Persilschein
Unverzüglich.
Goldstein seufzte und machte sich auf den Weg nach Bochum.
38
Mittwoch, 11. Oktober 1950
Im Central Café wartete Johann Bos bei einem Cognac bereits auf Paul Krönert. Bos war einige Tage auf Reisen gewesen. Sehr private Geschäfte hatten dazu geführt, dass er sich erst jetzt mit Krönert treffen konnte.
»Hattest du Erfolg?«, begrüßte er seinen Kumpan.
Der verneinte.
»Verdammt noch mal. Wirklich alles durchsucht?«
»Natürlich«, antwortete Krönert verärgert. »Ich bin kein Anfänger. Da war nichts. Und wenn doch, war es sehr gut versteckt.«
Bos schraubte sich aus dem Sessel. »Wie hab ich denn das zu verstehen? Ich denke, du hast die Bude auf den Kopf gestellt«, meinte er drohend.
»Jetzt reg dich ab. Ich habe wirklich alles durchsucht. Aber ich konnte ja schlecht die Möbel zerlegen und die Tapeten von den Wänden reißen. Zu viel Lärm. Außerdem hatte ich nicht genug Zeit.«
Bos nickte. Das leuchtete ihm ein. »Die Pistole hast du also auch nicht gefunden?«
»Nein. Ich habe sorgfältig nachgesehen.«
»Und du bist dir sicher, dass Lahmer die Knarre unter dem Kopfkissen aufgehoben hat?«
»So war es zumindest bisher. Und bei der Ordnungsmacke, die er hatte, glaube ich nicht, dass er sie irgendwo liegen gelassen hat. Bist du jemals in seiner Mansardenwohnung gewesen?«
»Nein.«
»Mann, der war ein Pedant. Da hatte alles seinen Platz. Als ich ihn gefragt habe, warum es bei ihm immer so ordentlich ist, hat er mir erzählt, das habe ihm seine Mutter mit dem Ochsenziemer eingeprügelt. Ich hätte die Alte … Aber egal. Genau so sah es in der anderen Wohnung aus.«
»Und in seiner Bude in der Feldstraße war auch nichts?«
»Das habe ich dir doch schon alles drei Mal gesagt.«
»Dann will ich es eben zum vierten Mal hören!«, brüllte Bos los. »Der Chef reißt mir den Kopf ab, wenn er von deinem Misserfolg erfährt.«
»Also gut. Nein, auch da war nicht die Spur von irgendwelchen Unterlagen oder der Waffe.«
»So ein Mist.« Bos dachte nach. Schließlich fand er eine Erklärung. »Es war jemand vor dir da.«
»In der Feldstraße? Unmöglich. Ich habe mir die Wohnung an dem Freitagmorgen vorgenommen, zwei Tage nachdem Knut erledigt wurde. Das war drei Tage bevor du dem Kerl von der Polente hier im Central die Anschrift gegeben hast.«
»Das weiß ich selbst«, blaffte Bos. »Ich meine die andere Bude.«
»Die in der Schäferstraße?«
Bos schnaubte. »Natürlich. Wovon reden wir denn die ganze Zeit?«
»Ach so. Aber woher hatte die Polizei die Adresse? Der Chef hat sie dir doch erst vor Kurzem gegeben, oder?«
Bos nickte.
»Ich habe mich schon gefragt, warum Lahmer zwei Wohnungen hatte.«
»Keine Ahnung.« Bos nippte am Hochprozentigen. »Vielleicht eine zum Wohnen, eine zur Tarnung. Egal. Ist nicht mein Problem.«
»Hat er deshalb zwei Namen benutzt?«
»Vermutlich. Da ist etwas im Krieg vorgefallen. Lahmer hat einmal so etwas angedeutet, als er besoffen war. Ich halte mich da raus. Das würde ich dir ebenfalls raten.«
»Mach ich.«
»Dumm nur, das wir so spät vom Chef erfahren haben, wo Lahmer noch gewohnt hat. Wenn du die Bude eher in Augenschein genommen hättest, wären wir jetzt bestimmt schlauer. Was soll’s. Weißt du genau, dass Lahmer die Waffe an seinem letzten Abend nicht zu dem Treffen mit Müller mitgenommen hat?«
»Als ich mich mit ihm hier im Café getroffen habe, hatte er sie in der Manteltasche, hat er mir gesagt. Ich habe gemeint, dass es ein Risiko wäre, eine Wumme mit zu einer Feier zu nehmen, weil er sie schließlich im Suff verlieren könnte. Er hat mir nach kurzem Nachdenken zugestimmt und ist zurück in seine Wohnung gefahren, um sie dort zu deponieren. Das hat er mir jedenfalls erzählt, als er zurück war. Durchsucht habe ich ihn natürlich nicht.« Er kicherte. »Stell dir sein Gesicht vor, wenn ich gesagt hätte: He, Knut, gib mir deine Knarre, damit du dich nicht wehren kannst, wenn dir dein Kumpel Müller mit einem Messer die Kehle durchschneidet. Der hätte dumm aus der Wäsche geguckt.« Krönert bekam einen Lachanfall.
Bos schaute seinen Partner einen Moment entgeistert an. »Sehr komisch. Jetzt reiß dich zusammen! Wieso bist du dir so sicher? Sonst ist dein Gedächtnis doch nicht das Beste.«
»Ich erinnere mich nur schlecht an Namen und Orte«, entgegnete Krönert leicht beleidigt. »Das geht vielen so.«
»Ist ja gut. In welche Wohnung hat er die Waffe denn gebracht?«
»Woher soll ich das wissen?
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