Persilschein
Gefragt habe ich nicht.«
»Und dann?«
»Haben wir hier im Café noch etwas getrunken. Bis zu seinem Aufbruch nach Bochum habe ich fast die ganze Zeit mit Knut an einem Tisch gesessen. Da hätte er das Teil nicht verschwinden lassen können.«
»Fast?«
»Zum Scheißhaus bin ich nicht mit ihm gerannt, wenn du das meinst«, erklärte Krönert trotzig. »Du warst an dem Abend ja ebenfalls im Central . Außerdem hat Müller die Pistole später nicht bei ihm gefunden, als er seine Tasche durchsucht hat.«
»Stimmt. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, die Waffe … Ach was.« Bos machte eine abwehrende Handbewegung. »Passiert ist eben passiert. Sollte die Kripo die Wumme haben, können wir es jetzt auch nicht mehr ändern. Ich befürchte nur, dass der Chef die ganze Angelegenheit nicht so komisch finden wird wie du.«
»Hätte er uns eben früher einweihen müssen. Außerdem: Die Wumme wird der Polente doch nicht viel nützen.«
»Du bist wirklich naiv.«
»Wieso? Soweit ich weiß, hat Lahmer sie in letzter Zeit nicht benutzt.«
»Richtig. Aber trotzdem: Wenn die einen Schusstest machen, die Projektile vergleichen und dann noch eins und eins zusammenzählen …«
Es war Krönert anzusehen, wie es in seinem Kopf arbeitete. »Scheiße!«, fasste er das Ergebnis seiner Überlegungen zusammen.
»Sag ich ja. Und das Problem mit den verschwundenen Papieren. Der Chef wird ziemlich sauer sein.«
»Und jetzt?« Krönert wirkte zerknirscht.
»Ich werde ihn anrufen müssen.«
Bos sollte recht behalten. Das Gespräch begann unfreundlich.
»Krönert hat also weder die Waffe noch die Unterlagen gefunden. Er ist ein Versager!«, sagte der Mann am Telefon mit gepresster Stimme.
Bos bemühte sich, Krönert in Schutz zu nehmen. »Ihm fehlte die Zeit, um alles in der Wohnung zu demontieren. Vom Lärm, den das gemacht hätte, ganz zu schweigen.«
»Für die Dokumente lasse ich das gelten. Die können wirklich in irgendwelchen kleinen Geheimfächern verschwinden. Aber eine Pistole?«
»Ich befürchte, die Polizei war eher da als wir.«
»Wie kommen Sie darauf?« Mühsam beherrscht artikulierte der Chef seine Frage.
»Nur so ein Gefühl. Wer sollte die Waffe sonst haben?«
Wieder eine Pause. »Konkrete Anhaltspunkte für Ihre Annahme haben Sie nicht?«
»Nein.«
»Sie könnten richtig liegen. Ich muss diese Information erst überdenken und meine Schlüsse daraus ziehen. Sie hören von mir.«
Als es in der Leitung klickte, atmete Bos tief durch.
39
Mittwoch, 11. Oktober 1950
Dicke Luft«, raunte Saborskis Sekretärin Goldstein zu, als er ihr Büro betrat. »Schon seit zwei Tagen.«
Wie seinen Chef kannte der Hauptkommissar auch dessen Mitarbeiterin seit Jahren. Obwohl sie von anderen als Zerberus gefürchtet war, verstand Goldstein sich gut mit der Vorzimmerdame. »Wegen mir?« Goldstein war sich keiner Schuld bewusst.
»Keine Ahnung. Da war so ein Ministerialdirektor hier. Kam aus Bonn. Und während ihres Gesprächs hat auch noch der Präsident angerufen. Seitdem ist seine Laune im Keller.«
»Danke für die Warnung«, erwiderte der Kommissar und zeigte fragend auf die mit schwarzem Leder gepolsterte Tür zu Saborskis Amtszimmer.
»Gehen Sie ruhig rein. Er erwartet Sie.«
Kriminalrat Saborski saß hinter seinem wuchtigen Schreibtisch und studierte Akten. »Nehmen Sie schon einmal Platz, Herr Goldstein«, meinte sein Vorgesetzter kühl. »Ich habe gleich Zeit für Sie.«
Goldstein grinste innerlich. Auf diesen Einschüchterungsversuch fiel selbst ein Polizeianwärter nicht mehr herein.
Saborski ließ seinen Untergebenen geschlagene zehn Minuten warten, bis er sich zu ihm bequemte. »Vielen Dank, dass Sie kommen konnten.«
Das waren ja völlig neue Töne. Seit wann übte sich der Kerl in Süßholzraspeln, dachte Goldstein und beschloss, auf der Hut zu sein. Irgendetwas stank hier zum Himmel. Und zwar gewaltig.
»Geben Sie mir einen kurzen Lagebericht im Fall Lahmer und Müller«, begann der Kriminalrat die eigentliche Unterredung.
Goldstein tat ihm den Gefallen und verschwieg auch nicht, dass er anderer Auffassung als Gerber war. Allerdings erzählte er Saborski nichts von seinem Besuch bei dem Gerichtsmediziner und dem Kissen, welches er in dem Hotel entdeckt hatte.
»Müller hat sich also in die rechte Stirn geschossen, obwohl er, wie Sie vermuten, Linkshänder war?«
»Ja.«
»Und deshalb gehen Sie davon aus, dass es kein Selbstmord war?«
»So ist es.«
»Hm.« Der Kriminalrat stand
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