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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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lagen im Badezimmer. Das war es aber, Müller ist nicht mit großem Gepäck gereist.«
    Wie auch, dachte Goldstein, wir haben ihm ja nicht viel Zeit zum Packen gelassen. Er ging zur Tür, blieb stehen und sah sich noch einmal um. Irgendwie erschien ihm dieser Selbstmord zu glatt, zu einfach. Warum, fragte er sich, flüchtete Müller erst erfolgreich vor der Polizei und schoss sich einige Tage später in einer Gelsenkirchener Absteige eine Kugel in den Schädel? Das passte doch nicht zusammen. Doch der Kommissar verschwieg seine Bedenken. Sollten die Kollegen in Ruhe ihre Arbeit tun. »Schicken Sie mir eine Durchschrift Ihres Ermittlungsberichtes?«
    »Selbstverständlich.«
    »Ach, in welche Gerichtsmedizin wird die Leiche gebracht? Bochum oder Essen?«
    »Bochum.«
    Das traf sich gut. Dort war Doktor Gerber medizinischer Leiter, mit ihm verband Goldstein etwas, das man fast Freundschaft nennen konnte. »Vielen Dank, dass Sie mich verständigt haben«, Goldstein hob zum Abschied grüßend die Hand. »Ich warte dann auf Ihre Ergebnisse.«
    32
     
    Freitag, 6. Oktober 1950
     
    Der Mann beobachtete die Villa seit den frühen Morgenstunden, vor Sonnenaufgang hatte er Stellung bezogen. Und jetzt war es fast Mitternacht. Niemand hatte Licht eingeschaltet, das Haus betreten oder verlassen. Es schien sich keine Menschenseele darin aufzuhalten. Um sicherzugehen, schlenderte er zur Haustür, drückte beide Klingelknöpfe und wartete. Keine Reaktion.
    Er sah sich um. Die Straße war menschenleer, darum umrundete er das Haus, um in den Garten zu gelangen. Der Kies unter seinen Füßen knirschte leise. Nach wenigen Schritten stand er vor einem Törchen in einer kleinen Mauer, die den Vorgarten vom Rest des Grundstücks abgrenzte. Prüfend drückte er auf die Klinke des Tores. Natürlich verschlossen. Mit einem Satz sprang er darüber, bückte sich und lief geduckt zur Rückseite des Hauses.
    Es war stockdunkel, das Licht der Straßenlaternen reichte nicht bis hier. Ihm konnte das nur recht sein. Er schlich weiter, bis er den Hintereingang fand. Einen kurzen Moment richtete er das schwache Licht seiner Taschenlampe auf das Schloss der Tür. Auf den ersten Blick erkannte er, dass es kein Problem für ihn darstellen würde.
    Zunächst setzte er seinen Dietrich ein, den er aus der Innentasche seiner Jacke zog. Er handhabte das Instrument fast lautlos, jedoch ohne Erfolg. Gut. Dann eben aufbohren.
    Er entledigte sich seines Rucksacks, öffnete ihn und holte einen kleinen, mechanischen Handbohrer daraus hervor. Tastend versicherte er sich, dass der Metallbohrer fest im Futter steckte. Er schaltete die Taschenlampe wieder ein, nahm sie in den Mund und beleuchtete den Türbeschlag. Schließlich setzte er den Bohrer an. Als er sicher war, den richtigen Angriffspunkt gefunden zu haben, knipste er die Leuchte wieder aus, drückte gegen den Bohrer und begann, an der Kurbel zu drehen. Mit einem leisen Surren fraß sich die Bohrspitze in den Stahl. Es dauerte nicht lange, dann war der Schließzylinder zerstört.
    Der Einbrecher griff zu einem Schraubendreher und einem Hammer. Nach zwei, drei Schlägen fiel der Zylinder im Hausinnern klirrend auf den Boden.
    Der Mann verharrte lauschend. Alles blieb ruhig.
    Er führte das Werkzeug in die Öffnung und mit einem Klicken sprang die Tür auf. Die ganze Prozedur hatte keine fünf Minuten gedauert.
    Nachdem er sein Werkzeug im Rucksack verstaut hatte, huschte er ins Haus. Die erste Hürde war genommen.
    Vorsichtig schlich er die Treppe hinauf. Einige der Stufen knarrten. Er wusste, dass das Schloss der Wohnungstür nicht so viel Widerstand leisten würde. Und er behielt recht: Sekunden später zog er in der Wohnung die Vorhänge zu. Dann begann er mit der Suche.
    Systematisch öffnete er alle Schränke, Schubladen und Koffer. Er sah in jede Blumenvase, jeden Karton, jeden Topf. Er durchsuchte die Kleidung, riss das Futter heraus und tastete das Innere ab. Jedes Kissen und jede Matratze wurde von ihm aufgeschlitzt. Die Teppiche hob er an und rückte die Möbel so weit wie möglich beiseite. Er hängte die Bilder ab und schaute dahinter. Auch die Lampenschirme erfuhren eine Prüfung. Schließlich klopfte er die Wände ab, um einen versteckten Hohlraum aufzuspüren. Kurz: Der Einbrecher stellte die Wohnung auf den Kopf.
    Nach dreistündiger, gründlicher Suche gab er auf. Das, was er suchte, war nicht hier. Und wenn doch, hatte es der Wohnungsinhaber so gut verborgen, dass er mehr Zeit benötigte. Viel

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