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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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Beamten kam auf ihn zu. Er trug wie alle anderen Handschuhe. »HK Schwarz. Schön, dass Sie so schnell kommen konnten.« Er deutete auf den Toten. »Ist das Ihr Mann?«
    »Darf ich?«
    »Ja. Wir sind fast fertig mit der Spurensicherung. Eigentlich haben wir nur auf Sie gewartet.«
    Der Herner Polizist trat näher an einen Stuhl heran, auf dem eine in sich zusammengesunkene Person im Schlafanzug saß. Dabei achtete er darauf, nicht in die Blutlache zu treten, die die Dielen bedeckte. Das Blut hatte eine braune Färbung angenommen und war an den Rändern der Lache bereits eingetrocknet.
    Der Kopf des Toten war nach vorn gesunken, das Kinn ruhte auf dem Brustkorb. Mit dem süßlichen Geruch des Blutes mischte sich der Gestank menschlicher Exkremente. Goldstein ging um den Toten herum, bückte sich und sah in das Gesicht. Obwohl auf der linken Seite das Auge, die halbe Wange und Teile des Ohrs fehlten, erkannte er den Mann zweifelsfrei wieder. Es war Wolfgang Müller.
    »Ja. Das ist der Gesuchte.«
    Müllers rechter Arm hing schlaff an der Seite herunter, die Hand war leicht geöffnet. Blut war über den Arm und das Handgelenk gelaufen. Auf dem Boden darunter lag eine Pistole. Lauf und Griff waren verschmiert.
    Goldstein richtete sich auf. »Selbstmord?«
    »Sieht alles danach aus«, antwortete sein Gelsenkirchener Kollege. »Zumindest sind in diesem Zimmer keine Anhaltspunkte eines Kampfes festzustellen. Wenn Sie sich das Einschussloch genauer ansehen, werden sie den Schmauchhof erkennen. Ich tippe auf einen aufgesetzten Schuss in die rechte Schläfe, ausgeführt vom Opfer selbst.«
    Goldstein schaute sich die Einschusswunde genauer an. »Ich sehe sehr viel getrocknetes Blut und Gewebeteile.«
    »Und Schmauchspuren.«
    »Ja, könnte sein.« Goldstein war nicht ganz überzeugt, wollte sich aber nicht auf eine Diskussion mit seinem Kollegen einlassen. Die gerichtsmedizinische Untersuchung würde Klarheit schaffen.
    »Hat der Arzt sich schon auf einen Todeszeitpunkt festgelegt?«
    »Das Opfer ist nicht länger als drei oder vier Stunden tot, meint er. Der Schuss fiel also zwischen fünf und sechs Uhr in der Früh. Auf jeden Fall hat der arme Teufel sich nicht mehr die Mühe gemacht, sich etwas anzuziehen, bevor er sich das Gehirn weggepustet hat.«
    »Warum sollte er?«
    »Haben Sie auch wieder recht. Obwohl, mir würde der Gedanke, nur im Schlafanzug gefunden zu werden, nicht gerade gefallen«, kicherte Schwarz.
    Goldstein empfand diese Art von Humor angesichts eines Toten als unpassend und ging deshalb nicht darauf ein. Stattdessen fragte er: »Und die Patronenhülse?«
    »Haben wir sichergestellt. Sie lag unter dem Fenster.«
    »War das schon offen, als Sie kamen?«, erkundigte sich der Herner und sah hinaus. Schräg gegenüber des Hotels stand ein mehrstöckiges Wohnhaus. Aus einigen Fensteröffnungen beobachteten Bewohner interessiert den Polizeieinsatz.
    »Ja. Aber das Zimmermädchen, das die Leiche entdeckt hat, kann nicht ausschließen, das Fenster selbst geöffnet zu haben. Der Gestank sei unerträglich gewesen, hat sie ausgesagt. Na ja, kann man ja verstehen.« Er rümpfte selbst die Nase. »Wirklich nicht sehr angenehm.«
    »Sie weiß es nicht mehr?«, wunderte sich Goldstein.
    »Nein. Die Arme war völlig aufgelöst. Schock, meint der Arzt. Wir haben sie ins Krankenhaus bringen lassen.«
    »Gibt es Zeugen?«
    »Bisher nicht. Es waren keine weiteren Gäste im Haus.«
    »Hat denn niemand den Schuss mitbekommen?« Goldstein war erstaunt.
    »Nein. Es gibt hier zwar eine Rezeption – Sie müssen daran vorbeigekommen sein –, aber der Mann, der hier tagsüber den Laden schmeißt, ist fast taub. Er hat weder etwas gehört noch gesehen. Außerdem war er zur fraglichen Zeit kurz einkaufen, hat er ausgesagt. Frische Brötchen für sein Frühstück. Morgens kämen ohnehin nie Gäste. Müller hatte für eine Woche im Voraus bezahlt, aber einen falschen Namen angegeben. Sie können sich gerne mit dem Mann unterhalten … wobei: Unterhalten ist der falsche Begriff. Brüllen würde diese Art von Konversation eher beschreiben.«
    Jetzt musste auch Goldstein schmunzeln. »Haben Sie sonst etwas gefunden?«
    Schwarz nickte mit dem Kopf in Richtung des Schrankes. »Nur einen Rucksack. Darin der Ausweis und rund dreihundert Mark. Ein weiteres Indiz für eine Selbsttötung. Ein Raubmörder hätte diese Beute nicht zurückgelassen. Dann ein wenig Kleidung und noch ein interessantes Detail: Eine Perücke und ein künstlicher Bart

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