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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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dann …
    »Warum erledigen wir das nicht gleich hier? Wir könnten uns das mit dem Betäubungsmittel schenken.«
    O mein Gott!
    »Ich will die Sauerei nicht in dieser Bretterbude haben. Schließlich möchte ich noch einige Tage hierbleiben. Wegschaffen müssen wir die Leiche so oder so. Und ich kann ihn nicht beseitigen, ohne zu wissen, wer er ist und warum er mir gefolgt ist. Hier ist alles hellhörig und ich kann ihn nicht ausfragen. Ohne Knebel schreit er doch sofort los. Nein, wir machen das so, wie ich es gesagt habe. Wir beenden das an anderer Stelle.«
    Müller stand der Angstschweiß auf der Stirn. Wenn ihn einer der Männer genauer ansah, war es um ihn geschehen. Aber nichts dergleichen passierte.
    »Hast du ihn durchsucht?«
    »Ja. Ein wenig Kleingeld und ein Kamm. Damit kann er nichts anfangen.«
    »Gut. Keine Papiere?«
    Einer der beiden kam näher. Müller versuchte, seine Muskeln zu entspannen und den Atem zu kontrollieren. Er wurde an der Schulter gepackt und umgedreht. Seine Haut war feucht. Das mussten sie doch bemerken. Grob bekam er ein stinkendes Stück Stoff in den Mund gestopft. Irgendetwas wurde darum gewickelt. Er unterdrückte den aufkommenden Brechreiz.
    Endlich war es vorbei. Die Männer verließen den Schuppen und verriegelten die Tür. Er war wieder allein.
    Was hatte der eine gesagt? In fünf Stunden öffnen die Geschäfte. Dann war es jetzt etwa drei Uhr in der Frühe. Seine Gedanken rasten. Ein gewaltsamer Ausbruchsversuch schied aus. Wie auch, mit gefesselten Armen und Beinen. Außerdem wäre der Lärm in der Nacht zu auffällig. Nein, er musste still und leise verschwinden. Nach Möglichkeit noch während der Dunkelheit. Er hatte keine Zweifel, dass die Männer es ernst meinten.
    Wann wurde es hell? Gegen sieben, halb acht. Ihm blieben gerade einmal vier Stunden, um sein Leben zu retten.
    Die Fesseln. Wie sollte er sie loswerden? Wenn er die Handgelenke an etwas Scharfkantigem würde reiben können, ginge es womöglich. Das Atmen fiel ihm schwer. Schuld waren der Knebel in seinem Mund und die Panik, die sich nicht mehr unterdrücken ließ. Konrad Müller rieb seinen Kopf auf dem Boden. Auf und ab. Vielleicht ein Dutzend Mal. Endlich lockerte sich das Band, das den Lappen festhielt. Noch ein kräftiger Ruck … Erleichtert spuckte er den Stofffetzen aus und atmete tief ein.
    Er drehte sich erst auf die Seite, dann auf den Bauch und danach auf den Rücken. Seite, Bauch, Rücken. So rollte er durch den Schuppen, bis er an eine Wand stieß. Wieder zurück zur gegenüberliegenden Wand. Dann drehen. Und die Prozedur zwischen den restlichen zwei Wänden wiederholen.
    Heftig atmend blieb er liegen. Er war auf kein Hindernis gestoßen. Der Raum schien völlig leer zu sein.
    Panik kroch in ihm hoch. Womit sollte er die Seile durchtrennen? Sein Kamm fiel ihm ein. Hatte er ihn noch? Stabiler Edelstahl, ein Geschenk seiner Mutter. Nur waren dessen Zinken sorgfältig abgerundet, um Verletzungen zu vermeiden – garantiert nicht scharf genug. Wenn es ihm jedoch gelänge, eine Zinke abzubrechen? Die so entstehende Kante dürfte ausreichen.
    Es gelang ihm, trotz seiner gefesselten Handgelenke seine Gesäßtasche zu erreichen. Erleichtert atmete er auf – sie hatten ihn ihm gelassen. Er zog ihn hervor und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. So kam er mit den Händen bis auf den Boden. Vorsichtig schob er den Kamm mit den Fingern in die richtige Position und presste ihn auf die Steine. Erst linksherum, danach rechts. Immer und immer wieder. Und endlich brachen zwei der Zinken.
    Mit der Kuppe des Zeigefingers strich Müller über die Bruchkante. Sie war scharf. Doch der nächste Schritt stellte sich als schwieriger heraus. Er konnte gefesselt nur geringen Druck auf das Seil ausüben. Immer wieder rutschte ihm der Kamm aus den Fingern oder, fast noch schlimmer, sägte nicht an der Kordel, sondern an seinen Händen. Er fühlte, wie er blutete. Aber er gab nicht auf. Er musste diese Fesseln loswerden!
    Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte er Erfolg. Die Leine begann zu reißen. Er zerrte und ruckte bis seine Hände frei waren. Glücklich massierte er die schmerzenden Gelenke. Jetzt noch die Beine befreien und dann …
    Für einen Moment hielt er inne. Er war so von dem Gedanken besessen gewesen, die Fesseln zu lösen, dass er über das Danach nicht nachgedacht hatte. Was nun? Er war immer noch in diesem Schuppen eingeschlossen, hatte kein Werkzeug für einen Ausbruch, keine Waffe zur

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