Persephones Erbe (German Edition)
Rauschen schon wieder aus der Welt hinter der Welt? Irgendetwas lief immer noch verkehrt. Mit einem Mal war ich mir ziemlich sicher, dass ich zumindest heute Nacht nicht hier schlafen würde. Armins Handy klingelte.
»Ja?«
»Na endlich!«, trompetete es aus dem Hörer.
Laut genug, dass sogar ich den Ausruf verstand. Armin hielt das Handy mit einer Grimasse vom Ohr weg. »Ich bin nicht taub, Herr Karl! Was liegt an?«
Die nächsten Sätze kamen in normaler Lautstärke, das heißt, ich verstand sie nicht. Nur, dass die Erklärung lange dauerte und dass Armin darunter regelrecht erstarrte.
»Ich verstehe«, sagte er schließlich. Mit blutleeren Lippen. Er sah auf seine Uhr. »Sagen wir gleich? In etwa zwanzig Minuten? Passt Ihnen das?« Armin nickte. »Gut, ich werde dort sein. Wiederhören. Tschüs.«
Er drückte das Gespräch weg.
»Scheint, dass Corinna noch mehr Schaden angerichtet hat, als ich mir vorstellen konnte.«
Er atmete tief durch.
»Kati, es tut mir unendlich leid. Aber wir müssen das hier verschieben. Wenn ich nicht sofort zur Bank fahre … Corinna versucht, an meine Konten heranzukommen. Sie hat eine einstweilige Verfügung, um die Kredite zu bedienen. Gott sei Dank hat sich Karl nicht darauf eingelassen. Nicht ohne offiziellen Totenschein. Kannst du dir vorstellen, dass Corinna behauptet hat, ich sei tot?«
»Ja.«
Armin legte das Handy auf den Tisch.
»Kati … darf ich dich bitten, jetzt zu gehen? Ich muss unter die Dusche und mich rasieren. Bitte! Sobald ich diese Scheiße im Griff habe, rufe ich dich an.«
Sein Blick wurde intensiv.
»Gott, ich bin verrückt nach dir. Ich würde am liebsten auf der Stelle über dich herfallen.«
»Hm. Ja. Sehr glaubhaft!« Ich war zu sauer, um zuzugeben, dass er vollkommen recht hatte. Er musste seine Firma retten. Armin streckte die Arme nach mir aus.
»Sei mir doch bitte nicht böse! Schau, ich habe doch keine Wahl! Corinna zerlegt mich, wenn ich ihr nicht einen Riegel vorschiebe. Du hast übrigens auch keine Wahl.«
»Wie meinst du das?«
»Himmel, Kati! Wenn du mich jetzt nicht in Ruhe machen lässt, kann ich dich nur noch wegschicken.«
»WAS?!«
»Na, ich muss dir kündigen. Armin Landgraf Hoch- und Tiefbau geht in Konkurs, wenn ich es jetzt nicht schaffe, die Bank zu überreden. Ich hätte den Malchow-Auftrag dringend gebraucht, um …«
»Mit anderen Worten, die Bank hat dir schon davor den Hahn zugedreht. Na schön! Geh zu deiner Verabredung! Ich fahre jetzt nach Hause. Lebwohl, Herr Landgraf! Ich wäre so dumm gewesen, hier auf dich zu warten, bis zu von deinem Gespräch zurückkommst. Aber du brauchst mich ja jetzt wohl nicht mehr!«
Er schwieg.
Natürlich reagierte ich über. Grundfalsch. Ich hätte irgendwelche mitfühlenden Worte finden sollen. Verständnis verbreiten. Aber ich fand, er hätte mir wenigstens aus Höflichkeit anbieten können, ob ich nicht bleiben und hier auf ihn warten wollte. Oder sonst irgend etwas. Aber nein. Der Herr hatte nur noch im Sinn, seinen Arsch zu retten. Und ich wurde eiskalt abserviert.
Ich zog seinen Sweater über den Kopf, meine Jacke wieder an und ging. Ohne mich nach Armin umzudrehen, der stumm mitten im Container stand. Seine eigene Schuld, wenn ich ihn verließ. Eigentlich wollte ich das gar nicht. Ich wollte bei ihm bleiben, mit ihm zusammenbleiben. Ich hatte sogar sozusagen den göttlichen Auftrag dazu. Und jetzt ließ ich Armin sitzen, ohne dass wir beide wenigstens ein einziges Mal Sex gehabt hatten.
Immerhin hatte ich ja vorausgesehen, dass er in Nürnberg eine Überraschung erleben würde. Seherin, ha!
Das mulmige Gefühl, der Tag würde noch weitere Überraschungen für mich ausbrütete, wollte auch auf meinem traurigen und einsamen Weg zum Bahnhof nicht weichen. Doch ich konnte noch so lange und so tief in mich hineinhorchen, mehr als diese Ahnung bekam ich nicht.
Mein Handy klingelte, gerade, als der Zug nach Bayreuth aus dem Bahnhof fuhr.
»Ja?«
»Kati, wo bist du?«
»Im Zug.«
Armin fluchte. »Ich wollte nicht, dass du mir davonrennst. Darf ich dich nachher wenigstens anrufen und dir sagen, wie es in der Bank ausgegangen ist?«
»Natürlich. Wenn du das für wichtig hältst?«
Der Regionalzug schuckelte über die Weichen. An meinem Ohr herrschte Stille. Dann sagte Armin: »Kati, bitte, ich halte es ohne dich nicht aus. Ich hätte dir am liebsten schon im Tenebre einen Heiratsantrag gemacht. Aber dann kam dieser Brief von Malchow. Und jetzt … wenn es ganz blöd
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