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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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Tage ruhig und bleibst, wo du bist. Wenn ich weitere Informationen habe, melde ich mich bei dir. Wie kann ich dich erreichen?«
    »Ich bin hier in einem Hotel in Gelsenkirchen. Du kannst an der Rezeption eine Nachricht für mich hinterlassen. Du hörst von mir.«
    »Wie heißt der Laden und unter welchem Namen bist du abgestiegen?«
    Müller sagte es ihm.
    »Gut. Es kann drei, vier Tage dauern.« Der Mann am anderen Ende der Leitung legte grußlos auf.
    24
     
    Montag, 2. Oktober 1950
     
    Kurz vor Feierabend klingelte Goldsteins Telefon. Am Apparat war sein Kollege Horst Markowsky.
    »Du musst mir einen Gefallen tun«, begann der Spurensicherer das Gespräch.
    »Wenn ich kann, gerne.«
    »Ich habe gerade einen Anruf von unserem gemeinsamen Chef erhalten.«
    »Saborski?«
    »Genau. Er hat mich angewiesen, die Nachricht vom Tod eines gewissen Heinz Breitschneiders seinen Angehörigen zu übermitteln.«
    Das war ungewöhnlich. Üblicherweise wurden die ermittelnden Kriminalbeamten oder auch ihre Kollegen von der Schutzpolizei mit solchen Aufgaben betraut. Die Spurensicherung war dafür jedenfalls nicht zuständig.
    »Warum du?«
    »Personalmangel, hat mir Saborski erklärt.«
    »Wer bearbeitet den Fall?«
    »Schönberger. Der sei aber heute mit anderen Tätigkeiten beschäftigt, hat Saborski gemeint.«
    »Und wie kann ich dir helfen?«
    »Übernimmst du das für mich?«
    Das hatte Goldstein befürchtet. Niemand riss sich darum, Todesnachrichten zu überbringen. Und Markowsky hatte damit sicher noch weniger Erfahrung als andere, ihn selbst eingeschlossen.
    »Ungern.«
    »Kann ich mir vorstellen. Ich will mich auch nicht drücken, aber gerade heute weiß ich wirklich nicht, wie ich das schaffen soll. Mein Sohn hat Geburtstag. Er wird sieben Jahre alt. Ich habe ihm versprochen, heute den Bau seines Baumhauses zu beginnen.«
    »Hast du das Saborski gesagt?«
    »Natürlich. Er hat mich nur nicht zu Wort kommen lassen. Es ginge nicht anders. Und ich brauchte mich dort ja nicht lange aufhalten.«
    Ein solcher Zynismus war typisch für den Kriminalrat.
    »Außerdem wohnt die Familie ganz in deiner Nähe. Du könntest den Besuch auf dem Heimweg erledigen. Tust du das für mich?«
    Goldstein seufzte. »Wie ist Breitschneider gestorben?«
    Markowsky klärte ihn über die Hintergründe auf. »Die Kollegen haben eine Suchanzeige in die Zeitung setzen müssen. Das Unfallopfer hatte nämlich keinerlei Papiere bei sich. Keine Geldbörse oder Brieftasche. Nichts. Auf jeden Fall hat sich heute jemand anhand der Beschreibung des Toten gemeldet. Einer seiner Zechkumpane von dem Abend seines Todes. Der hat ihn dann auch identifiziert«
    »Kein Geld? Wie hat er denn seine Zeche bezahlt?«
    Markowsky wusste es auch nicht. »Ich gebe nur wieder, was ich in dem Bericht Schönbergers gelesen habe. Vielleicht hat er seine Moneten lose in der Hosentasche getragen und alles bis auf den letzten Pfennig ausgegeben.«
    »Und wo leben die Angehörigen?«
    »Soweit ich weiß, gibt es nur eine Ehefrau. Sie wohnt in dem Lager an der Weichselstraße. Haus vier, steht in den Akten.«
    »Einverstanden. Ich übernehme das für dich.«
    »Danke. Ich bringe dir gleich die Unterlagen vorbei. Du tust mir wirklich einen großen Gefallen.«
    »Vergiss es nur nicht.«
    Eine Stunde später stand Goldstein vor dem Toreingang zur Barackensiedlung, die Obdachlosen, aber auch Kriegsheimkehrern und Vertriebenen als erste Bleibe diente. Die nahe gelegene Schachtanlage Friedrich der Große schickte einen kontinuierlichen Rußregen herüber. In einem Zwinger direkt neben dem Tor fletschte ein Schäferhund die Zähne und knurrte bedrohlich.
    Goldstein betrat das Gelände. Er sah junge Frauen, Kinderwagen schiebend. Jugendliche lehnten an den Hausecken, einige jüngere kickten einen Ball aus Stofffetzen auf ein mit Konservendosen markiertes Tor.
    Goldstein wandte sich an einen der Halbstarken, der mit einer Kippe im Mundwinkel und gelangweiltem Gesicht auf einer Mülltonne hockte. »Wo finde ich die Baracke Nummer vier?«, erkundigte er sich.
    Der junge Mann machte eine flüchtige Kopfbewegung. »Da hinten.« Sein ostpreußischer Dialekt war unüberhörbar.
    »Wo genau?«, fragte Goldstein nach.
    »Zweiter Gang links. Vorletztes Haus.« Er zog an seiner Zigarette und blies den Qualm lässig in Goldsteins Richtung.
    Zwei Minuten später erreichte der Kommissar das Holzgebäude. Er ging durch die geöffnete Eingangstür und sah einen langen Flur, von dem links und rechts Türen

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