste Mal kommst du mir nicht so billig davon. Du hast Zeit bis Mitternacht. Gib das der ersten Frau, die du siehst.«
Der Hausmeister drückte mir etwas Kleines, Dünnes in die Hand, schob mich durch die Tür des Lifts. Der fuhr mit mir hoch. Als sich die Stahltüren wieder öffneten, stand ich im Mittelraum des Wellnessbereichs.
»Ah, Kati!« Auf mich wartete korrekt in Hemd und schwarzer Hose gekleidet Lupercu. Er trug meine Kleidung über dem Arm. In der Hand hielt er ein Glas Wasser. »Hier bitte, trink. Du bist sicher ganz ausgetrocknet. Ich schlage vor, ich bringe dich nach oben in die Suite, du nimmst ein heißes Bad und machst dich hübsch. Du hast gerade noch Zeit, der Abendservice beginnt in zwanzig Minuten. Armin wartet im Speisesaal auf dich.«
»Ja, aber …«
Ich warf einen verstörten Blick auf den dunkel gefleckten Marmorfaun mit Agreos Gesicht. Lupercu seufzte.
»Komm jetzt bitte einfach mit, Kati. Du kannst dich später mit Agreo beschäftigen.«
Mir entfuhr ein Ächzen. Er wusste es!
Lupercu lächelte. »Wann immer du mich brauchst, ich bin dir zu Diensten.« Er verbeugte sich noch einmal. »Brauchst du beim Baden Hilfe? Soll ich Castalia rufen?«
»Wen?«
Er schnippte mit den Fingern.
Die Nixe, die, die Malchow vorhin beleckt hatte, trat aus der Saunagrotte. Ich war an ihr vorbei durch die Tür in die Putzkammer geflüchtet. Da war sie noch versteinert gewesen. Nun schritt sie blass und schön auf mich zu. Ihre Augen waren blau wie das Meer, ihr Haar wogte hinter ihr her wie in einer Brandung. Kühle ging von ihr aus.
»Hallo, Kati.«
Gib das der ersten Frau, die dir begegnet. Du hast Zeit bis Mitternacht
.
»Hier, für, äh, dich.«
»Was ist das?« Castalia hielt die Hand auf. Wie Regenbogen schillernde Schwimmhäute spannten sich zwischen ihren Fingern und Zehen, aber noch zarter und durchscheinender schimmerten ihre Schamlippen.
Ich ließ das, was mir der Hausmeister gegeben hatte, in ihre Hand fallen. Es war die Goldmünze. Klein und leicht, vom vielen Gebrauch schon ganz abgegriffen. Ein antiker Denar. Totengold.
Die Schwimmhäute an der Hand, die sich mir entgegenstreckte, wurden milchig trüb wie Alabaster. Die Haut und die Augen der Nixe überzogen sich mit einem Kalkschleier. Ihr Lächeln erlosch. Sie stand als Marmorstatue vor mir.
Mir blieb die Luft weg.
15.
Allmählich konnte ich mit der Situation gar nicht mehr umgehen. Faune und jetzt auch noch eine echte Nixe als Bademagd im Angebot. Die noch dazu vor meinen Augen versteinerte. Hoffentlich lag das nicht an der Münze.
»Nein, Kati!« Lupercu setzte zu einer Erklärung an, doch ich winkte ab.
»Ich will das alles lieber gar nicht wissen. Lass mich jetzt einfach eine Weile in Ruhe, okay?«
Lupercu hielt mir freundlich lächelnd meine Kleidung hin. Ich nahm sie an mich und ging zum Lift. Diesem Beförderungsmittel misstraute ich, seit ich wusste, dass er mich auch wieder in die Katakomben entführen konnte. Doch der Lift war der schnellste Weg.
Zwei Minuten später stand ich im ersten Stock, ließ mir ein Bad ein und versenkte mich für ausgiebige vierzig Minuten darin. Sollten sie unten ruhig auf mich warten.
Das heiße Wasser tat wirklich Wunder. Sogar das lauernde Schweigen der Toten unter dem Hotel wurde gut durchgewärmt fast erträglich. Während ich mich abrubbelte, zog ich Bilanz. Dem Hausmeister konnte ich aus dem Weg gehen, Nixen und Faune auf höfliche Distanz halten und Malchow die kalte Schulter zeigen. Blieb noch Armin.
Traurig, dass es mit ihm ständig vollkommen falsch lief. Aber er war jahrelang mit einer Hexe verheiratet gewesen, vielleicht lag es daran. Corinna war sicher nie auf seine Wünsche eingegangen. Möglicherweise bekam ich nun die Auswirkungen zu spüren. Solange es nur um meinen Körper ging, reagierte mein Chef ganz normal, zumindest seine Hände taten es. Nur Reden, das war gar nicht seine Stärke. Außerdem schwirrte seine Ex immer noch hier herum.
Ich wickelte mich in ein Tuch, griff zum Föhn. Das Gebläse übertönte das lauernde Schweigen aus der Tiefe leider nicht. Aber das eintönige Heulen erleichterte das
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