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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Zweyer
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der Journalist.«
    Hinterhuber war anzusehen, dass es in ihm arbeitete. Schließlich sagte er: »Einerseits reizt mich die Geschichte natürlich. Sehr spannend. Andererseits kann ich dem Redaktionsleiter keinen Informanten angeben. Das wird ihm nicht gefallen.«
    »Sie wollen mir also nicht helfen?« Goldstein war enttäuscht.
    »Das habe ich nicht gesagt. Es wäre nur hilfreich, wenn ich wenigstens Sie benennen dürfte.«
    Der Kommissar wollte schon ablehnen, lenkte aber dann doch ein. »Nur ungern. Wie zuverlässig ist Ihr Vorgesetzter?«
    »Sie meinen, ob er sich an den Quellenschutz hält?«
    Goldstein nickte.
    »Ich bin mir sicher, dass Sie sich deswegen nicht sorgen müssen.«
    »Gut. Einverstanden. Aber eine Bedingung habe ich noch.«
    »Welche?«
    »Der Artikel muss im überregionalen Teil der Zeitung erscheinen. Einerseits ist der Mord in Gelsenkirchen verübt worden. Andererseits ist so die Resonanz auf Ihre Meldung größer. Und nebenbei hoffe ich, damit ein wenig von mir als Tippgeber abzulenken.«
    »Ich denke, das kann ich Ihnen zusichern. Es wäre ohnehin ungewöhnlich, in einer Lokalausgabe über ein Verbrechen zu berichten, das in einer anderen Stadt passiert ist. Außerdem meine ich mich zu erinnern, dass im Hauptteil schon etwas über diesen Müller gestanden hat.«
    Der Polizist nickte. »Ich habe es gelesen, allerdings war es nur eine kurze Notiz, nicht mehr. Wir sind uns also einig?«
    Der Journalist reichte seinem Gegenüber die Hand. »Ja. Aber ich bekomme die Geschichte exklusiv.«
    Der Kommissar sicherte es ihm zu.
    »Danke, dass Sie mich ins Vertrauen gezogen haben.«
    Hoffentlich enttäuschst du mich nicht, dachte Goldstein, denn dann muss ich mich verdammt warm anziehen.
    46
     
    Montag, 16. Oktober 1950
     
    Konrad Müller war noch vor dem Frühstück in das zwei Straßen entfernte Hallenbad gegangen, um ausgiebig zu duschen. Als er mit nassem Haar wieder nach draußen trat, schlug es von der nahe gelegenen Kirchturmuhr acht. Zeit, einige Brötchen zu kaufen, um es sich mit einem Kaffee und der Tageszeitung am Tisch seiner Einraumwohnung bequem zu machen.
    Obwohl auch die Zeche, bei der er beschäftigt war, Ledigenheime – die spöttisch als Bullenkloster tituliert wurden – unterhielt, hatte sich Konrad Müller für eine Privatwohnung entschieden.
    Seit frühester Jugend ein Einzelgänger, waren die erzwungenen Aufenthalte in den Ferienlagern der Hitlerjugend für ihn eine einzige Qual gewesen. Gemeinsam mit zwanzig Jungen in einem Zimmer – furchtbar. Glücklicherweise war er aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht zur Wehrmacht, sondern nur als Flakhelfer eingezogen worden und erlebte die Befreiung seiner Heimatstadt Hamburg als Siebzehnjähriger. So blieben ihm die Kaserne und der darauf folgende Kampfeinsatz erspart.
    Die Jahre, die er nach dem Tod seiner Mutter in Heimen verbringen musste, ließen seine Abneigung gegen Schlafsäle schon fast pathologisch werden. Als er das Internat endlich verlassen durfte, schwor er sich, zukünftig nie mit mehr als zwei Personen in einem Raum zu schlafen.
    Er biss mit Genuss in das mit Marmelade beschmierte Brötchen und blätterte durch die Zeitung. Die fette Überschrift sprang ihm sofort ins Auge. Mysteriöser Todesfall in Gelsenkirchener Hotel . Und etwas kleiner darunter: Zweifel an der Selbstmordthese der Polizei. Müller kaute und las. Bisher, so die Zeitung, seien alle Beteiligten davon ausgegangen, dass es sich bei dem vor einigen Tagen in der Absteige gefundenen W. M. um einen Selbstmörder gehandelt habe. Mittlerweile aber lägen Indizien dafür vor, dass auch Mord nicht auszuschließen sei. Der Verfasser blieb, was seine Quellen anging, seltsam vage. Als Indiz für eine Selbsttötung erging er sich lediglich in Spekulationen, ob das Opfer den Schuss mit der rechten oder linken Hand ausgeführt habe. Für beides, so war zu lesen, gäbe es nämlich Hinweise. Es heißt, der Tote sei Linkshänder gewesen , stand da wörtlich. Warum sollte er dann die Waffe mit der rechten Hand führen?
    Die Bevölkerung wurde aufgefordert, ungewöhnliche Vorkommnisse im oder um das Hotel herum, die in Zusammenhang mit der Tat stehen konnten, zu melden. Seltsamerweise war keine Kontaktanschrift der Polizei, sondern die der Presse angegeben.
    Konrad goss sich Kaffee nach und sein Blick fiel auf ein kleines Bild des Hotels, in dem die Leiche gefunden worden war. Das war ihm beim ersten Lesen nicht aufgefallen. Müller stutzte. Tatsächlich! Er kannte das

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