Persephones Erbe (German Edition)
läuft, kriegt mich der Staatsanwalt wegen betrügerischen Bankrotts dran.«
»Es ist mir egal, wenn du pleite bist.«
»Aber mir nicht. Kati, ich will das nicht. Was hast du von einem Ehemann, der im Gefängnis sitzt?!«
»Erstens hast du mich noch gar nicht gefragt, ob ich dich will. Zweitens habe ich nicht ›ja‹ gesagt.«
Wieder Stille.
»Kommst du wenigstens morgen früh wieder zu mir?«
»Armin, ich bin deine Angestellte, hast du das vergessen?«
»Kati, das weiß ich. Aber… ich meine, ich, ach Himmelherrgott, Kati! Können wir das nicht alles morgen klären? Ich muss dringend los.«
»Geh ruhig. Wir sehen uns morgen.«
»Gott sei Dank!«
Er sagte, jetzt könne er beruhigt in der Bank verhandeln und legte auf.
Ich wollte das Handy gerade zurück in die Tasche stecken, als es schon wieder hupte. SMS von meinem Stiefvater. Zachi schrieb, wo ich stecke? Er müsse dringend mit mir reden.
Wenn mein Stiefvater solche Botschaften schickte, bedeutete das in der Regel einen scheußlichen Fall, mit dem er seelisch nicht fertig wurde. Zum Glück ging Zachi nicht so weit, mir Bilder von den jeweiligen Tatorten zu senden. Das durfte er gar nicht. Aber dafür beschrieb er mir immer detailreich die Umstände. Das konnte er gut. Ich hatte ihm schon oft gesagt, dass die Anrufe bei mir dem Staat jährlich die Ausgaben für viele Stunden PTS-Therapie sparten.
Der Regionalzug fuhr in den ersten Tunnel.
Ich erschrak, aber mehr aus Gewohnheit. Es war nicht schlimm, nur dunkel. Das verstärkte Rauschen ging mir zwar auf die Nerven, aber es rauschte nur. Die Stimmen im Abteil gehörten den Mitreisenden, echten Menschen. Niemand flüsterte in meinem Kopf. Trotzdem spürte ich jetzt meine Erschöpfung. Ich fühlte mich wund, körperlich wie seelisch. Und schmutzig.
Die letzten vierundzwanzig Stunden forderten ihren Tribut. Ich hatte kaum geschlafen und ich brauchte eine Dusche. Ich mochte vorher nicht einmal etwas essen. Das heißt, es war vielleicht doch besser, wenn ich mir in Bayreuth am Bahnhof wenigstens ein Sandwich mitnahm. Essen hielt mich meistens wach. Ich rechnete damit, dass Armin spätestens am frühen Abend mit seinen Bankverhandlungen fertig war. Wenn ich ihm schon erlaubt hatte, dass er mich anrufen durfte, wollte ich mich nicht ausgerechnet dann im Tiefschlaf befinden. Himmel, das würde ein lustiger Nachmittag werden! Wahrscheinlich musste ich die Wohnung putzen, damit mir nicht vor Müdigkeit die Augen zufielen.
Zachi musste warten. Für den hatte ich definitiv keine Zeit. Ich tippte ihm eine SMS. Er würde das hoffentlich verstehen. Ich konnte heute keine zusätzliche Aufregung mehr gebrauchen.
Zwanzig Minuten nach meiner Landung in Bayreuth stand ich unten im Flur vor meiner Wohnung und ärgerte mich wieder einmal, dass der Briefkasten genau so alt und im Rahmen verzogen war, wie der Rest des ganzen Hauses. Aber nach etwas Kampf gab das Schoss doch noch nach. Ich zog ein Schreiben der Hausverwaltung aus dem Briefkasten. Schmidt & Kelly teilten mir kurz und knapp mit, dass das Haus, in dem ich wohnte, abgerissen wurde. Offenbar ersatzlos. Kündigung zum Quartalsende.
Die neuen Eigentümer, eine Gesellschaft mit dem schönen Namen Casa Nova, wollten alle Häuser dieser Zeile entkernen, zu Studentenwohnungen umbauen und an der Stelle des Hauses, in dem ich wohnte, ein Garagendeck errichten.
Schön für sie!
Ich überflog den Rest des Schreibens. Es stand etwas von fünftausend Euro und einer neuen Wohnung darin, wenn ich innerhalb von vierzehn Tagen auszog. Die Summe verdoppelte sich, wenn ich auf die Ersatzwohnung verzichtete. Zehntausend Euro frei zu meiner Verfügung – ich glaubte es nicht. Es klang wie die Einladung zu einer Kaffeefahrt. Ich las das Schreiben noch einmal gründlicher, fand aber keinen Haken. Alles in Allem sah es aus, als hätte ich nur Vorteile, für welche Variante ich mich auch entschied.
Zeit für die Kavallerie!
Ich griff zum Handy und schrieb Zachi nun doch eine zweite SMS. Mein Stiefvater hatte durch seine Arbeit bei der Kripo jede Menge Beziehungen. Oder vielmehr, er wusste einfach bei wem man sich in allen möglichen Fällen am besten erkundigte. Sollte sich doch die geballte Staatsmacht um dieses trügerisch tolle Angebot kümmern!
Zachi rief mich sofort an.
»Wo warst du überhaupt, Kati? Ich versuche dich seit drei Tagen zu erreichen!«
»Ich war in Rom und ja, ich gebe es zu, ich hatte das Handy nicht an.«
»Rom! Ohne Handy!« Es klang, als schockierte
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